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Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 74


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Auf dem Oberdeck stand kein Mensch mehr; achtern, vorn und auf den Laufgangen hauften sich gebrochene Spieren, Stage und Wanten. Uberall wallte Rauch auf. Unter den Trummern schrien Menschen nach Hilfe, riefen Namen, fluchten Sinnloses.

«Der Besan kommt jeden Moment von oben, Sir«, keuchte All-day mit letzter Kraft.»Er hangt nur noch an den Wanten!»

Durch das Getose der fallenden Spieren und brullenden Menschen horte Bolitho fernes Hurrarufen: das Siegesgeschrei der Franzosen.

Farquhar stie? Pascoe zuruck und wankte zu den zerrissenen Webleinen. Seine Uniform hing in Fetzen, mehrere Holzsplitter staken wie Pfeile in seinen Schultern. Blut aus seiner Brustwunde bezeichnete seinen Weg zum Schanzkleid; als Bolitho ihn endlich auffing, waren seine Augen fast geschlossen.

«Haben wir die Flagge gestrichen, Sir?«keuchte er.

Bolitho hielt ihn fest im Arm, auch Pascoe kam herbei. Den Mast mit Wimpel, Stagen und Wanten hatte eine Breitseite weggefegt.

«Nein, das haben wir nicht.»

Mit weitgeoffneten Augen sah Farquhar ihn an.»Das ist gut, Sir. Tut mir leid, da?…«Offenbar uberwaltigte ihn eine neue Schmerzwelle, dennoch stie? er wutend hervor:»Probyn soll in der Holle faulen — er hat uns auf dem Gewissen!»

Bolitho stutzte Farquhar. Pascoe beobachtete dessen Gesicht, als konne er darauf die Antwort auf alle seine Fragen ablesen.

Undeutlich murmelte Fraquhar:»Lassen Sie mich, Sir. Ich kann schon wieder allein stehen. Dieser Idiot von Outhwaite soll. «Ein letzter Schimmer von Bewu?tsein blitzte in seinen Augen auf und erstarrte.

Der Zweite Offizier stolperte durch den Rauch, blieb aber reglos stehen, als Bolitho sagte:»Hier, halten Sie Ihren Kommandanten, Mr. Guthrie. «Er wandte den Blick ab.»Sir Charles Farquhar ist tot.»

XVI Der Kommandantenbericht

«Nur die Verwundeten in die Boote!»

Bolitho war bereits heiser, weil er den Kanonendonner uberschreien mu?te. Von einigen Transportern kam Geschutzfeuer durch den Rauch; freilich mu?ten die Kugeln meist die eigenen Schiffe treffen, denn die Ordnung auf der Reede hatte sich aufgelost. Unbeschreibliche Panik herrschte dort; drei Schiffe brannten lichterloh, ihre Trossen waren gekappt oder verbrannt, sie trieben zwischen die anderen.

Bolitho hatte keine Ahnung, wie viele Kanonen auf der Osiris noch feuerten, denn in der unteren Batterie waren nur noch wenige Geschutze bemannt; unmoglich, den Rucksto? eines Zweiunddrei-?igpfunders vom Einschlag einer feindlichen Kugel zu untersche i-den.

Er blickte von der Laufbrucke hinunter; direkt unter ihm lagen die Boote, bereits uberfullt mit Verwundeten; andere klammerten sich noch an die Bordwand oder trieben im Wasser ab, weil sie nicht schwimmen konnten oder zu erschopft waren. Manche kletterten vom Schiff an Tauen uber Bord — Seesoldaten, Matrosen, Kufer, Segelmacher; hier und da versuchte ein Offizier, Ordnung zu schaffen.

Pascoe kam herbeigerannt.»Was jetzt, Sir?»

Bolitho antwortete nicht direkt.»Schau dir das da unten gut an, Adam. So sieht eine Niederlage aus. So stinkt sie. «Er wandte sich ab.»Gib durch: Feuer einstellen. Das Schiff kann jeden Moment in Brand geraten, wenn eins von diesen Wracks dagegentreibt.»

Wieder ein heftiges Krachen: endlich, von den letzten Wanten befreit, sturzte der Besanmast uber Bord und stak in der Sandbank wie ein riesiges Seezeichen.

Bolitho tat ein paar Schritte uber Deck, blieb mit den Schuhen in Splittern und dem gro?en schiefen Ri? hangen, wo die Franzosen mit ihrem Volltreffer das Ruder zerstort hatten.

Ein paar Manner rannten vorbei, ohne ihn auch nur anzusehen. Wohin sie rannten, und was sie da sollten, wu?ten sie wahrscheinlich gar nicht.

Rauch rollte das Deck entlang und wirbelte durch die Locher in den Planken hoch. Es war, als gehe man durch die Holle. Tote rechts und links, Waffen, allerlei personliche Gegenstande lagen herum, wo sie wahrend der Schlacht hingeworfen worden waren. Ein Marine-Infanterist starrte in den Himmel, Kopf und Schultern im Scho? eines Kameraden. Sein bester Freund vielleicht. Aber auch er war tot, von einem Eisensplitter getroffen, wahrend er seinen Freund sterben sah.

