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Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander - Страница 14


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Es fiel Vibart sicher nicht leicht, von einem so viel jungeren Kapitan Befehle entgegenzunehmen. Bolitho versuchte nochmals, Vibarts Feindseligkeit mit Verstandnis zu begegnen.

Da sagte der Erste plotzlich:»Wenn Sie erst etwas langer an Bord der Phalarope sein werden, Sir, sehen Sie es vielleicht anders. «Er wiegte sich auf den Absatzen und blickte den Kapitan ausdruckslos an.

Bolitho entspannte sich. Da? Vibart ihm den einzigen Weg zeigte, die Angelegenheit zu beenden, empfand er fast als Erleichterung. Er ma? ihn kalt.»Ich habe jedes Journal an Bord studiert, jedes Logbuch, Mr. Vibart. Trotz meiner begrenzten Erfahrung habe ich noch kein so offenkundig kampfunwilliges Schiff kennengelernt, keins, das so unfahig war, seine Pflicht zu erfullen.»

Vibarts Zuge zeigten Uberraschung.

«Nun, Mr. Vibart, wir kehren in die Kriegszone zuruck, und ich beabsichtige, den Feind zu suchen und zu stellen, jeden Feind, bei jeder Gelegenheit. «Er senkte die Stimme.»Und wenn das geschieht, erwarte ich, da? jeder einzelne seinen Mann steht. Fur kleinliche Eifersucht und Feigheit ist dann kein Platz.»

Vibarts Wangen liefen dunkel an, aber er schwieg.

«Sie haben es mit Menschen zu tun, Mr. Vibart, nicht mit Sachen. Ihr Offizierspatent schlie?t nur die Befehlsgewalt ein. Der Respekt kommt spater, wenn Sie ihn sich verdient haben.»

Er entlie? den Ersten Leutnant mit einem kurzen Kopfnicken, drehte sich wieder um und starrte auf das schaumende Kielwasser unterhalb des Fensters. Als sich die Tur schlo?, stand er noch vollig unter der Gewalt der Anspannung und krallte die Hande ineinander, bis er vor Schmerz zusammenzuckte. Er hatte sich Vibart zum Feind gemacht, aber es war ihm nichts anderes ubriggeblieben, es stand zu viel auf dem Spiel. Er lie? sich auf die Fensterbank sinken. Stockdale kam herein und begann, eine Decke uber den Tisch zu legen.

«Ich habe der Ordonnanz befohlen, Ihr Abendessen zu bringen, Sir. «Sein Ton verriet Mi?trauen. Er konnte Atwell, den Kajutsteward, nicht leiden und beobachtete ihn unablassig.»Ich nehme an, da? Sie allein essen werden, Sir?»

Bolitho sah Stockdale fluchtig an und erinnerte sich an Vibarts aufwallende Verbitterung.»Ja, Stockdale, ich esse allein.»

Leutnant Thomas Herrick zog den von Spritzwasser durchweichten Schal enger um den Hals und kroch tiefer in den Wachmantel. Uber den schwarzen, schwankenden Toppen flimmerten klein und bla? die Sterne. Trotz der scharfen Luft spurte er, da? die Morgendammerung nicht mehr fern war.

Dunkelheit umhullte das schwer stampfende Schiff. Alle Formen der einsamen Decks sahen unwirklich und ganz anders aus als bei Tage. Die gezurrten Kanonen glichen Schatten, und die summenden Wanten und Stagen schienen geradewegs in den Himmel zu fuhren, ohne Anfang und ohne Ende.

Herrick ging gedankenverloren auf dem Achterdeck hin und her und achtete kaum darauf. Er hatte das alles schon oft gesehen und war in der Lage, eine Wache allein mit sich und seinen Gedanken zu verbringen. Gelegentlich blieb er neben dem gro?en Doppelrad stehen, hinter dem die beiden Ruderganger wie dunkle Statuen aufragten. Sie beobachteten die zitternde Nadel und die gebra?ten Segel. Die Kompa?laterne beleuchtete zum Teil ihre Gesichter.

Vorn schlug es blechern drei Glasen. Ein Schiffsjunge regte sich an der Reling, rieb sich die Augen und kam nach achtern, um die Kompa?laterne zu putzen und das Stundenglas umzudrehen.

Immer wieder suchte Herricks Blick das schwarze Rechteck des Kajutniedergangs. Er fragte sich, ob Bolitho endlich schlief. Wahrend der Morgenwache war der Kapitan bereits dreimal an Deck erschienen, dreimal innerhalb von anderthalb Stunden, lautlos, ohne alle Vorwarnung, ohne Rock, ohne Hut. Sein wei?es Hemd und die Kniehose hatten sich verschwommen gegen die rollende schwarze See abgezeichnet. Ein gespenstiger, unwirklicher Anblick, die verkorperte Ruhelosigkeit eines gemarterten Geistes. Bolitho war jedesmal nur so lange geblieben, um nach dem Kompa? zu spahen oder einen Blick auf die Wachtafel neben dem Rad zu werfen. Danach war er an der Luvseite des Decks ein paarmal auf und ab gegangen und dann wieder nach unten verschwunden.

