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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 2


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Plotzlich offnete sich die unterste Reihe der Stuckpforten in der abgeschragten Bordwand der Osiris, und die schwarzen Rohre der Zweiunddrei?igpfunder glitten gleichzeitig in das schwachliche Sonnenlicht. Prazise wie stets.

Herrick bekam einen Schreck. Farquhar lie? sich den ehrgeizigen Kopf nie von dummen Erinnerungen oder Abneigungen vernebeln. Er scherte sich nur um das, was ihm gerade am wichtigsten war, und jetzt hie? das: einen guten Eindruck beim Kommodore zu machen. Nur war dieser Kommodore ausgerechnet Richard Bolitho, ein Mann, der Herrick teurer war als jeder andere lebende Mensch. Farquhar jedoch hatte sich auch vom Teufel personlich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Zu allem Ungluck erklang erst jetzt die Stimme des Midshipman der Wache:»Boot legt von der Mole ab, Sir!»

Herrick leckte sich die Lippen. Sie waren trocken wie Asche.»Schon, Mr. Saxby. Mein Kompliment an den Ersten Offizier, und er kann jetzt zur Begru?ung antreten lassen.»

Richard Bolitho schritt zum Heckfenster seiner geraumigen Tageskajute und sah zu den anderen Schiffen hinuber. So folgenreich das Ereignis auch war, da? er zum erstenmal an Bord seines eigenen Flaggschiffs feierlich empfangen worden war — er konnte seinen Ubermut kaum zugeln. Wie Wein und Gelachter sprudelte es in ihm, und nur mit letzter Kraft wahrte er die Form.

Er wandte sich um: da stand Herrick neben der Tur und sah ihn an. Ein paar Matrosen stellten sorgfaltig allerlei Kasten und Kisten auf, die aus dem Boot an Bord gehievt worden waren; irgendwo schimpfte Allday, sein Bootsfuhrer, mit jemandem, der nicht aufgepa?t hatte.

«Danke, Thomas, das war ein schoner Empfang.»

Bolitho schritt uber die schwarz-wei?en Karos des Fu?bodenbelags auf Herrick zu und ergriff dessen Hand. Oben horte er das Getrampel der abruckenden Marine-Infanterie und die sonstigen wohlbekannten Gerausche des Borddienstes.

Herrick lachelte verlegen und deutete auf das Gepack.»Danke, Sir. Ich hoffe, Sie haben alles mitgebracht, was Sie brauchen. Es wird wohl eine ziemlich lange Fahrt werden.»

Bolitho musterte ihn nachdenklich. Herricks untersetzte Gestalt, sein schlichtes, volles Gesicht und die leuchtendblauen Augen waren ihm fast so vertraut wie die Alldays. Aber irgendwie kam ihm Herrick verandert vor. Es war nur vier Monate her, und doch..

Was hatte sich alles ereignet, seit sie zusammen auf der Admiralitat gewesen waren! Die zahlreichen Unterredungen mit Mannern, die so viel ranghoher und machtiger waren als er, da? es ihn immer noch verbluffte, was eine Beforderung wie die seinige bewirken konnte. Jedesmal, wenn er die Befurchtung au?erte, die Ausrustung seines neuen Flaggschiffs ginge nicht schnell genug voran, hatte er ihnen angesehen, da? sie sich leise uber ihn amusierten.

Sir George Beauchamp, der Admiral, der seine Beforderung ausgesprochen hatte, druckte es schlie?lich so aus:»Diese Details mussen Sie jetzt vergessen, Bolitho. Um das Schiff kummert sich sein Kommandant, Sie haben Wichtigeres zu tun.»

Schlie?lich war Bolitho mit einer schnellen Fregatte nach Gibraltar gesegelt. In der Tejomundung hatten sie Station gemacht, weil er Depeschen fur das Flaggschiff der Blockadeflotte brachte. Dort war er vom Admiral, dem Earl of St. Vincent, empfangen worden, der diesen Titel nach seinem gro?en Sieg vor elf Monaten erhalten hatte. Der Admiral, den manche seiner Untergebenen immer noch liebevoll» Old Jarvy «nannten (aber nur, wenn er es nicht horte), hatte ihn munter begru?t.

«Also, Sie haben jetzt Ihre Befehle«, hatte er gesagt.»Sehen Sie zu, da? Sie sie ausfuhren! Seit Monaten wissen wir nicht mehr, was die Franzosen vorhaben. Unsere Agenten in den Kanalhafen berichten lediglich, da? Bonaparte mehrmals an der Kuste gewesen ist, um Plane fur eine Invasion Englands auszuarbeiten. «Ein kurzes, trockenes Auflachen, typisch fur ihn.»Aber was ich ihm bei Kap St. Vincent zu schlucken gegeben habe, wird ihn wohl gelehrt haben, zur See ein bi?chen vorsichtiger zu manovrieren. Bonaparte ist ein Landmensch. Ein Planer. Unglucklicherweise haben wir niemanden, der ihm gewachsen ist. Zu Lande, meine ich.»

