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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 16


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Zum Beispiel damals, als er in Gibraltar sein Geschwader ubernommen hatte — das hatte eigentlich der stolzeste Augenblick seiner bisherigen Laufbahn sein mussen. Doch er hatte nur von Adams verbotswidrigem Duell erfahren, von seinem noblen Eintreten fur ihn, womit der Junge dienstlichen Nachteil und obendrein Verwundung riskiert hatte.

Das mu? in der Familie liegen, dachte er bitter. Viele Bolithos hatten sich als Naturtalente im Degenfechten erwiesen, ohne richtigen Lehrer, ohne viel Ubung. Er konnte sich genau daran erinnern, wie er damals in Westindien an Bord eines Kaperschiffes dem franzosischen Leutnant gegenubergestanden hatte — Auge in Auge, beide noch von der Wildheit erfullt, die man nur in der Schlacht verspurt. Beinahe hatte ihm der Mann leidgetan. Wenn er sich doch nur ergeben hatte! Noch bei der Parade vor dem letzten todlichen Stich wu?te Bolitho: er konnte nicht anders.

«Also dann wollen wir, Thomas«, sagte er schroff.

Die Offiziersmesse der Lysander war voll. Wahrend Bolitho hinter Herrick herschritt, dachte er an seine Zeit als junger Leutnant auf einem Linienschiff wie diesem. Damals hatte er daruber nachgegrubelt, was so ein Mann, der in der gro?en Achterkajute uber der Messe wohnte, wohl fur ein Leben fuhren, wovon er traumen mochte. Kapitan oder Admiral, das galt ihm damals gleich hoch.

Die Manner traten beiseite, um ihn vorbeizulassen, und sein Blick schweifte uber ihre erwartungsvollen Gesichter. Manche kannte er fluchtig vom Dienst, andere noch uberhaupt nicht: die jugendlichen Gesichter der Leutnants und die zerfurchten der Deckoffiziere. Der machtige Grubb neben Yeo, dem Bootsmann; und am Heck-Neunpfunder lehnte ein streng aussehender alterer Mann — Stuckmeister Corbyn, wie er sich zu erinnern glaubte.

Hinter den scharlachroten Rocken der Marine-Infanteristen verschwand der unordentliche Haufe der Midshipmen beinahe; acht oder neun waren anwesend. Edgar Mewse, der Zahlmeister, und der Schiffsarzt Shacklock hielten sich ein wenig abseits.

«Alle anwesend, Sir«, meldete Gilchrist,»au?er Mr. Kipling, dem Vierten Offizier, und Mr. Midshipman Blenkarne — beide auf Wache.«»Danke.»

Herrick rausperte sich und legte seinen Hut auf den Tisch.

«Nehmen Sie Platz, Gentlemen«, nickte Bolitho.»Ich werde mich so kurz wie moglich fassen.»

Gelassen sah er zu, wie sie sich auf Stuhlen und Seekisten drangten; die Dienstaltesten bekamen die bequemsten Platze, und fur die Midshipmen blieben als Sitz nur die nackten Planken.

«Der Flaggkapitan wird Ihnen bereits angedeutet haben, was wir beabsichtigen«, begann Bolitho.»Kurz gesagt: wir werden ubermorgen beim ersten Tageslicht die Kuste ansegeln, moglichst viele feindliche Schiffe kapern und die ubrigen vernichten.»

Er sah, wie zwei Midshipmen einander vergnugt in die Seite stie?en. Den einen kannte er: es war Saxby, und sein zahnluckiges Grinsen war so breit, als hatte man ihm soeben einen Monat Urlaub bei vollem Sold versprochen.

«Wenn der Wind ungunstig ist, halten wir uns von der Kuste frei und variieren den Plan entsprechend. «Er warf einen Blick auf Grubbs wettergegerbtes Gesicht.»Aber der Master hat mir volle Unterstutzung der hoheren Autoritat, als meine es ist, versprochen.»

Sie lachten, und es gab allerlei Scherze auf Kosten Grubbs. Der verzog keine Miene, doch offensichtlich hatte ihn diese Bemerkung gefreut. Bolitho wu?te auch, da? Herrick ihn standig beobachtete. Nur er begriff, wie schwer es Bolitho fiel, den versammelten Offizieren zu zeigen, da? ihr Kommodore sich von seinem tiefen privaten Kummer nicht ablenken lie?.

Bolitho hatte schon manch guten Freund auf See verloren. Keine Freundschaft war fester als die, welche in dem harten, das Au?erste fordernden Leben an Bord eines Kriegsschiffes entstand. Das Meer, Krankheiten, Entersabel oder Kanonen hatten manches vertraute Gesicht ausgeloscht. Kein Wunder, da? die Manner uber Pascoes Abwesenheit zur Tagesordnung ubergingen. Nur wenige von ihnen dienten lange genug gemeinsam, um den Schmerz eines solchen Verlustes zu ermessen.

