Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 7
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Palliser stand auf und sagte in den Larm hinein:»Meine Herren, unser neuer Kamerad.»
Bolitho sah, da? Rhodes ihn anlachelte, und war froh uber dieses freundliche Gesicht. Er schuttelte Hande und murmelte etwas, das ihm angebracht schien. Obersteuermann Julius Gulliver war genauso, wie ihn Rhodes beschrieben hatte: unfrei, gezwungen, irgendwie hinterhaltig. Leutnant John Colpoys, der die Seesoldaten an Bord befehligte, errotete leicht, als er Bolitho die Hand schuttelte und etwas affektiert sagte:»Sehr erfreut, mein Lieber.»
Der Schiffsarzt wirkte rund und gemutlich wie eine aufgeplusterte Eule und roch nach Schnaps und Tabak. Und da war noch Samuel Codd, der Zahlmeister, ein — wie Bolitho schien — ungewohnlich heiterer Vertreter seines Berufsstandes. Schonheit zeichnete ihn nicht aus, denn er hatte sehr gro?e Schneidezahne im Oberkiefer und ein so kleines, fliehendes Kinn, da? die obere Halfte seines Gesichts standig die untere zu vertilgen schien.
Colpoys sagte:»Hoffentlich konnen Sie Karten spielen.»
Rhodes lachelte.»Probieren Sie's doch mal mit ihm. «Zu Bolitho sagte er:»Er wird Ihnen das Fell uber die Ohren ziehen, wenn Sie sich mit ihm einlassen.»
Bolitho setzte sich neben dem Arzt an den Tisch. Dieser holte einen goldgefa?ten Kneifer heraus, der zu seinen roten Pausbacken wenig pa?te, und stellte fest:»Pastete vom Schwein. Ein sicheres Zeichen dafur, da? wir bald auslaufen. Danach«, er warf dem Zahlmeister einen Blick zu,»sind wir wieder auf Samuels Vorrate angewiesen, von denen die meisten schon vor zwanzig Jahren als ungenie?bar erklart wurden.»
Glaser klirrten, und die Luft wurde schwer von Dampf und Essensduften. Bolitho musterte die Tischrunde. So also sahen Offiziere aus, wenn sie sich au?er Sichtweite ihrer Untergebenen befanden.
Rhodes flusterte:»Was halten Sie von ihm?»
«Vom Kommandanten?«Bolitho versuchte, seine Gedanken zu ordnen.»Ich bin beeindruckt. Er ist so, so.»
Rhodes winkte Poad, ihm die Karaffe mit Wein zu bringen.»Gefahrlich?«Bolitho lachelte.»Anders. Aber etwas Angst macht er einem schon.»
Palliser unterbrach ihre Unterhaltung.»Wenn Sie gegessen haben, machen Sie sich mit dem Schiff vertraut, Richard. Vom Kiel bis zum Flaggenknopf, vom Kluverbaum bis zur Hecklaterne. Wenn Ihnen etwas unklar ist, fragen Sie mich. Machen Sie sich moglichst schon mit den Deckoffizieren und den jungen Unteroffizieren bekannt, und pragen Sie sich die Namen Ihrer eigenen Division ein. «Er zwinkerte dem Leutnant der Seesoldaten zu, aber nicht schnell genug, so da? Bolitho es noch bemerkte.»Ich bin sicher, Mr. Bolitho wird alles daransetzen, da? seine Leute es bald mit denen aufnehmen konnen, die er uns heute so erfolgreich an Bord gebracht hat.»
Bolitho sah auf den Teller nieder, den ein Steward vor ihn hingestellt hatte. Das hei?t: Von dem Teller war wenig zu sehen, da er bis zum Rand mit Essen uberhauft war. Palliser hatte ihn also mit seinem Vornamen angesprochen und sogar einen Witz uber seine Freiwilligen gemacht. Demnach waren das die wirklichen Menschen hinter der starren Haltung und den Fesseln der Rangordnung drau?en an Deck. Er hob den Blick und lie? ihn uber den Tisch wandern. Wenn man ihm Zeit lie?, wurde er sich unter ihnen wohlfuhlen, dachte er.
Rhodes sagte zwischen zwei Bissen:»Ich habe gehort, da? wir mit der Montagstide auslaufen. Ein Bursche der Admiralitat war gestern an Bord. Er wei? gewohnlich Bescheid.»
Bolitho versuchte sich zu erinnern, was der Kommandant gesagt hatte: Loyalitat steht obenan. Dumaresq hatte fast die letzten Worte seiner Mutter wiederholt: Die See ist kein Ort fur Traumer.
Fu?e trappelten uber ihren Kopfen. Bolitho horte, wie weitere schwere Netze mit Vorraten zum Gezwitscher einer Bootsmannsmaatenpfeife an Bord gehievt wurden.
