Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander - Страница 7
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Tag fur Tag hatte er mit den Geschutzen jede nur denkbare Lage uben lassen. Von den Hauptbatterien bis zu den kurzrohrigen Karronaden, von den Zwolfpfundern des Achterdecks bis zu den Musketen der Seesoldaten hatte er Waffen und Manner schonungslos durchgearbeitet. Wenn dabei, wie Quarme behauptete, Verbesserungen erzielt worden waren, so befriedigten sie ihn keineswegs.
Schlie?lich sagte er:»Wir nehmen die Steuerbordbatterie nochmals vor. Sagen Sie es durch!»
Er ging nach Lee hinuber, wahrend Quarme seinen Befehl uber das Hauptdeck brullte. Da das Schiff auf Backbordbug segelte und in der frischen Brise heftig krangte, mu?ten die Geschutze gegen die Schraglage des Decks in Position gebracht werden, ehe man mit dem eigentlichen Exerzieren anfangen konnte; und Bolitho bemerkte, wie einige Matrosen, die im Moment nicht so viel zu tun hatten, einen Augenblick Pause machten und zusahen.
Da war zum Beispiel Buckle, der grauhaarige Segelmacher, der mit seinen Leuten auf Deck hockte und die letzte Partie der schweren Schlechtwettersegel, die sie vor Brest gebraucht hatten, reparierte. Die Nadeln in den ledergeschutzten Fausten ruhten, die Manner hatten sich umgedreht und starrten hinuber. Sogar Gossett, der Master, in dessen riesiger Hand ein Sextant blinkte, hielt bei der geduldigen Belehrung inne, die er zwei Interesse heuchelnden Midshipmen erteilte, und runzelte die Stirn, als Leutnant Rookes Stimme uber das Deck schallte:»Also aufgepa?t jetzt! Geschutze innenbords und klar zum Laden!«Er stand auf dem SteuerbordDecksgang, der oberhalb der Batterie entlanglief und das Achterdeck mit der Back verband. Wutend starrte er auf seine Manner hinunter, das Gesicht fleckig vor Hitze und Ungeduld.»Der nachste, der einen Rammstock fallen la?t oder uber seine eigenen Fu?e stolpert, tanzt an der Grating!«Er zog seine Uhr aus der Tasche.»Jetzt!»
Grunzend vor Anstrengung, auf den sandbestreuten Planken ausrutschend, warfen sich die Manner an die Geschutze; der Schwei? rann in glanzenden Bahnen uber ihre Rucken, als sie die langen Rohre aus den offenen Stuckpforten bis zum Anschlag der Gleitschienen zuruckholten.
In den letzten acht Tagen hatte Bolitho ein wachsames Auge auf Rooke gehabt. Er schien seinen Dienst recht ordentlich zu versehen, hatte aber eine unangenehme Art und verlor leicht die Ruhe. Gestern erst hatte Bolitho einen Wettkampf zwischen den beiden Batterien des Hauptdecks arrangiert, und Backbord hatte mit drei Minuten Vorsprung gewonnen. Rooke war fast aus der Haut gefahren. Jetzt, als seine Manner uber ihren Geschutzen hockten, konnte Bolitho die Spannung direkt korperlich spuren.
«Laden!«brullte Rooke. Ein wildes Durcheinander. Schimpfend trieb jeder Stuckfuhrer seine Manner an, die Ubungskartuschen in die Mundungen stie?en und das Laden mit Kugeln markierten, wahrend andere, die Zugleinen in den Fausten, darauf warteten, die Geschutze durch die offenen Stuckpforten auszurennen.
«Besser diesmal, Sir«, murmelte Quarme. Bolitho sagte nichts dazu. Aber es hatte deutlich besser geklappt, trotz des Ubereifers bei manchen jungeren Matrosen. Er sah, wie Rooke an die Reling trat, als wolle er seine Leute noch mehr antreiben — er mu?te ja wissen, da? sein Kommandant auf dem Achterdeck war.
«Ausrennen!«brullte Rocke. Gehorsam quietschten die Lafetten uber die zerfurchten Planken, fieberhaft sturzte jeder Stuckfuhrer vor, um den Entluftungsstutzen zu verschrauben — da: ein scharfes Klirren und Klappern, die drei vordersten Schutzen fielen lang hin. Alle anderen Stuckfuhrer hielten die Rechte hoch, nur beim ersten Geschutz herrschte totales Durcheinander.
«Was, zum Deibel!«kreischte Rooke.»Was ist das fur eine blutiggottverdammte Sauerei?»
Auf dem Oberdeck grinsten ein paar Zuschauer unverhohlen, und als Bolitho sich umdrehte, sah er, wie der Wachoffizier, Leutnant Fowler, auf seine Fu?e starrte und sich das Taschentuch auf den Mund pre?te.
Mit langen Schritten kam Rooke den Decksgang entlang, bis er direkt uber dem Geschutz stand, das versagt hatte.»Bell, dafur will ich deine Ruckenwirbel sehen! Ich lasse dich peitschen, bis…»
Der Stuckfuhrer starrte zu ihm hinauf und hob hilflos die Hande.