Im Ruckblick fand Bolitho es erstaunlich, was der Admiral in dieser kurzen Unterredung alles klargestellt hatte. Fast pausenlos war er auf See gewesen, und doch besa? er uber die Lage sowohl in den heimischen Gewassern wie auch im Mittelmeer einen besseren Uberblick als mancher von der Admiralitat.

Beim Auf- und Abgehen auf dem Achterdeck hatte der Admiral gelassen gesagt:»Beauchamp ist der Richtige, um so ein Unternehmen zu planen. Aber zur Ausfuhrung sind erfahrene Seeoffiziere notig. Dank Ihrer vorjahrigen Aktionen im Mittelmeer wissen wir einiges mehr uber die Absichten der Franzosen. Broughton, Ihr damaliger Admiral, hat vielleicht die wahre Bedeutung erst begriffen, als es zu spat war. Zu spat fur ihn, meine ich. «Dabei hatte er Bolitho grimmig angestarrt.»Wir mussen wissen, ob es sich lohnt, wieder eine Flotte in diese Gewasser zu schicken. Wenn wir aber unsere Geschwader sinnlos aufsplittern, werden die Franzosen unsere Schwachen bald ausnutzen. Ihre Order sagt Ihnen nur, was Sie zu tun haben. Wie Sie es machen, konnen nur Sie entscheiden. «Wieder dieses trockene Auflachen.»Ich wollte eigentlich Nelson dafur, aber der ist nach dem Verlust seines Armes noch zu geschwacht. Beauchamp hat Sie ausgesucht, damit Sie Bonaparte am Bauch kitzeln. Um unser aller willen hoffe ich, da? er eine gute Wahl getroffen hat.»

Und nun, nach all diesen Besprechungen, dem Wuhlen in Agentenberichten, dem Sondieren, was von den zahllosen Vermutungen uber Absichten und Motive des Feindes wirklich wichtig war, befand sich Bolitho endlich an Bord seines Flaggschiffes. Jenseits der dicken Fensterscheiben lagen andere Schiffe, die ihm samtlich durch den breiten, gespaltenen Wimpel verbunden waren, der im Masttopp flatterte, seit er unter dem Knallen der prasentierten Musketen, dem Spiel der Pfeifen und Trommeln an Bord geklettert war.

Immer noch konnte er es nicht glauben. Er war doch derselbe wie vorher: voller Ungeduld, mit seinem neuen Schiff in See zu gehen.

Aber der Unterschied wurde bald uberall deutlich werden. Als sein Erster Offizier hatte Herrick bisher zwischen Kommandant und Mannschaft gestanden, Bindeglied und Schranke zugleich. Jetzt, als Flaggkapitan, stand Herrick zwischen ihm und den anderen Offizieren, zwischen dem kleinen Geschwader und jedem einzelnen Mann auf jedem einzelnen Schiff: funf Schiffe mit insgesamt uber zweitausend Mann. Daran zeigte sich die Bedeutung seiner Stellung als Geschwaderkommodore und die gestiegene Aufgabe Herricks.

«Was macht der junge Adam Pascoe?«fragte Bolitho.»Ich habe ihn beim Anbordkommen nicht gesehen. «Schon als er fragte, sah er, da? Herrick plotzlich ein Dienstgesicht bekam.

«Ich wollte es Ihnen gerade erzahlen, Sir. Er liegt im Krankenrevier. Ein kleiner Zwischenfall, aber Gott sei Dank nichts Ernstes.»

«Die Wahrheit, Thomas!«verlangte Bolitho.»Ist mein Neffe krank?»

Herrick sah auf, seine blauen Augen blitzten auf einmal argerlich.»Ein dummer Streit mit dem Sechsten Offizier der Osiris, Sir, der ihn irgendwie beleidigte. Sie hatten beide dienstlich an Land zu tun, und bei der Gelegenheit trugen sie die Sache aus.»

Bolitho zwang sich, langsam ans Heckfenster zu treten und die Wasserwirbel am Ruder zu betrachten.

«Ein Duell?»

Schon beim blo?en Klang des Wortes wurde ihm ubel. Zum Verzweifeln war das! Sollte Adam nach seinem Vater Hugh Bolitho schlagen? Nur das nicht!

«Reiner Ubermut wahrscheinlich«, antwortete Herrick, aber es klang nicht sehr uberzeugt.»Jedenfalls ist keiner ernstlich verletzt. Immerhin hat der andere wohl mehr abbekommen als Adam.»

Bolitho wandte sich um.»Ich will ihn sofort sprechen«, sagte er leise.

Herrick schluckte.»Mit Ihrer Erlaubnis, Sir, mochte ich die Sache selbst regeln.»

Bolitho spurte, da? sich eine gro?e Kluft zwischen ihn und seinem Freund auftat. Langsam nickte er.

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