Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 71
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Er war uberrascht und nicht wenig bewegt uber die Anzahl der Leute, die freiwillig mit ihm gehen wollten.
Carlsson, der Schwede, der ausgepeitscht worden war; Dunwoody, der Mullerssohn; Moffitt, der Amerikaner; Rabbett, der ehemalige Dieb aus Liverpool, und der alte Buller, der Toppsgast, der die Brigg als erster wiedererkannt hatte. Er war zum Unteroffizier befordert worden, und das war ihm so unglaubhaft erschienen, da? er immer wieder erstaunt den Kopf schuttelte, als es ihm offiziell mitgeteilt wurde.
Da waren noch andere, ebenso feste Bestandteile der Trojan wie ihr Kommandant oder wie die Galionsfigur.
Er beobachtete, da? Frowd auf einem Bootsmannstuhl in den Kutter gefiert wurde, sein geschientes, bandagiertes Knie ragte hervor wie ein Elefantenzahn. Er schien wutend zu sein uber die Wurdelosigkeit, mit der er sein Schiff verlassen mu?te.
Quinn hatte schon hinubergesetzt. Es wurde schwierig sein, zwischen den beiden zu stehen, dachte Bolitho. Er hatte gesehen, da? Frowd Quinn voller Bitterkeit betrachtete. Wahrscheinlich sagte er sich, ob es gerecht war, da? Quinn, der von der Marine Ausgesto?ene, verschont geblieben war, wahrend er selbst zum Kruppel geschossen wurde.
Die meisten Verabschiedungen hatte Bolitho im Lauf der Nacht und des Morgens schon hinter sich gebracht: rauhes Handeschutteln vom Stuckmeister und vom Bootsmann, verlegenes Grinsen von anderen, die er vom Knaben zum Mann hatte reifen sehen.
D'Esterre hatte schon einen Teil seines privaten, vorzuglichen Weinvorrats auf die Brigg hinubergeschickt; Sergeant Shears uberreichte ihm eine kleine, aus Silberstucken selbstgefertigte Kanone zum Abschied.
Cairns uberprufte die Liste der Gegenstande und der Tatigkeiten, die notwendig waren, und sagte dann:»Der Weise sagt, da? es aufbrisen wird, Dick. Du gehst jetzt besser hinuber. «Er streckte ihm die Hand hin.»Ich sage dir hier Lebewohl. «Dann blickte er sich in der Offiziersmesse um, wo sie so viele gemeinsame Stunden verlebt hatten.»Es wird hier einsamer werden, wenn du weg bist.»
«Ich werde dich nicht vergessen, Neu. «Bolitho ergriff fest die dargebotene Hand.»Niemals!»
Sie schritten gemeinsam zur Niedergangstreppe, als Cairns plotzlich sagte:»Noch etwas. Kapitan Pears ist der Meinung, da? du noch einen Offizier mitnehmen solltest, der dich beim Wachegehen unterstutzt. Einen Steuermannsmaaten konnen wir nicht entbehren, und Leutnants sind so rar wie Nachstenliebe, bis der Ersatz eintrifft. Es kommt also nur ein Fahnrich in Frage.»
Bolitho uberlegte.
Cairns fuhr fort:»Weston wird jetzt kommissarischer Leutnant, Lunn und Burslem bleiben besser hier, um ihre Ausbildung zu beenden, also kommen nur Forbes und Couzens in Frage, die jung genug sind, wieder neu anzufangen.»
Bolitho lachelte.»Ich werde es ihnen selbst uberlassen.»
Wahrend die Offiziere zusahen, rief Erasmus Bunce, der Master, die beiden dreizehnjahrigen Fahnriche herbei.
«Ein Freiwilliger wird gesucht, Gentlemen — «, Bunce betrachtete sie verachtlich,»- obgleich mir nicht klar ist, welchen Nutzen Mr. Bolitho von eurer Anwesenheit haben sollte.»
Beide traten vor, Couzens mit derart flehentlichem Blick in seinem runden Kindergesicht, da? Bunce ihn fragte:»Sind Ihre Sachen gepackt?»
Couzens nickte eifrig, aber Forbes war den Tranen nahe, wahrend er den Kopf schuttelte.
«Los«, sagte Bunce,»laufen Sie, Mr. Couzens, lebhaft! Dem Herrn sei Dank, da? das Schiff endlich von Ihrem Ubermut und Unfug befreit wird!«Er blinzelte Bolitho an.»Zufrieden?»
«Aye.»
Bolitho schuttelte die letzten Hande und versuchte, seine Bewegung zu verbergen.
D'Esterre war der allerletzte.»Viel Gluck, Dick. Wir werden uns wieder begegnen. Du wirst mir fehlen.»
Bolitho blickte zur White Hills hinuber, sah, wie die Schaumkamme ihren Rumpf streichelten.
Die Segelorder war in seiner Tasche verstaut, in einem mehrfach versiegelten Umschlag. Er ging zur Pforte, sah die langsseits liegende Gig steigen und fallen. Es wird auffrischen, hatte Bunce gesagt. Vielleicht war das ganz gut, es wurde ihn in Trab halten, ihm keine Zeit fur Abschiedsschmerz lassen.