Er merkte, da? sie still geworden waren; er mu?te eine ganze

Weile stumm dagestanden haben. Fast heftig fuhr er fort:»Um so viel Verwirrung wie moglich zu stiften, geht die Marine-Infanterie im Schutz der Dunkelheit an Land.»

Sein Blick suchte Major Leroux, der steif aufgerichtet neben seinem Leutnant sa?. Er hatte mit Leroux bisher nur dienstlich zu tun gehabt, aber der Mann hatte ihm Eindruck gemacht. Die seemannische Besatzung, Matrosen wie Offiziere, hegte eine Geringschatzung gegenuber der Marine — Infanterie, den» Bullen«, die schwer zu uberwinden war. Ihr sturer Drill und die formale Disziplin pa?ten nicht zu der munteren und lassigen Art der Seeleute. Bolitho selbst hatte schon mit vielen Offizieren der Marine — Infanterie zu tun gehabt; und obwohl er bald ihre Loyalitat und Kampftuchtigkeit schatzengelernt hatte, war ihm doch selten einer mit viel Eigeninitiative begegnet. Leutnant Nepean von der Marine-Infanterie war zum Beispiel so ein typischer Fall: untadelig im Au?eren und jederzeit dienstbereit, doch sah man schon an seinen stumpfen Augen, da? er lieber nach Befehl handelte, als selbst Entscheidungen traf.

Nur Major Jermyn Leroux war anders. Gro?, schlank, breitschultrig, wirkte er trotz seiner militarischen Haltung eher wie ein Intellektueller. Bolitho hatte sich einmal auf dem Achterdeck mit ihm uber Rekrutierung und Ausbildung seiner Soldaten unterhalten; niemals war Leroux dabei angeberisch geworden oder hatte Aussagen gemacht, die er nicht beweisen konnte.

«Ich werde die Einzelheiten morgen mit Ihnen besprechen, Major«, sagte er.

Leroux nickte. Er hatte stille, beinahe melancholische Augen und sah aus wie jemand, der sich fehl am Platze fuhlt.»Abgesehen von Kranken und anderweitig Dienstunfahigen«, erwiderte er,»kann ich neunzig Mann stellen.»

«Das reicht. «Bolitho wandte sich an Herrick.»Drehbassen in die Boote, dazu Wurfanker fur den Fall, da? wir Befestigungen sturmen mussen. «Er wartete keine Kommentare ab, sondern fuhr gleich fort:»Als Captain Javal den Schoner nahm, mu?te das moglichst leise geschehen. Diesmal will ich, da? unser Kampfverband viel gro?er wirkt, als er tatsachlich ist.»

Einer der Achtzehnpfunder, mit denen man in der Offiziersmesse leben mu?te, quietschte ein bi?chen auf seiner Lafette, denn die Lysander bohrte soeben ihren plumpen Bug in ein Wellental. Gedampfte Rufe an Deck, das Knarren des Ruderblattes unterm Heck verrieten, da? der Kurs korrigiert wurde.

«Wir haben diesmal«, fuhr Bolitho fort,»au?ergewohnlich viel Handlungsfreiheit. Wir durfen keine Gelegenheit versaumen, Informationen uber die Absichten des Feindes zu sammeln und seine Abschirmung nach Moglichkeit zunichte zu machen. «Er sah Herrick an.»Noch Fragen?»

Gilchrist stand auf. Sein Gesicht lag zum Teil im Schatten eines Decksbalkens.»Sind denn keine Seeleute bei der Landeabteilung,

Sir?»

«Nur die unbedingt notigen«, erwiderte Bolitho so ruhig er konnte.»Die Bucht, die wir ansegeln mussen, ist vielleicht gut verteidigt. Sicherlich wird so etwas wie eine Kustenbatterie vorhanden sein, wenn auch nur eine leichte. Captain Herrick braucht jeden verfugbaren Mann an Brassen und Geschutzen, das kann ich Ihnen versichern.»

Die Erinnerung an den bevorstehenden Kampf verursachte eine Unruhe in der Messe wie der Wind im Kornfeld. Aber Gilchrist blieb hartnackig; seine knochige Gestalt schwankte leicht mit dem sich neigenden Deck.»Major Leroux wird also den Oberbefehl haben?«fragte er.

«Nein, Mr. Gilchrist. «Bolitho spurte, wie Herrick neben ihm erstarrte.»Den ubernehme ich.»

Gilchrist deutete ein Achselzucken an.»Ziemliches Risiko, Sir. «Er blickte die anderen Offiziere an wie jemand, der wei?, da? er das Publikum hinter sich hat.»Wir alle bedauern Mr. Pascoes, ah, Abwesenheit. Da? Sie weiteres Unheil in Ihrer Familie riskieren wollen…»

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