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Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander - Страница 58


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Leutnant Speke wandte sich ihm beflissen zu.»Verzeihung, Sir?»

Bolitho hatte nicht bemerkt, da? er ihren Namen laut ausgesprochen hatte.»Nichts, Mr. Speke.»

Herrick, der ihn ebenfalls gehort hatte, wandte sich ab, um ein Lacheln zu verbergen und dem Schicksal zu danken, das Bolitho ein so unerwartetes Gluck geschenkt hatte.

Der alte Grubb bemerkte indessen nichts von alledem. Er schnaubte sich gerauschvoll die Nase und brummte:»Schoner Wind. Wie ich's vorausgesagt habe. Lauft alles bestens.»

Druben, auf dem gischtuberspruhten Festungswall, rief Dulcie Herrick:»Kommen Sie herunter, meine Liebe, Sie erkalten sich sonst noch auf den Tod!»

Sie hatte selber das heftige Verlangen gehabt, dem Schiff zuzuwinken, als es Segel setzte und majestatisch Fahrt aufnahm, aber aus ihrer erst kurzen Erfahrung wu?te sie, da? die Manner an Bord in diesem Augenblick alle Hande voll zu tun hatten und nur wenig Mu?e, an die Zuruckbleibenden zu denken.

Die junge Frau drehte sich um und schaute zu ihr herunter. In ihren braunen Augen standen Tranen.»Haben Sie die Matrosen singen gehort?»

«Ja, einen Shanty. Das ruhrt auch mich immer, und heute ganz besonders.»

Belinda stieg die Steinstufen herunter und hakte sich bei Dulcie ein.

«Es gibt noch so vieles, was ich wissen mochte, uber ihn und seine Welt. «Sie druckte den Arm ihrer Begleiterin und setzte hinzu:»Ich war ja so dumm, Dulcie. Beinahe hatte ich ihn verloren.»

Die Tage, die der Ruckkehr der Benbow zum Geschwader folgten, waren lediglich durch ihre Ereignislosigkeit und Eintonigkeit bemerkenswert. Als die Tage sich zu Wochen dehnten und Bolithos von Wind und Wetter mitgenommenen Schiffe immer wieder ihre endlosen Patrouillenkurse segelten, schien es vielen von ihnen, als waren sie die einzigen Lebewesen weit und breit und von der ubrigen Welt vollig vergessen.

Sogar die Korvette und die flinke Fregatte fanden wenig Meldens-wertes. Nichts bewegte sich am Eingang zur Ostsee, weder hinein noch heraus, und nur indem sie ihre Besatzungen standig beschaftigten und mit Wettbewerben anspornten, konnten die Kommandanten die Disziplin an Bord aufrechterhalten.

Bolitho entlie? jeweils ein Schiff zu einem kurzen Besuch im Heimathafen. Wenn wieder eines das kleine Geschwader verlie?, begannen die ubrigen, die Tage bis zu seiner Ruckkehr und ihrer eigenen Ablosung zu zahlen.

Relentless hatte als die gro?ere der beiden Fregatten um Skagen herum und ins Kattegatt hinein aufzuklaren. Sobald sie Kontakt mit dem Flaggschiff hatte, was selten genug und meist nur uber die Styx oder die Korvette Lookout moglich war, fragte sich Bolitho, wie es wohl seinem Neffen ging, und ob er noch immer uber das Duell und den Anla? dazu nachgrubelte.

Das letzte Schiff, das von seiner kurzen Ruhepause in einem englischen Hafen zuruckkehrte, war Kapitan Inchs Vierundsechziger Odin. Als Bolitho vom Achterdeck beobachtete, wie der Zweidecker sich dem Geschwader naherte, hatte er das unbestimmte Gefuhl, da? dies einstweilen der letzte Urlauber gewesen war. Es uberraschte ihn daher nicht, als er Oughton, den neu ernannten Leutnant, rufen horte:»Signal von Odin, Sir. Kommandant bittet, zu Ihnen an Bord kommen zu durfen.»

Herrick trat an Bolithos Seite.»Da bin ich aber neugierig, was er uns fur Neuigkeiten bringt, Sir!»