Cairns schaltete sich ein:»Hier ist der Kommandant.»
Pears kam gemachlich uber das Achterdeck, seine Rockscho?e blahten sich auf beiden Seiten wie Leesegel, wahrend er seinen goldverbramten Hut mit einer Hand festhielt.
«Wir wollen segeln, Mr. Cairns. Ich mochte diesen gunstigen Wind ausnutzen. «Bolitho schien er zum ersten Mal zu sehen:»Noch immer hier, Sir?«Seine Augenbrauen hoben sich.»Bei meiner Seele…«Er vollendete den Satz jedoch nicht, sondern hielt Bolitho seine gro?e Hand hin.
«Ab mit Ihnen. Gru?en Sie Ihren Vater, wenn Sie ihn das nachste Mal sehen. «Dann wandte er sich um und ging zum Kompa?.
Bolitho gru?te die Flagge, hielt seinen Degen an die Hufte gepre?t und stieg eilig in das wartende Boot.
Die Riemen tauchten ins Wasser, und sofort blieb die Trojan achteraus; die Leute traten von der Reling zuruck, um mit ihrer Arbeit fortzufahren, wahrend andere aufenterten, um die Marssegel loszumachen.
Couzens starrte zum Schiff zuruck, der Wind trieb ihm Tranen in die Augen. Es sah so aus, als ob er weinte. Was Bolitho nicht wu?te: Es war der glucklichste Tag in des Fahnrichs bisherigem kurzem Leben.
Bolitho hob noch einmal gru?end die Hand und sah Cairns dasselbe tun. Von Pears war nichts zu sehen. Wie die Trojan, blieb auch er achteraus.
Bolitho wandte sich um und studierte die White Hills. Sie war sein, fur kurze Zeit nur, aber immerhin.
Wie Bunce vorausgesagt hatte, wuchs der Wind rasch zum Sturm an, und damit verwandelten sich auch die wei?en Schaumkamme in lange, tiefe Wellentaler mit gelblichem, verwehtem Gischt.
Die Prisenbesatzung ging mit grimmigem Ernst an die Arbeit. Sie wandten das Schiff nach Suden, wahrend der Wind schralte, und bra?ten es so hart an, da? die Rahen keinen Finger breit zu bewegen waren.
Bolitho legte Rock und Hut ab und stand neben dem ungeschutzten Ruder; seine Ohren drohnten vom Brausen des Windes und der See, sein Korper triefte von Gischt.
Es war ein Gluck, da? die White Hills ein Ersatzsegel fur das zerschossene Vormarssegel an Bord hatte. Das zerrissene konnte nur noch zum Flicken verwandt werden.
Nur unter gerefften Marssegeln und Kluver, hart am Wind, jagte die White Hills nach Suden, weg von den Inseln und Riffen.
Quinn arbeitete mit steinernem Gesicht und fast wortlos an Deck, und Bolitho fragte sich, was er ohne ihn hatte tun sollen. Couzens hatte die Entschlossenheit und den Eifer von zehn Mannern, aber
Erfahrung mit der Takelage in einem ausgewachsenen Sturm, die besa? er nicht.
Stockdale kam nach achtern und verstarkte die beiden Manner am Ruder. Wie Bolitho, so war auch er bis auf die Haut durchna?t, seine Kleidung schmutzig von Teer und Salz. Er lachelte Bolitho durch die peitschenden Gischtschwaden zu.
«Feine kleine Dame, nicht?»
Den gro?ten Teil des Tages fuhren sie nach Suden, aber gegen Sonnenuntergang flaute der Wind etwas ab, und die zerschunde-nen, atemlosen Seeleute konnten aufentern, um Gro?segel und Fock zu setzen. Das zusatzliche Tuch gab der Brigg zwar noch mehr Schlagseite, aber sie lag jetzt stetiger und lie? sich besser steuern.
Bolitho rief Quinn zu:»Ubernimm die Wache, ich gehe nach unten!»
Nach dem Larm und dem Gewuhl an Deck schien es unten beinahe ruhig zu sein, sobald er sich durch den engen Niedergang gezwangt hatte.
Wie klein sie wirkte nach den gewaltigen Ausma?en der Trojan. Er tastete sich nach achtern zur Kajute, einer Miniaturausgabe von Pears geraumigem Quartier. Sie ware kaum gro? genug gewesen, um Pears machtigen Tisch aufzunehmen, dachte er. Aber es wirkte alles einladend und zu neu, um Spuren des vorherigen Bewohners zu zeigen.
Er wirbelte herum, als eine kochende See am Achterschiff vorbeidonnerte, dann trat er an die beiden Heckfenster. Nirgends konnte er aufrecht stehen, nur unter dem geschlossenen Oberlicht. Wie es dann in den Messen aussah, konnte er sich gut vorstellen. Als Fahnrich hatte er einst auf einer ahnlichen Brigg Dienst getan. Auch sie war schnell, lebhaft und fast niemals ruhig gewesen.
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