«War ich doch gar nich', Sir! War der junge Herr da!«Er zeigte auf Midshipman Seton, der sich eben zwischen zwei noch benommenen Matrosen hochrappelte.»Der is' uber sein' Dolch gestolpert, Sir, und die andern beiden sind uber ihn gefallen!»
«Halt den Mund!«Rooke schien zu merken, da? aller Augen auf ihn gerichtet waren. Etwas leiser fragte er:»Und was haben Sie diesmal angestellt, Mister Seton ?»
Der Junge hob seinen Hut auf und sah sich um wie ein Tier in der Falle.»Sir, ich. Ich. «Es dauerte ein paar Sekunden, bis er die Sprache wiederfand.»Ich wollte an der Zugleine mit anfassen, Sir.»
«Ach, tatsachlich?«Rooke sprach jetzt ganz leise. Er fuhr sich mit der Hand uber den Mund.»Stehen Sie nicht da wie ein sabberndes altes Weib! Rei?en Sie sich gefalligst zusammen, wenn ich mit Ihnen spreche!»
Bolitho wandte sich ab. Es war ihm unertraglich, Seton so leiden zu sehen, doch jede Einmischung hatte jetzt nur Rookes Autoritat bei den Leuten untergraben.
Aber Rooke hatte noch nicht genug. Mit lauter Stimme fragte er:»Warum, in Gottes Namen, haben Ihre Eltern Sie blo? zur See geschickt, Mr. Seton? Es mu? doch auch andere Berufe geben, wo Sie Schaden anrichten konnen!«Ein paar Matrosen lachten, und dann antwortete Seton heiser:»I. Ich habe keine, Sir. M. Meine Eltern sind. «Er konnte nicht weitersprechen.
Die Hande in die Huften gestemmt, starrte Rooke verachtlich auf ihn hinunter.»Keinen Vater, keine Mutter, Mr. Seton? Da mussen Sie ja ein noch schabigerer Bastard sein, als ich dachte!»
Bolitho fuhr herum.»Mr. Quarme, lassen Sie die Geschutze sichern und die Bedienungen wegtreten. «Er warf einen raschen Blick nach oben.»Der Wind halt sich. Sie konnen jetzt die Royals setzen. «Er wartete, bis die Bootsmannspfeifen den Befehl weitergegeben hatten und die Manner in dichtem Schwarm die Jakobsleitern aufenterten.»Und Mr. Rooke soll sich bei mir melden.»
Bolitho ging nach Luv hinuber und kreuzte die Hande auf dem Rucken. Wie die anlaufende Brise das blaue Wasser rippte, das hier und da schon wei?e Kamme trug! Nach dem Mittagsbesteck mu?ten sie etwa drei?ig Meilen sudostlich von Tarragona sein, aber so weit er sehen konnte, war die See leer. Doch seine Berechnungen waren bereits vom Ausguck im Gro?topp bestatigt worden, der dort oben, fast zweihundert Fu? uber Deck, auf seinem schwingenden, gefahrlichen Sitz hockte. Er allein hatte bisher die fernen Berge Spaniens gesehen. Bolitho war froh, da? er sich entschlossen hatte, ausreichend Seeraum zu gewinnen und die seinem Kurs entgegenlaufende Kustenstromung zu meiden. Au?erdem brachte ihm diese Entscheidung den gunstigsten Wind; und wenn der sich hielt, wurde er Hoods Schiffe um so schneller finden.
«Sie wollten mich sprechen, Sir?«Rooke sah ihn mi?trauisch an. Sein Atem ging noch rasch von der Anstrengung.
«Stimmt«, sagte Bolitho kuhl.»Ihre Manner haben sich ganz gut gehalten. Mit etwas Ubung wird das noch besser werden. «In Roo-kes Augen blitzte es auf — amusiert oder verachtlich? Langsam fuhr Bolitho fort:»In Zukunft wollen Sie es sich bitte versagen, Mr. Seton so zu demutigen.»
Rookes Miene war wie aus Holz.»Er braucht Disziplin, Sir. Wie alle.»
«Vollig meine Meinung. Aber Disziplin ist eines, und Schikane ist etwas anderes, Mr. Rooke. «Sein Ton war scharf.»Es fordert die Disziplin nicht, wenn Sie einen Midshipman vor jenen Leuten beleidigen, die vielleicht eines Tages in der Schlacht von ihm abhangen.»
«Ist das alles, Sir?«Rookes Hande zitterten an seinen Hosennahten.
«Im Moment ja. «Bolitho blickte nach oben, wo eben die letzten Royals flappten und sich dann unter dem Druck des Windes harteten. Gegen den Himmel glanzte die volle Besegelung wie wei?e Pyramiden.»Sie werden mehr erreichen, wenn Sie den Leuten ein gutes Beispiel geben, Mr. Rooke«, sagte er noch. Stirnrunzelnd sah er hinter dem Leutnant her, der steifbeinig zum Decksgang schritt. Er hatte sich Rooke zum Feind gemacht — aber es war unwahrscheinlich, da? ein Mann seiner Art uberhaupt jemandes Freund war.
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