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Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander - Страница 3


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Als Bolitho das Kommando uber sein altes, mit vierundsiebzig Kanonen bestucktes Schiff ubernommen hatte, fand er Inch als Funften und jungsten Offizier vor. Der Dienst auf See, fern vom Land und oft auch fern von der Flotte, hatte den jungen Leutnant Sprosse um Sprosse die Karriereleiter hinaufgefuhrt, als ein Offizier nach dem anderen gefallen war. Als der Erste Offizier sich das

Leben nahm, hatte Bolithos Freund Herrick bereitgestanden, dessen Posten zu ubernehmen; doch dann hatte Thomas Herrick im Rang eines Kapitans das Schiff verlassen und ein eigenes Kommando bekommen. Damit hatte sich Leutnant Francis Inch — schlaksig, mit einem Pferdegesicht und immer einsatzwillig — , eine Chance geboten. Aus Grunden, die Bolitho selbst nicht richtig durchschaute, war es ihm ermoglicht worden, sie wahrzunehmen. Doch bei dem Gedanken, zum erstenmal als Stellvertreter des Kommandanten das Schiff in Fahrt zu bringen, mochte ihn sein neuer Status mit Unbehagen und nicht geringer Besorgnis erfullen.

«Boot ahoi?«Der ubliche Anruf klang von der Bordwand des Schiffes herab.

Allday legte die Hande an den Mund. »Hyperion.»

Als die Riemen gehoben waren und der Buggast das Boot an der Kette anhakte, schuttelte Bolitho den Mantel ab, pre?te seinen Sabel an die Hufte und sprang schnell zur Schanzpforte hinauf. Ihm wurde nicht einmal die Luft knapp, und er fand sogar Zeit, bewundernd daran zu denken, was gute Ernahrung und regelma?iger korperlicher Einsatz fur jemanden bewirken konnten, der sich an das bewegungsarme, beengte Bordleben gewohnt hatte.

Als sein Kopf uber dem Schanzkleid auftauchte, brachen die Pfeifen in ein schrilles Trillern aus, und er sah die zackige Bewegung der Musketen, als die angetretenen Marinesoldaten prasentierten.

Inch salutierte nervos. Seine Uniform war vom Regen durchna?t, so da? Bolitho annahm, er hatte das Achterdeck seit Tagesanbruch nicht mehr verlassen.

Der Larm verebbte, und Inch sagte:»Willkommen an Bord, Sir.»

Bolitho lachelte.»Danke, Mr. Inch. «Er sah sich nach den zuschauenden Mannern um.»Sie sind flei?ig gewesen.»

Inch blickte zu der Bootsbesatzung hinunter und wollte sie schon anrufen, als Bolitho gedampft sagte:»Nein, Mr. Inch. Das ist nicht mehr Ihre Aufgabe. «Er bemerkte, da? Inch ihn uberrascht ansah.»Uberlassen Sie das Ihren Untergebenen. Wenn Sie Vertrauen zu ihnen haben, werden sie auch Ihnen vertrauen.»

Er horte hinter sich schwere Schritte auf den feuchten Planken und drehte sich um. Gossett, der Steuermann, trat auf ihn zu. Gott sei Dank diente wenigstens der schon seit einigen Jahren an Bord.

Gossett war riesig und wuchtig wie eine Tonne und besa? ein Paar der hellsten Augen, die Bolitho je gesehen hatte, obwohl sie meist in seinem gefurchten und wettergegerbten Gesicht halb verborgen blieben.

«Keine Klagen, Mr. Gossett?»

Der Steuermann schuttelte den Kopf.»Keine, Sir. Ich habe immer gesagt, da? die alte Lady fliegen kann, wenn sie erst mal den Bewuchs los ist. «Er rieb die kraftigen roten Pranken aneinander.»Und fliegen wird sie, wenn ich was zu sagen habe.»

Die versammelte Besatzung drangte sich noch auf den Gangways und dem freien Raum an Deck. Die Gesichter waren bla? im Vergleich zu Gossett und Allday.

Dies hatte der Augenblick zu einer anfeuernden Ansprache sein sollen, die Gelegenheit, diese Manner, die ihm und untereinander noch fremd waren, zu einem Hurraruf zu bringen. Er hob die Stimme, um den Wind zu ubertonen.»Wir wollen weiter keine Zeit verlieren. Unsere Befehle besagen, da? wir uns unverzuglich dem Blockadegeschwader vor Lorient anschlie?en sollen. Wir haben ein gutausgerustetes Schiff mit einer ehrenvollen Geschichte und einer gro?en Tradition, und gemeinsam werden wir unser Bestes tun, um den Feind in seinen Hafen einzuschlie?en oder ihn zu vernichten, wenn er so verwegen sein sollte, sich herauszuwagen.»

