Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 71
- Предыдущая
- 71/75
- Следующая
Seine Worte riefen zustimmendes Gemurmel bei den halbnackten Geschutzbedienungen hervor.
Plotzlich horten sie abgehacktes Geschutzfeuer. Als Bolitho sich umwandte, sah er, wie die Steuerbordkanonen der San Augustin lange, orangefarbene Zungen ausspien, wahrend Pulverqualm uber das Schiff hinwegzog und die Insel dahinter teilweise verdeckte.
Die See schaumte und scho? himmelwarts, als ob sie vulkanisch aus der Tiefe hochgetrieben wurde und nicht durch die Kanonenkugeln des stolzen Schiffes mit den roten Kreuzen auf seinen Gro?segeln.
Stockdale sagte:»Ungenau.»
Einige Seeleute drohten dem Feind mit den Fausten, obwohl das niemand auf die weite Entfernung sehen konnte.
Rhodes schlenderte nach achtern. Sein schoner Sabel pa?te schlecht zu seiner abgetragenen Borduniform. Er meinte:»Er will sie wohl nur beschaftigen, was, Dick?»
Bolitho nickte. Rhodes hatte sicher recht, aber trotzdem ging von dem spanischen Schiff etwas sehr Bedrohliches aus, vielleicht wegen seiner ausgefallenen Schonheit, der Pracht seines vergoldeten Schnitzwerks, das selbst auf diese Entfernung zu erkennen war.
Er sagte:»Wenn blo? Wind aufkommen wollte!»
Rhodes zuckte die Achseln.»Wenn wir blo? in Plymouth waren!»
Der spanische Kolo? spie eine weitere Breitseite aus, und einige Kugeln sprangen — scheinbar endlos lange — uber die Wasseroberflache.
Das Hohngeschrei war diesmal noch lauter, aber Bolitho bemerkte, da? einige der alteren Geschutzfuhrer besorgt dreinschauten. Das Eisen des Feindes fiel kurz und war auch seitlich nicht gut gerichtet, aber da beide Schiffe sich auf konvergierenden Kursen langsam aufeinander zubewegten, wurde jede Salve gefahrlicher werden.
Er dachte an Bulkley und seine Gehilfen, wie sie im halbdunklen Orlopdeck standen, die blanken Instrumente vor sich, dazu die Branntweinflasche, die den Schmerz betauben, und den Lederknebel, der verhindern sollte, da? der Patient sich die Zunge durchbi?, wenn die Sage des Chirurgen ihre Arbeit tat.
Und er dachte an Spillane in der Arrestzelle unterhalb der Wasserlinie. Was mochte er empfinden, wenn der Geschutzdonner gegen die Bordwande anrollte?
«Batteriedeck, Achtung!«Palliser blickte auf die doppelte Reihe Kanonen herab.»Zuruckholen und laden!»
Das war der gro?e Augenblick. Mit au?erster Konzentration wachte jeder Geschutzfuhrer daruber, da? seine Manner ihr volles Gewicht an die Taljen hangten und ihre Kanone von der Bordwand zuruckzogen.
Massige Kartuschen wurden schnell an die Mundung gereicht, von der Ladenummer eingefuhrt und anschlie?end vom Ansetzer weiter hineingeschoben.
Bolitho beobachtete den ihm am nachsten stehenden Mann, wie er der Kartusche noch zwei Extrasto?e nachschickte, um sie ganz fest gegen das Bodenstuck zu pressen. Sein Gesicht war dabei so gespannt, so vollig seiner Aufgabe hingegeben, als wolle er den Feind ganz allein besiegen. Dann kam der Ladepfropfen, gefolgt von einer glanzend schwarzen Kugel, die mit einem weiteren Ladepfropfen festgerammt wurde, damit sie nicht bei einer unerwarteten Schlingerbewegung des Schiffes harmlos wieder vorn heraus und ins Wasser rollte. Schlie?lich waren sie fertig.
Als Bolitho wieder hochschaute, schien das andere Schiff sehr viel naher gekommen zu sein.
«Fertig an Deck?»
Jeder Geschutzfuhrer zeigte mit einer Hand: klar.
Palliser rief:»Stuckpforten offnen!«Er wartete und zahlte die Sekunden, als die Pfortendeckel sich an beiden Schiffsseiten wie Augenlider hoben.»Ausrennen!»
Die San Augustin feuerte schon wieder, aber da ihr Steuermann wohl gerade etwas abgefallen war, schlug die ganze Breitseite eine gute halbe Meile vor dem Bug der Destiny ins Wasser.
Rhodes marschierte hinter seinen Kanonen entlang, gab Anweisungen oder scherzte auch nur mit seinen Leuten; Bolitho konnte es nicht erkennen.
