Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 47
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Bolitho hatte den schrecklichen Eindruck zweier starrer Augen und gefletschter Zahne, die einem der Wilden gehorten, die auf ihn eindrangen; er schwang ein Entermesser, das er aufgehoben hatte.
Bolitho duckte sich und versuchte, seitwarts auszuweichen. Dann kam der Schlag — zu stark, um zu schmerzen, zu machtig, um seine Wirkung abzuschatzen.
Er wu?te nur noch, da? er fiel, seine Stirn schien in Flammen zu stehen, und wie aus einer anderen Welt horte er sich verzweifelt aufschreien. Und dann, gnadigerweise, fuhlte er gar nichts mehr.
Als sein Bewu?tsein schlie?lich zuruckkehrte, war der Schmerz, der sich gleichzeitig einstellte, kaum zu ertragen.
Bolitho bemuhte sich, die Augen zu offnen, als konne er damit die Qual vertreiben, aber sie war so stark, da? sich sein ganzer Korper krummte. Stimmen murmelten uber seinem Kopf, doch durch seine halb zugequollenen Augen konnte er nur sehr wenig sehen: ein paar nebelhafte Gestalten und dunkle Decksbalken uber ihm.
Ihm war, als wurde sein Kopf langsam und methodisch zwischen zwei hei?e Eisen gepre?t und sein murbes Hirn mit spitzen Nadeln und Lichtblitzen gemartert.
Jemand wischte ihm Gesicht, Nacken und Korper mit kuhlen Tuchern ab. Er war nackt, nicht gefesselt, wurde aber von Handen, die seine Hand- und Fu?gelenke umspannten, festgehalten, damit er sich nicht bewegte.
Ein schrecklicher Gedanke lie? ihn plotzlich entsetzt aufschreien: au?er am Kopf war er vielleicht noch an anderer Stelle verwundet, und sie trafen jetzt Vorbereitungen zur Amputation. Er hatte so etwas schon einmal mit angesehen: das Messer, das im schwachen Licht der Hangelampe aufblitzte und zu einem schnellen Rundumschnitt niederfuhr. Und dann die Sage.
«Ruhig, Junge!»
Das war Bulkley, und die Tatsache, da? er da war, beruhigte Bolitho irgendwie. Bolitho bildete sich ein, den Arzt zu riechen: seinen typischen Duft nach Branntwein und Tabak.
Er versuchte zu sprechen, doch seine Stimme war nur ein heiseres Wispern.»Was ist passiert?»
Bulkley schaute uber die Schulter, wobei sein eulenhaftes Gesicht mit den kleinen Brillenglasern wie eine Blase in der Luft zu hangen schien.
«Sparen Sie Ihre Krafte. Atmen Sie ruhig. «Bulkley nickte.»Schon besser.»
Bolitho knirschte mit den Zahnen, als sich der Schmerz erneut verstarkte. Am schlimmsten war es uber dem rechten Auge, wo ein Verband sa?. Seine Haare lagen fest an, waren wohl blutverklebt. Ein Bild formte sich undeutlich in seiner Erinnerung: zwei starre Augen, ein Entermesser, das auf ihn niedersauste. Versinken.
«Meine Manner — sind sie gerettet?«stammelte er.
Er spurte Uniformstoff an seinem nackten Arm und sah Dumaresq auf sich herabschauen, der aus diesem Blickwinkel noch grotesker wirkte. Seine Augen waren nicht mehr zwingend, sondern ernst.
«Die Bootscrew ist in Sicherheit. Zwei Leute aus Ihrer Gruppe haben sie gerade noch erreicht.»
Bolitho versuchte, den Kopf zu bewegen, doch irgend jemand hielt ihn fest.
«Und Stockdale, ist er.?»
Dumaresq lachelte.»Er hat Sie zum Strand getragen. Ohne ihn waren alle verloren gewesen. Das alles erzahle ich Ihnen aber spater. Jetzt mussen Sie ruhen. Sie haben eine Menge Blut verloren.»
Bolitho fuhlte, wie sich die Dunkelheit wieder uber ihm schlo?. Er hatte den kurzen Blickaustausch zwischen Dumaresq und dem Arzt bemerkt. Also war es noch nicht geschafft. Er konnte noch sterben. Diese Erkenntnis war fast zuviel fur ihn, und er spurte, wie sich seine Augen mit Tranen fullten. Er stohnte:»Ich mochte… Destiny… nicht… verlassen. So… nicht.»
Dumaresq sagte:»Sie werden wieder gesund. «Er legte die Hand auf Bolithos Schulter, als wolle er etwas von seiner Kraft auf ihn hinuberflie?en lassen.
Dann ging er, und Bolitho bemerkte zum erstenmal, da? er sich in der Heckkajute befand und da? es hinter den hohen Fenstern stockdunkel war.
Bulkley beobachtete ihn.»Sie waren den ganzen Tag ohne Bewu?tsein, Richard. «Dann drohte er ihm mit dem Finger.»Sie haben mir Sorgen gemacht, das mu? ich schon sagen.»