Bald wurden sie weit weg vom Land sein, weg von den schmerzlichen Erinnerungen, den Gedanken an das, was er verloren hatte. Ja, es war gut, wieder unterwegs zu sein.
Wie Leutnant Rhodes vorausgesagt hatte, machte Seiner Majestat Fregatte Destiny am Morgen des nachsten Montag klar zum Ankerlichten. Die letzten Tage waren fur Bolitho so schnell vergangen, da? er hoffte, auf See wurde es an Bord etwas ruhiger zugehen als zuletzt im Hafen. Palliser hatte ihn jede Wache in Trab gehalten. Der Erste Offizier gab sich nie mit dem au?eren Schein zufrieden, sondern legte Wert darauf, da? Bolitho ihm den Sinn seiner Arbeit erklarte, seine Meinung au?erte und Vorschlage — zum Beispiel uber den Austausch von Leuten seiner Wache — machte. So schnell er mit sarkastischen Bemerkungen zur Hand war, so flink war Palliser auch darin, die Gedanken eines Untergebenen in die Tat umzusetzen.
Bolitho dachte oft daran, was Rhodes uber den Ersten Offizier gesagt hatte:»Hinter einem eigenen Kommando her. «Palliser wurde bestimmt sein Bestes fur das Schiff geben und ebenso entschieden jedes Versagen bekampfen, dessen Folgen ihm angelastet werden konnten.
Bolitho hatte sich eifrig bemuht, die Manner, mit denen er direkt zusammenarbeiten mu?te, kennenzulernen. Anders als auf den gewaltigen Linienschiffen, hing das Uberleben einer Fregatte nicht von der Dicke ihrer holzernen Bordwande, sondern von ihrer Beweglichkeit ab. Die Besatzung war in Divisionen eingeteilt, weil sie so am besten eingesetzt werden konnte.
Der Fockmast mit seinen Rahsegeln — zuunterst Fock, daruber Mars, Bram und Royal; dazu die Stagsegel: Kluver und Au?enkluver — war entscheidend fur schnelle Halsemanover, aber auch bei der Wende, wenn das Schiff mit dem Bug durch den Wind ging. Wichtig war er auch im Gefecht, wenn der Kommandant plotzlich abfallen wollte, um das empfindliche Heck des Gegners mit einer Breitseite zu beharken.
Am achteren Ende des Schiffes standen Steuermann und Ruderganger und nutzten jeden Mast, jeden Zoll Segel, um das Schiff mit den sparsamsten Kommandos auf Kurs zu halten.
Bolitho hatte die Aufsicht am Gro?mast. Als hochster der drei Masten war er in Abschnitte unterteilt, ebenso die Manner, die an ihm auf enterten, ohne Rucksicht darauf, was sie bei schlechtem Wetter dort oben erwartete.
Diese flinken Toppsgasten waren die Elite der Mannschaft, wahrend an Deck zur Bedienung der Fallen, Schoten, Halsen und Brassen die weniger gewandten Leute abgestellt waren, die neu rekrutierten oder alteren Matrosen, denen man die Arbeit mit der vom Salzwasser steifen Leinwand, einhundert Fu? und mehr uber Deck, noch nicht oder nicht mehr zumuten konnte.
Rhodes befehligte am Fockmast, wahrend ein Steuermannsmaat den Besanmast unter sich hatte, der wegen seiner geringeren Segelzahl am leichtesten zu bedienen war und zur Handhabung seines Gaffelsegels vor allem Korperkrafte brauchte. Die Wache der Seesoldaten auf dem Achterdeck und eine Handvoll Matrosen genugten, um mit dem Besan fertig zu werden.
Bolitho gab sich gro?e Muhe, mit dem Oberbootsmann, einem furchterregenden Mann namens Timbrell, gut auszukommen. Tim-brell hatte ein von Wind und Wetter gezeichnetes Gesicht und war wie ein antiker Krieger uber und uber mit Narben bedeckt. Er war der Erste unter den Seeleuten. Sobald sie frei von Land waren, trat Tim-brell nach Anweisung des Ersten Offiziers in Aktion. Er beseitigte Sturmschaden, besserte Stengen und Rahen aus, erneuerte — wo es erforderlich war — den Farbanstrich und sorgte dafur, da? alle Fugen dicht, das stehende und laufende Gut in Ordnung waren, und hatte noch ein Auge auf die Fachleute, die sich mit diesen verschiedenen Arbeiten beschaftigten: Schiffszimmermann, Segelmacher und viele andere. Timbrell war Seemann bis in die Fingerspitzen und konnte fur einen jungen Offizier ein guter Freund sein, aber auch ein schlimmer Feind, wenn er falsch behandelt wurde.
An diesem speziellen Montagmorgen ging der Betrieb auf der Destiny noch vor dem ersten Tageslicht los. Der Koch hatte eine schnelle Mahlzeit bereitet, als ob er dafur verantwortlich sei, da? sie bald in Fahrt kamen.
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