Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 36
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«Breitfock setzen!«Pallisers Augen waren uberall.
Bolitho sah ihn jetzt deutlich auf dem Achterdeck, seine drahtige Gestalt hob sich wie ein Racheengel vom heller werdenden Hintergrund ab.
«Feuer!»
Weitere Kugeln sausten uber sie hinweg, und Bolitho bemerkte, da? das erste Schiff offenbar Mut gefa?t hatte und herankam, um seinem Gefahrten zu helfen.
Zum erstenmal sah er jetzt auch klar die Rosario, und bei dem Anblick tat ihm das Herz weh. Ihr vorderer Mast war vollig verschwunden, und vom Gro?mast stand nur noch die Halfte. Trummer und heruntergefallene Takelage trieben um ihren Rumpf, und als die Sonne uber den Horizont stieg, sah Bolitho, da? dunne rote Rinnsale aus den Speigatten flossen. Es schien, als blute das Schiff selbst.
«Klar zur Halse!»
Bolitho gab einem Matrosen einen Sto? und schrie:»Zu den anderen!«Der Mann machte einen erschrockenen Satz und lief dann eifrig los, um sich mit vollem Gewicht an die Brassen zu hangen. Er hatte wohl geglaubt, es sei hei?es Eisen und nicht eine Hand, die ihn stie?.
In dem Augenblick gab es einen furchterlichen Krach. Bolitho fiel fast auf die Knie, als zwei Volltreffer in die Bordwand der Heloise schlugen. Er bemerkte, da? Ingrave mit weit aufgerissenen Augen und wie gelahmt das nachstliegende Schiff anstarrte.
Er rief:»Gehen Sie nach unten und kummern Sie sich um die Schaden!«Er lief zu dem Midshipman hinuber, packte ihn am Arm und schuttelte ihn wie eine Puppe. »Los, Mr. Ingrave! Bringen Sie die Pumpen in Gang!»
Ingrave starrte ihn zunachst mit leerem Blick an, dann rannte er mit unerwarteter Entschlu?kraft zum Niedergang.
Stockdale ri? Bolitho plotzlich respektlos zur Seite, als ein schwerer Block von oben kam und allerlei Tauwerk hinter sich herzog. Der Block prallte aufs Schanzkleid und schlug dann ins Wasser.
Palliser schrie:»Achtung!«Er hatte seinen Degen gezogen.»An die Backbordgeschutze!»
Gegen die relativ leichten Kanonen des Schoners wirkten ihre
Drehbassen zwar harmlos. Aber Bolitho sah, wie ihre Kartatschenladungen das Vorsegel druben durchsiebten und zwei Manner als blutige Bundel vom Mast fegten, bevor weitere Kugeln ins Unterwasserschiff der Heloise schlugen. Er horte Holz krachen und Stutzbalken zwischen den Decks brechen und wu?te, da? sie schwer getroffen waren.
Jemand hatte es geschafft, die Pumpen in Gang zu bringen, doch Bolitho sah zwei Leute stark blutend zusammenbrechen und einen dritten von der Marsrah muhsam herabklettern. Sein eines Bein baumelte kraftlos und wohl nur noch durch einen Muskel gehalten herunter.
Palliser rief:»Kommen Sie nach achtern!«Als Bolitho zu ihm eilte, sagte er:»Es steht nicht gut mit uns. Gehen Sie selber nach unten und melden Sie mir, wie schwer die Schaden sind. «Er zuckte zusammen, als weitere Treffer den bereits schwer mitgenommenen Schiffsrumpf erschutterten. Irgendwo schrie ein Mann verzweifelt:»Wir sinken!»
Bolitho starrte Palliser an. Er hatte recht. Die Beweglichkeit der He-loise war plumper Reaktion auf Wind und Ruder gewichen. Unglaublich, da? sie die Rollen mit der Rosario so plotzlich getauscht hatten. Und nirgends war Hilfe in Sicht. Ihre Feinde wurden ihnen keinen leichten Tod gonnen.
Palliser ruttelte ihn auf.»Ich halte auf die Rosario zu. Mit unseren Leuten und ihren Kanonen haben wir noch eine Chance. «Er sah Bolitho ruhig an.»Seien Sie ein braver Junge und gehen Sie nach unten.»
Bolitho eilte zum Niedergang. Mit einem schnellen Blick nahm er die Schaden auf dem zersplitterten Deck und die alten Blutspuren wahr. Hier hatten sie schon einmal gekampft. War das nicht genug gewesen? Wollte es das Schicksal, da? sie so endeten?
