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Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander - Страница 72


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Eilig schritt Bolitho zur Tur.»Ich dachte, euch geht's hier zu gut, da bin ich lieber gekommen, damit ihr wieder vernunftig zu tun kriegt!»

Es war erschutternd, da? sie uber diese dumme Bemerkung lachten.

Sie vertrauten ihm; sein blo?er Anblick gab ihnen Sicherheit, als konne seine Leutseligkeit und das Gefuhl, zum selben Schiff zu gehoren, ihre Lage vollig andern.

Drinnen sah er Kapitan Dash an Pomfrets gro?em Schreibtisch sitzen, den Kopf auf die Arme gesunken.

Er sagte zu Inch:»Warten Sie drau?en und halten Sie die Leute beisammen!«Damit schlo? er die Tur hinter sich und trat zum Schreibtisch.

Dash rieb sich die Augen und starrte ihn an.»Mein Gott, ich traume wohl noch!«Unsicher stand er auf.»Freue mich, da? Sie da sind.»

Bolitho setzte sich auf die Tischecke.»Ich ware schon fruher gekommen, aber. «Er zuckte die Achseln. Das lag jetzt alles in der Vergangenheit.»Wie schlecht steht es?»

Mude und lustlos schlug Dash auf die gro?e Karte.»Hoffnungslos, Bolitho. Der Feind bekommt jeden Tag mehr Verstarkung. «Sein Finger zog den Lageplan der Stadt nach.»Unsere Leute sind hier eingeschlossen. Wir mu?ten die Bergstellung aufgeben, und die Stra?e auch. Die ganze Front weicht zuruck. Morgen kampfen wir vielleicht schon in den Stra?en. «Er tippte auf den sudlichen Arm der Bucht.»Wenn sie uns da rausschmei?en, sind wir erledigt. Sobald die Franzosen Artillerie auf dem Landvorsprung haben, konnen sie in ein paar Stunden unsere Schiffe zu Brennholz schie?en. Wir kamen nicht mal aus dem Hafen!»

Bolitho musterte Dash scharf. Irgendwie hatte er sich verandert.»Und was tut der Admiral?«fragte er leise.

Dash fuhr zusammen und erbleichte.»Sir Edmund ist krank«, antwortete er.»Ich dachte, Sie wissen das.»

«Ja, Leach hat mir so was angedeutet. «Er sah, da? Dashs Hande nervos zuckten.»Aber was ist nun wirklich mit ihm?»

Dash ging ans Fenster.»Eine Brigg brachte Depeschen aus Tou-lon. Die ganze Geschichte ist aus und vorbei. Lord Hood hatte Order gegeben, den Hafen zu raumen und vorher alle Hafenanlagen zu zerstoren. «Er duckte sich unwillkurlich, denn ein naher Einschlag lie? wei?en Staub von der Decke rieseln. Dann fuhr er wutend fort:»Als ob es hier noch viel zu zerstoren gabe!»

Bolithos Bauchmuskeln krampften sich zusammen.»Und Tou-lon?«fragte er. Aber er konnte sich die Antwort schon denken.

Dash zuckte heftig die Achseln.»Da steht es genauso schlecht. Innerhalb der nachsten Wochen raumen wir Toulon.»

Bolitho stand auf und verschrankte die Hande auf dem Rucken.»Aber was hat nun der Admiral gesagt?»

«Ich dachte, er wird verruckt. «Dash wandte sich ab, so da? sein Gesicht im Schatten lag.»Er tobte und raste, beschimpfte alle, mich eingeschlossen, und dann zog er sich in sein Zimmer zuruck.»

«Wann war das?«Bolitho wu?te, da? er das Schlimmste noch nicht gehort hatte.

«Vor zwei Wochen.»

«Zwei Wochen!«Bolitho starrte Dash entsetzt an.»Und was, um Gottes willen, haben Sie in der Zeit unternommen?»

Dash wurde rot.»Sie mussen das von meinem Standpunkt aus betrachten, Bolitho. Ich bin kein Aristokrat, das wissen Sie. Ich habe mich mit Zahnen und Klauen vom Unterdeck nach oben gekampft. Um die Wahrheit zu sagen, ich glaubte nie, da? ich so weit kommen wurde. «Seine Stimme wurde hart.»Aber nun, da ich es geschafft habe, werde ich auch alles tun, um meinen Rang zu behalten.»

Kalt entgegnete Bolitho:»Ob es Ihnen nun pa?t oder nicht — Sie haben hier den Oberbefehl, solange Pomfret krank ist. «Er schlug mit der Faust auf den Tisch.»Sie mussen handeln! Sie haben gar keine andere Moglichkeit!»

Dash hob die Arme.»Diese Verantwortung kann ich nicht ubernehmen. Was wurde Sir Edmund mit mir anstellen? Und was wurde man in England dazu sagen?»

Bolitho musterte ihn sekundenlang. In der Schlacht hatte Dash bestimmt vor nichts und niemandem Angst. Mit halbzerschossenem Schiff und gegen jede Ubermacht hatte er bis zum bitteren Ende gekampft. Aber einer Situation wie dieser war er nicht gewachsen.