«Dann sind Sie jetzt nicht langer in Sorge um mich?«Wieder versuchte er, sich zu bewegen, und wurde abermals von den Handen daran gehindert.
Bulkley machte sich noch einmal an dem Verband zu schaffen.»Ein Hieb mit dem Entermesser auf den Kopf ist kein Spa?. Ich habe getan, was ich konnte, alles ubrige mussen wir der Zeit und guter Pflege uberlassen. Es war ein Kampf auf Biegen und Brechen. Ohne Stock-dales Mut und seine Entschlossenheit, Sie zu retten, waren Sie tot. «Er schaute sich um, ob der Kommandant gegangen war.»Stockdale sammelte die restlichen Seeleute um sich, die mit dem Boot fluchten wollten. Er war wie ein wilder Stier, aber als er Sie an Bord trug, machte er das so zart wie eine Frau. «Er seufzte.»Dies war wohl die kostspieligste Trinkwassererganzung in der Geschichte der Seefahrt.»
Bolitho fuhlte, wie ihn Schlafrigkeit uberkam, die selbst den Schmerz in seinem Schadel verdrangte. Bulkley hatte ihm wohl etwas eingegeben.
Er flusterte:»Sie wurden es mir sagen, wenn.»
Bulkley wischte sich die Hande ab.»Sicherlich. «Er blickte auf und fugte hinzu:»Sie sind in guten Handen. Wir werden gleich ankerauf gehen, also bemuhen Sie sich zu schlafen.»
Bolitho versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Gleich ankerauf gehen? Dann waren sie den ganzen Tag hier gewesen. Und sie mu?ten Wasser bekommen haben. Dafur waren Manner gefallen. Auch hinterher, als Colpoys Seesoldaten die erschlagenen Matrosen geracht hatten, dachte er.
Er sprach sehr langsam, da er wu?te, da? die Worte nur undeutlich aus seinem Mund kamen.»Sagen Sie Auro. Sagen Sie Mrs. Egmont, da?.»
Bulkley beugte sich uber ihn und zog seine Augenlider hoch.»Sagen Sie es ihr doch selber. Sie ist bei Ihnen, seit Sie an Bord gebracht wurden. Ich sage doch: Sie sind in guten Handen.»
Bolitho begriff endlich, da? sie neben ihm stand. Ihr schwarzes Haar hing ihr uber die Schultern und glanzte im Lampenlicht.
Sie beruhrte sein Gesicht und streichelte seine Lippen, als sie mit weicher Stimme sagte:»Sie konnen jetzt schlafen, Leutnant. Ich bin hier.»
Bolitho fuhlte, da? die Hande nachgaben, die seine Hand- und Fu?gelenke gehalten hatten, und schlo? daraus, da? der Arzt und seine Helfer sich zuruckziehen wollten.
Er flusterte matt:»Ich. wollte nicht, da? Sie mich so sehen, Aurora.»
Sie lachelte und sah dabei doch unendlich traurig aus.»Sie sind schon«, sagte sie.
Bolitho schlo? die Augen; seine Krafte schienen ihn endgultig zu verlassen.
Bulkley drehte sich an der Tur noch einmal um. Er hatte eigentlich geglaubt, an Schmerz oder Freude am Krankenbett gewohnt zu sein, doch er war es offenbar noch nicht. Denn was er hier sah, bewegte ihn. Es glich einer Allegorie zum Thema >Die liebliche Frau beweint ihren gefallenen Helden<, dachte er. Er hatte Bolitho nicht belogen. Es war sehr knapp gewesen, denn das Entermesser hatte nicht nur eine tiefe Wunde uber dem Auge in die Kopfhaut geschlagen, sondern auch die Schadeldecke darunter eingekerbt. Ware Bolitho ein alter Mann gewesen oder das Enterme sser von einer geubten Hand gefuhrt worden, hatte es das Ende bedeutet.
Aurora sagte:»Er ist eingeschlafen. «Aber sie sprach nicht zu Bulkley, sondern zu sich selbst. Sie nahm ihren wei?en Schal ab und deckte ihn uber Bolitho, als ob seine Nacktheit ebenso wie ihre Worte ihr ganz personlicher Besitz waren.
In der anderen und wie gewohnt disziplinierten Welt der Destiny brullte eine Stimme:»Anker ist los, Sir!»
Bulkley streckte eine Hand aus, um sich festzuhalten, als sich das Deck unter dem plotzlichen Druck von Wind und Ruder schrag legte. Er wollte in sein Krankenrevier gehen und einige Drinks zu sich nehmen. Er hatte keine Lust, die Insel in der Dunkelheit zuruckbleiben zu sehen. Sie hatte ihnen frisches Wasser gewahrt, aber als Gegenleistung einige Menschenleben genommen. Bolithos Gruppe am Tumpel war bis auf Stockdale und zwei andere Leute niedergemetzelt worden. Colpoys hatte gemeldet, da? die Wilden, die sie uberfallen hatten, ehemalige Sklaven waren, die wahrscheinlich beim Transport gefluchtet waren.
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