Er rief Jury zu:»Kommen Sie mit!«Er blickte in die Finsternis hinunter. Der Gedanke, dort unten eingeschlossen zu sein, wenn das Schiff unterging, bedruckte ihn. Zogernd sagte er, um seine Besorgnis zu verbergen:»Wir wollen die Schaden gemeinsam feststellen. Denn wenn mir etwas passiert…«Er sah Jury nach Luft schnappen; der hatte also noch nicht an das Ende gedacht.»Wenn mir etwas zusto?t, konnen Sie Mr. Palliser Einzelheiten berichten.»
Unter Deck zundete er eine Laterne an und ging vorneweg, wobei er den gefahrlichen Spitzen der gesplitterten Holzbacken auszuweichen versuchte. Die Gerausche vom Oberdeck klangen nur gedampft herunter, es horte sich aber bedrohlich an, als das Schiff sich unter den Einschlagen immer wieder aufbaumte und schuttelte.
Die beiden Angreifer standen nun an Backbord und Steuerbord querab von der Heloise und feuerten ohne Rucksicht darauf, da? sie in ihrem Eifer, das kleine Schiff mit der roten Nationalflagge Englands zu vernichten, sich gegenseitig treffen konnten.
Bolitho zog ein Luk auf und sagte:»Ich hore eindringendes Wasser.»
Jury wisperte:»Gro?er Gott, wir sinken!»
Bolitho legte sich auf den Bauch und hielt die Laterne durch das Luk in den Raum. Er sah nur Chaos. Zerbrochene Fasser und Leinwandfetzen schwammen zwischen zersplitterten Holzern, und selbst wahrend er noch hinsah, schien das Wasser zu steigen.
Er sagte:»Melden Sie dem Ersten Offizier, da? keine Hoffnung besteht. «Er beruhigte Jury, der furchtsam zusammengezuckt war, weil weitere Kugeln in den Schiffsrumpf schlugen.»Gehen Sie und erinnern Sie sich an das, was ich Ihnen gesagt habe: Alle sehen auf Sie!«Er versuchte zu lacheln, als ob alles nicht so wichtig sei.»In Ordnung?»
Jury wich schrittweise zuruck, wahrend sein Blick zwischen Bolitho und dem offenen Luk hin- und herwanderte.»Und was tun Sie?»
Bolitho wandte den Kopf, als ein neuer Laut wie Hammerschlage durch das stark krangende Schiff drohnte. Einer der Anker hatte sich aus seiner Zurring gerissen und schlug nun bei jedem Uberholen der Brigantine gegen die Bordwand. Das wurde ihr Ende beschleunigen.
«Ich gehe zu Olsson. Wir mussen die Gefangenen freilassen.»
Endlich war Bolitho allein. Er atmete tief durch und bemuhte sich, das Zittern seiner Glieder zu unterdrucken. Dann arbeitete er sich langsam weiter nach achtern, wobei die regelma?igen Ankerschlage ihm wie Trommelschlag bei einer Hinrichtung folgten.
Eine neue Erschutterung der Bordwand, der unmittelbar lautes Krachen folgte. Einer der Masten — oder Teile davon — kam von oben. Bolitho wappnete sich fur den endgultigen Aufprall.
Im nachsten Augenblick lag er ausgestreckt in der Dunkelheit. Die Laterne war seinen Handen entglitten, und obwohl er uberhaupt nichts fuhlte, konnte er sich nicht an den Augenblick des Falls erinnern.
Er wu?te nur, da? er unter einem Trummerhaufen wie festgenagelt lag und sich nicht bewegen konnte.
Er pre?te ein Ohr an eine Luftungsgrating und horte das Wasser aus der Bilge in die unteren Raume dringen. Am Rande der Panik begriff er, da? er in Sekunden sinnlos schreiend um sich treten wurde.
Viele Gedanken schossen durch sein Gehirn. Er sah seine Mutter, wie sie von ihm Abschied nahm. Sah die See unter dem Vorland von Falmouth, wo er mit seinem Bruder Hugh in einem Fischerboot das erste Abenteuer erlebt hatte, und horte den Zornausbruch ihres Vaters daruber.
Seine Augen brannten. Doch als er versuchte, die Hand zum Gesicht zu heben, hielten die heruntergefallenen Trummer sie in einer grausamen Falle fest.
Der Anker schlug nicht mehr gegen die Bordwand, was wohl bedeutete, da? er jetzt schon unter Wasser war.
Bolitho schlo? die Augen und wartete. Er stie? ein Sto?gebet aus, da? er vor dem Ende nicht die Nerven verlieren moge.
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