Dann dachte er an die zerschossene Stadt, an Manner wie Fowler, die damals den ersten Sieg ermoglicht hatten. Schonungslos erwiderte er:»Glauben Sie tatsachlich, Ihre Karriere oder sogar Ihr Leben seien so wichtig?«Er sah, da? Dash sich wie unter einem Schlag krummte, fuhr aber fort:»Denken Sie an die Menschen, die von Ihnen abhangig sind — und dann sagen Sie mir, da? Sie immer noch zogern!»

Gepre?t entgegnete Dash:»Ich habe nach Ihnen geschickt, weil Sie Bescheid wissen sollten…»

«Ich wei? schon, wozu Sie mich brauchen, Captain Dash!«Bo-litho blickte ihm uber die staubbedeckte Karte hinweg in die Augen.»Ich soll Ihnen den Rucken starken, Ihnen bestatigen, da? Ihre Ma?nahme richtig ist. «Er wandte sich ab, denn von Dashs Unsicherheit und der Grausamkeit seiner eigenen Worte wurde ihm fast ubel.

«Das will ich nicht bestreiten«, erwiderte Dash schweratmend.»Ich war immer ein Mann, der Befehle ausfuhrt. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps, dafur reicht's bei mir. Aber in einer solchen Situation bin ich verloren, so wahr mir Gott helfe!«Er senkte den Blick auf die Karte.

«Na schon. «Bolitho hatte gern den Schmerz gelindert, den er diesem Mann zugefugt hatte; doch die Zeit drangte. Es war uberhaupt keine Zeit mehr.»Ich rede mit Pomfret. Inzwischen berufen Sie eine Lagebesprechung ein. «Er bemuhte sich, seine Bitterkeit zu uberwinden.»Bitten Sie alle Offiziere hier in dieses Zimmer. In einer Stunde — konnen Sie das schaffen? Und holen Sie auch La-bouret dazu, den Burgermeister.»

«Sind Sie sich auch klar, da?. Und wenn jetzt etwas schiefgeht, Bolitho?«murmelte Dash.

«Dann mussen Sie den Kopf hinhalten, Dash. Und ich genauso — aber das wird Ihnen kein Trost sein.»

Er schritt zur Tur und sagte abschlie?end:»Eins jedoch ist ganz sicher, Captain Dash. Wenn Sie hier sitzenbleiben und nichts tun, werden Sie Ihr Gesicht nie wieder im Spiegel sehen konnen. Denn das wurde bedeuten, da? Sie der Verantwortung, nach der Sie Ihr Leben lang gestrebt haben, nicht gewachsen waren. Da? Sie das eine Mal, als es wirklich darauf ankam, versagten.»

Damit wandte er sich ab und trat hinaus.»Mr. Inch«, befahl er kurz,»melden Sie sich bei Captain Dash. Er wird Ordonnanzen brauchen. Kummern Sie sich sofort darum!»

Sodann eilte er die geschwungene Treppe hinauf. Oben stand ein Marine-Infanterist vor einer Tur Posten. Drinnen im Zimmer war es stockdunkel; und wahrend Bolitho sich zum Fenster tastete, rollte etwas unter seinem Fu? weg und klirrte gegen die Wand. Aber seine Nase hatte ihm schon verraten, was es mit Pomfrets Krankheit auf sich hatte. Als er die Vorhange aufzog und sich im Zimmer umsah, stieg Ubelkeit in ihm hoch.

Pomfret lag, Arme und Beine von sich gestreckt, auf dem breiten Bett. Sein Mund stand weit offen, sein Atem ging schwer und muhsam. Um das Bett herum und uberall auf dem prachtigen Teppich lagen leere Flaschen, zerbrochene Glaser, allerlei Kleidungsstucke, Mobel, die so aussahen, als hatte sie der Admiral mit blo?en Handen zertrummert.

Bolitho bi? die Zahne zusammen und beugte sich uber das Bett. Pomfrets unrasiertes Gesicht war wachsern und verschwitzt. Auf der Bettdecke lag Erbrochenes, und der ganze Raum stank wie eine uble Spelunke. Er fa?te Pomfret bei der Schulter und schuttelte ihn; es war ihm vollig egal, wie der Admiral darauf reagierte. Doch er schien einen Leichnam zu schutteln.»Wachen Sie auf, verdammt!«Er schuttelte starker. Pomfret stohnte dumpf, aber das war auch alles. Dann fiel Bolithos Blick auf ein zerknulltes Stuck Papier auf dem Nachttisch. Er sah das wohlbekannte Dienstsiegel, das Wappen uber dem sauber geschriebenen Text. Er ging um das Bett herum und machte sich daran, Pomfrets Order aus Toulon zu lesen. Einmal hielt er inne und wandte den Kopf, um in Pomfrets schlaffes Gesicht zu blicken. Jetzt wurde ihm alles klar: Herricks Bemerkung, da? Pomfret hier seine letzte Bewahrungschance bekommen hatte. Die Verbissenheit, mit der er von St. Clar aus den Sieg uber Frankreich erzwingen wollte. Und hatte er Hilfe und die versprochenen Verstarkungen bekommen, ware ihm das vielleicht sogar gegluckt — ein trauriger Gedanke.

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