Die San Augustin stand nun an Backbord voraus, und ihr Kurs lief mit dem der Destiny in einem spitzen Winkel zusammen. Es war schwer, die Geschutzbedienungen an ihrem Platz zu halten und zu verhindern, da? sie auf die andere Seite liefen, um nachzuschauen, was druben los war.
Palliser rief:»Mr. Bolitho! Halten Sie sich bereit, Leute von Ihrer Batterie auf die andere Seite zu Hilfe zu schicken. Nach zwei Breitseiten werden wir nach Backbord halten und auch Ihren Kanonen eine Chance geben. «Bolitho hob die Hand.»Aye, Sir!»
Dumaresq befahl:»Kursanderung drei Strich nach Steuerbord.»
«An die Schoten und Brassen! Ruder nach Luv!»
Die Rahen schwangen herum, die Destiny folgte gehorsam dem Ruder; die San Augustin schien achteraus auszuwandern, als sie den geduckt hinter ihren Stuckpforten wartenden Geschutzfuhrern ins Visier kam.
«Volle Erhohung! Feuer!»
Die Zwolfpfunder rumpelten binnenbords und wurden von Brocktauen abgestoppt. Der Pulverqualm trieb leewarts in einer dichten Wolke auf den Feind zu.
«Stopft die Zundlocher!«Rhodes bewegte sich jetzt viel schneller.»Wischt aus und ladet neu!»
Die Geschutzfuhrer mu?ten doppelt hart arbeiten, und mancher benutzte beide Fauste, um die Nervositat seiner Leute zu bandigen. Wenn eine Kartusche in ein unausgewischtes Rohr gesteckt wurde, in dem noch gluhende Reste der vorigen Kartusche steckten, bedeutete das einen schnellen und gra?lichen Tod.
Stockdale schlug auf den Verstarkungsring seiner Kanone.»Los, Jungs! Beeilung!»
«Rennt die Kanonen aus!«Palliser hielt sein Teleskop auf die Hangemattsnetze gestutzt und beobachtete das andere Schiff.»Ziel auffassen! Geschutzweise nach Sicht feuern!»
Diesmal kam die Breitseite unregelma?ig heraus, da jeder Geschutzfuhrer den fur ihn gunstigen Augenblick zum Abschu? abwartete. Aber bevor er den Einschlag seiner Kugel beobachten konnte, rannten schon wieder Matrosen an die Schoten und Brassen, da Gulliver seine Ruderganger zu neuer Kursanderung antrieb. Die Destiny lag jetzt so hoch am Wind, wie es ihr moglich war, ohne die Manovrierfahigkeit zu verlieren.
Bolitho hatte einen ganz trockenen Mund. Ohne es zu bemerken, hatte er seinen Sabel gezogen und gegen die Hufte gedruckt. Das Deck der Destiny hatte sich schrag gelegt, und die Geschutzfuhrer sahen den goldverzierten Bugspriet der San Augustin jetzt langsam, aber stetig ins Blickfeld ihrer Stuckpforten einwandern.
«In der Aufwartsbewegung schie?en!»
Aber vor ihnen spie die Bordwand der San Augustin erneut Feuer und Eisen mit orangefarbenen Zungen. Bolitho horte das wilde Kreischen der Ketten- und Stangengeschosse, die uber sie hinwegflogen. Er fand noch Zeit, Fahnrich Henderson zu bemitleiden, der oben auf der Bramsaling hockte und sein Fernrohr auf den Feind gerichtet hielt, wahrend die morderische Verbindung von Ketten und Eisenstangen an ihm vorbeirauschte. »Feuer!»
Bolitho beobachtete, wie die See um das andere Schiff aufbrauste und sein Gro?segel flatterte, als ob es von mehr als einer Kugel durchschlagen worden sei.
Wahrend seine Manner sich auf Handspaken und Ansetzer sturzten und nach Pulver und Kugeln schrien, und wahrend das Getose noch von Pallisers Stimme auf dem Achterdeck ubertont wurde, warf Bo-litho einen Blick auf den Kommandanten.
Er stand mit Gulliver und Slade neben dem Kompa? und zeigte auf den Feind, auf seine Segel und den davontreibenden Qualm, als ob das alles von ihm dirigiert wurde. »Feuer!»
Kanone fur Kanone rollten die Zwolfpfunder an der Steuerbordseite der Destiny binnenbords, und die Rader ihrer Lafetten quietschten dabei wie gequalte Schweine.
«Klar zur Kursanderung! Achtung, Mr. Rhodes! Backbordbatterie mit Doppelkugeln laden!»
Bolitho sprang beiseite, um vorbeirennenden Matrosen und Kommandos schreienden Maaten Platz zu machen. Der standige kraftezehrende Drill auf der langen Uberfahrt von Plymouth zahlte sich jetzt aus. Unabhangig davon, was die Kanonen machten, das Schiff mu?te gehandhabt und manovrierfahig gehalten werden.
- Предыдущая
- 71/75
- Следующая