Bolitho beugte sich vor und stutzte die Hande auf die Achterdecksreling, als das Schiff sich schwerfallig hob. Es uberraschte ihn, da? einige Manner sich einander tatsachlich bei seinen abgenutzten Worten grinsend in die Rippen stie?en. In wenigen Monaten wurden sie das wahre Elend des Blockadedienstes kennenlernen: Schutzlos und ohne frische Lebensmittel jedes Wetter durchzustehen, wahrend die Franzosen es sich in ihren Hafen wohl sein lie?en und gelassen auf eine Lucke in der Kette britischer Schiffe warteten, durch die sie ausbrechen, hart zuschlagen und sich wieder zuruckziehen konnten, ehe es zu einem Gegenschlag kam.

Gelegentlich wurde ein Schiff abgelost, um mit neuem Proviant versorgt zu werden oder wichtige Reparaturen vornehmen zu lassen; dann wurde sein Platz von einem anderen ubernommen, wie jetzt durch die Hyperion.

In forschem Ton fugte Bolitho hinzu:»Es gilt, vieles zu vollbringen, und ich erwarte von jedem, da? er sein Bestes gibt, jede Aufgabe erfolgreich erfullt, vor die er gestellt wird. «Hier schnitt ein Teil der alteren Leute Grimassen. Sie wu?ten, das bedeutete Geschutzexerzieren und Segeldrill unter Aufsicht eines Offiziers mit der Uhr in der Hand, bis der Kommandant zufrieden war. Bei dieser Art Wetter keine angenehme Aufgabe, besonders nicht fur Manner, die noch nie zur See gefahren waren.

Bolitho lie? den Blick zur anderen Seite des Achterdecks schweifen, wo Inch und die anderen vier Leutnants in einer Reihe an der Reling standen. In den hektischen Tagen bis zur Wiederindienststellung der Hyperion und danach hatte er zuwenig Zeit gefunden, seine neuen Offiziere kennenzulernen. Die drei jungeren erschienen durchaus willig, sie waren aber noch sehr jung und besa?en wenig Erfahrung. Ihre Uniformen strahlten vor Neuheit, und ihre Gesichter waren so rosig wie die von Midshipmen.[1] Der Zweite Offizier jedoch, ein Mann namens Stepkyne, hatte sich als Steuermannsmaat an Bord eines Ostindienfahrers bewahrt und den Weg in den Dienst des Konigs gefunden, als er einem schwerfalligen Versorgungsschiff zugeteilt worden war. Es mu?te ihn angestrengte Arbeit und viele bittere Erfahrungen gekostet haben, sein Offizierspatent zu erwerben; als er jetzt, gelassen mit dem Schiff schwankend, auf dem Achterdeck der Hyperion stand, konnte Bolitho die scharfen Linien um seinen Mund erkennen und einen Ausdruck, der an Mi?gunst grenzte, als er den jungen Inch von der Seite ansah.

Hinter den Leutnants standen die sechs Midshipmen des Schiffes, auch alle sehr jung und offensichtlich aufgeregt uber die Aussicht auf eine Reise, die fur die meisten ihre erste war.

Hauptmann Dawson stand bei seinen Marinesoldaten, ein Mann mit wuchtigem Kinn und ohne Lacheln. An seiner Seite Leutnant Hicks, ein wendiger, aber ausdruckslos wirkender junger Mann. Bolitho bi? sich auf die Lippen. Die Marinesoldaten waren ausgezeichnet bei Vorsto?en an Land oder wenn es um Hauen und Stechen im Nahkampf ging, boten jedoch nur geringe Hilfe bei der Aufgabe, ein Linienschiff unter vollen Segeln in Fahrt zu halten.

Er spurte den Wind, der ihm um die Beine wehte, und fugte knapp hinzu:»Das ist einstweilen alles. «Er nickte Inch zu.»Treffen Sie Vorbereitungen zum Auslaufen.»

Bolitho entdeckte neben der Schanzpforte Joshua Tomlin, den

Bootsmann, dessen scharfe Augen schnell die Manner in seiner Nahe musterten. Auch Tomlin gehorte zur ursprunglichen Besatzung: ein untersetzter, kraftig gebauter Mann, fast so breit wie gro? und ungewohnlich stark behaart. Wenn er lachelte, was er oft tat, zeigte er ein furchterregendes, fast irrsinniges Grinsen, da ihm die Vorderzahne vor vielen Jahren von einem herabsturzenden Block ausgeschlagen worden waren. Er war bekannt fur seine Geduld und seine derbe gute Laune, selten bei Leuten in seiner Position. Aber es mu?te selbst seine Duldsamkeit uberfordern, bei dieser zusammengewurfelten neuen Besatzung die Ruhe zu bewahren, dachte Bolitho grimmig.

Wieder schrillten die Pfeifen, und die Decks erbebten unter stampfenden Fu?en, als die Manner auf ihre Stationen rannten, angetrieben von den Tritten und Fluchen der ungeduldigen Unteroffiziere, die noch nicht einmal Zeit gefunden hatten, die Namen der Manner in ihren eigenen Gruppen zu lernen.

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1

Midshipman = Seekadett bzw. Fahnrich zur See

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