Zu jedem anderen Zeitpunkt hatte es Herrick gereizt und verargert. Mu?te es nicht bedeuten, da? der Kapitan seinem Dritten Leutnant nicht zutraute, die Wache allein zu gehen? Aber als Herrick den Zweiten um vier abloste, hatte ihm Okes hastig zugeflustert, da? Bolitho fast die ganze Nacht an Deck gewesen sei.

Herrick runzelte die Stirn. Tief im Innern spurte er, da? Bolitho mehr einem dunklen Antrieb folgte denn einem Plan, eher einer Stimmung als einer Neigung, geradezu als ware er ebenso gehetzt wie das Schiff. Es schien ihm unmoglich, still zu stehen, so als ginge es uber seine Kraft, langer als eine Minute an einem Fleck zu bleiben.

Eine undeutliche Gestalt bewegte sich an der Achterdeckreling, und Fahnrich Neales vertrauter Diskant klang durch die Dunkelheit.

«Betts hat sich soeben gemeldet, Sir.»

Neale schaute zu Herrick hoch und versuchte, die Laune des Dritten abzuschatzen.

Herrick ri? sich in die Gegenwart zuruck. Betts, der einer Auspeitschung oder Schlimmerem durch Bolithos Einspruch entgangen war, mu?te gema? Befehl um drei Glasen zum ersten

Strafdienst antreten. Vibart hatte deutlich klargestellt, was geschahe, falls er dem Befehl nicht folgte.

Er sah Betts hinter dem kleinen Seekadetten stehen und rief:»Vorwarts, Betts. Aber schnell.»

Betts kam an die Reling. Seine Stirn lag in Falten.»Sir?»

Herrick wies zum unsichtbaren Masttopp empor.»Los, hinauf mit Ihnen!«Es klang nicht barsch. Er mochte Betts. Ein stiller, aber fahiger Mann, dessen plotzlicher Wutausbruch Herrick mehr uberrascht hatte, als er sich eingestand.»Klettern Sie ins Gro?topp, Betts. Halten Sie Ausschau, bis der Erste Leutnant andere Order erteilt.»

Er spurte fluchtig Mitleid mit dem Mann. Hundertzehn Fu? uber Deck, ohne Schutz vor dem kalten Wind. . Betts wurde innerhalb von Minuten erstarren. Bei sich beschlo? Herrick bereits, Neale mit etwas warmem Essen hinaufzuschicken, sobald das Kombusenfeuer brannte.

Betts spuckte in die Hande und sagte tonlos:»Aye, aye, Sir. Scheint ein schoner Morgen?«Es klang, als bezoge sich seine Bemerkung auf etwas ganz Normales und Unwichtiges.

«Aye. «Herrick nickte.»Der Wind la?t nach, und die Luft wird trockener. «Was zutraf. Betts Instinkt hatte den Wetterumschlag gewittert, kaum da? er aus dem stickigen, uberfullten Kojendeck aufgetaucht war, wo achtzehn Zoll pro Mann und Hangematte der ublicherweise zugebilligte Platz waren.

«Sie haben Gluck gehabt, Betts«, sagte Herrick.»Bei acht Glasen hatten Sie ebensogut an der Grating tanzen konnen.»

Betts blickte den Dritten unbewegt an.»Es tut mir nicht leid, Sir. Ich meine, was geschehen ist. Ich wurde es wieder tun.»

Herrick argerte sich plotzlich. Warum hatte er die Sache erwahnt? Das ist der Haken bei mir, dachte er wutend. Stets will ich allem auf den Grund kommen, es verstehen. Immer mu? ich mich mit allem beschaftigen.

«Hinauf mit Ihnen!«sagte er schroff.»Und halten Sie ja gut Ausschau. Die Dammerung zieht bald herauf.»

Der Schatten des Mannes vermischte sich mit dem Umri? der Gro?wanten. Herricks Blicke folgten ihm, bis er sich in dem Netzwerk der Takelage verlor, das sich gegen den Nachthimmel abzeichnete.

Wiederum fragte er sich, warum Bolitho im Falle Betts so entschieden hatte. Weder Vibart noch Evans hatten die Angelegenheit erwahnt, was sie nicht geringfugiger, sondern eher bedeutsamer machte. Hatte Vibart vielleicht wieder seine Befugnis uberschritten? grubelte Herrick. Unter Pomfret hatte der allgegenwartige Erste alles in der Hand gehabt, jedes Vorkommnis kontrolliert, Tag fur Tag. Jetzt schien Bolithos ruhige Autoritat Vibart zu hemmen, und die Tatsache, da? die beiden nicht ubereinstimmten, lag beinahe offen zu Tage. Sie machte alles nur schlimmer. Das Schiff schien zwischen Vibart und Bolitho gespalten. Fruher hatte Herrick seinen Dienst verrichtet, sich aber sonst unparteiisch herausgehalten. Nun gewann er den Eindruck, als ob solche Neutralitat nicht mehr moglich sei.

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