Der tote Farquhar war nicht mehr an Deck. Sie hatten ihn wohl gleich nach unten geschafft, in die zerstorte Kajute mit ihrer einst so eleganten Einrichtung.

Unter der Kampanje tauchte eine kleine Gestalt auf: Midshipman Breen, der Bolitho anstarrte, aber uberhaupt nicht zu erkennen schien.»Gehen Sie mit Mr. Pascoe«, sagte Bolitho,»und seien Sie vorsichtig.»

Der Junge nickte und brach in Tranen aus.»Ich bin weggelaufen, Sir. Ich bin weggelaufen!».

Bolitho legte ihm die Hand auf die Schulter.»Viele erwachsene Manner haben das heute getan, Mr. Breen. Hier konnten Sie doch nicht mehr helfen.»

Pascoe kam mit dem Zweiten Offizier, der totenbleich und vollig erschopft aussah.

«Die Boote sind voll, Sir.»

Er zuckte zusammen, denn eine Kugel flog an ihm vorbei und schlug hinter ihm in etwas Festes im Rauch, der so dicht war, da? von dem anderen Schiff uberhaupt nichts zu sehen war.

Langsam und eingehend sah sich Bolitho auf dem verlassenen Deck um. Unter diesem ungeheuren Gewirr von Tauwerk und Holztrummern lagen bestimmt noch viele Manner eingeklemmt, horchten, warteten, hofften auf Hilfe.

«Ja«, sagte er dann,»sagen Sie durch: Alle Mann von Bord! Wir setzen die Verwundeten an der Kuste ab. «Er blickte Pascoe bedauernd an.»Tut mir leid um dich, Adam. Zweimal gefangen in so kurzer Zeit.»

Pascoe zuckte die Achseln.»Wenigstens sind wir diesmal zusammen, Onkel.»

Allday, der sich mit seinem verwundeten Arm beschaftigt hatte, stie? plotzlich von der Reling ab und sagte: «Horen Sie!»

Uberrascht sahen sie ihn an; Bolitho legte ihm den Arm um die Schulter — er machte sich Vorwurfe, da? er sich in seiner Verzweiflung nicht um Allday gekummert hatte.

Breen rieb sich die Augen mit den Handknocheln und sagte:»Ich hore es auch!«Ergriff nach Alldays Hand.»Ich hor's tatsachlich!»

Bolitho schritt uber die geborstenen Planken und horchte auf das lauter werdende Hurrageschrei. Es wurde von unregelma?igen Kanonenschussen unterbrochen, denen eine viel lautere und starkere Breitseite folgte. Dann stieg das Hurrarufen wieder auf, lauter und wilder, wie mit einer einzigen machtigen Stimme.

«Das sind keine Franzosen«, sagte Allday heiser.

«Hurra!»

Wieder rollte Rauch auf die gestrandete Osiris zu, doch eine neue Breitseite ri? ihn auseinander.»Die Buzzard«, mutma?te Pascoe.

«Ach wo«, sagte Allday mit einem Blick auf Bolitho.»Horen Sie nicht, Sir?»

«Ja. «Bolitho steckte den Degen in die Scheide, ohne zu wissen, warum.»Eine so starke Besatzung hat keine Fregatte.»

Der Zweite Offizier lie? den Kopf sinken.»Diese verfluchte Ni-cator! Jetzt kommt sie endlich — viel zu spat, um uns zu retten.»

Sonne stach durch den Rauch; Bolitho sah Flammen auflodern und horte das Prasseln brennenden Holzes. Ein entmasteter Rumpf, verlassen, aufgegeben, lag knapp funfzig Yards achteraus. Doch als der Rauch hochwirbelte, starrte er auf ein Schiff, das eben jetzt wieder eine Breitseite auf ein unsichtbares Ziel in Lee feuerte.

Da war kein Zweifel moglich: die Lysander segelte an den versprengten Transportern vorbei und feuerte auf sie. Und die Batterien ihrer anderen Bordseite schossen offensichtlich auf den franzosischen Vierundsiebziger; daher die ersten Hurrarufe und die vollen Breitseiten.

Bolitho sah das alles und nahm es in sein Bewu?tsein auf, aber den Sinn begriff er nicht.

Nur eins zahlte: die Lysander! Thomas Herrick war da. Es war ein phantastischer Glucksfall, fast ein Mirakel. Er war in die Nordpassage eingelaufen und hatte aus dem Ankerplatz der Franzosen eine Abwrackwerft gemacht!

Pascoe sagte:»Aber jetzt ist es, glaube ich, die Buzzard, Sir. «Seine Augen gluhten, er atmete heftig vor Erregung.»Ja, das ist sie. Und ihre Segel sind so zerlochert, da? sie kaum noch Fahrt macht!»

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