Bolitho betrachtete einige wachfreie Matrosen auf der LuvLaufbrucke. Sie waren inzwischen so abgehartet, da? die meisten mit nackten Armen und einige sogar barfu? dastanden. Auch sie waren begierig auf Neuigkeiten: ob die Blockade abgeblasen wurde, ob der Krieg zu Ende war, ob die Franzosen gelandet waren.

Bolitho sagte:»Was er uns auch bringt, Thomas, Inch kann offenbar kaum abwarten, es uns mitzuteilen. Wenn er noch mehr Tuch gesetzt hatte, wurde er sich die Masten absegeln.»

Beide lachelten. Inch hatte noch nie einen besonderen Ruf als Seemann gehabt. Aber sein Mut und seine unbedingte Treue machten das — und vieles mehr — wieder weit.

Die Odin hatte inzwischen bereits in den Wind gedreht, und ihre

Stagsegel schlugen wild, als Inch durch Backbrassen des Vortopps die Fahrt aus dem Schiff nahm.

Wolfe sagte:»Ein Boot ist zu Wasser, Sir. «Er warf dem nachststehenden Bootsmannsmaaten einen Blick zu.»Fallreepsgaste auf Station!»

Herrick murmelte:»Hoffentlich bringt er was Vernunftiges. Wir haben jetzt Marz und sind einer Losung nicht naher als im letzten September, als wir Spithead verlie?en. «Er lie? den Blick uber sein Schiff schweifen und setzte hinzu:»Aber wir haben uns immerhin einen Namen gemacht.»

Inch kletterte durch die Fallreepspforte. Sein Hut sa? schief, und sein Pferdegesicht war zunachst den Fallreepsgasten und den salutierenden Seesoldaten zugewandt. Dann sah er Bolitho und Herrick und lief fast auf sie zu. Bolitho lachelte.»Sachte, die Leute denken sonst, wir mussen fluchten.»

Inch lie? es zu, da? er erst nach achtern in die Kajute gefuhrt wurde, bevor er berichten konnte.»Wir ziehen eine gro?e Flotte zusammen, Sir. Den Oberbefehl hat Admiral Sir Hyde Parker. Er soll in den Ore-Sund vorsto?en und Kopenhagen angreifen.»

Bolitho nickte. So etwas Ahnliches hatte Beauchamp angedeutet. Nach der Atempause, die das Eis in der Ostsee den zerstreuten Kraften der Marine gewahrt hatte, wurde es jetzt bald Zeit zum Handeln. Bevor Zar Paul die Streitkrafte der Schweden, Danen und Preu?en mit seinen eigenen zu einem Generalangriff gegen England vereinigen konnte, war es dringend erforderlich, die schwachste Macht, und das war zweifellos Danemark, durch einen kraftigen Schlag zu beeindruk-ken.

Bolitho empfand deswegen keinerlei Genugtuung. Er erinnerte sich an die mit gruner Patina bedeckten Kirchturme, die freundlichen Menschen und die eleganten Gebaude der Stadt.

Herrick fragte:»Wer ist Hyde Parkers Unterbefehlshaber?»

Inch schien verwirrt.»Das verstehe ich nicht: Vizeadmiral Nelson.»

Herrick schlug die Hande zusammen.»Typisch! Nelson, dem seine Leute bis in die Holle folgen wurden, wenn er es verlangte, mu? unter Hyde Parker dienen.»

Bolitho sagte nichts dazu, wu?te aber, was Herrick meinte. Man hatte also den Volkshelden Nelson nahezu dafur bestraft, da? er gesiegt hatte. Hyde Parker war zwanzig Jahre alter als Nelson und sehr reich.

Das war aber auch schon alles, was Bolitho uber ihn wu?te. Und da? er eine junge Frau hatte, die gut seine Tochter hatte sein konnen und in der Flotte ziemlich respektlos >Batter-Pudding< genannt wurde.

Inch zog einen langlichen Umschlag aus der Innentasche seines Uniformrocks und ubergab ihn Bolitho.

«Die Befehle, Sir. «Er schluckte ein paarmal, und seine Blicke schienen das schutzende Siegel durchdringen zu wollen.»Jedenfalls der Teil, der uns betrifft.»

Herrick nahm das Stichwort auf.»Kommen Sie mit in meine Kajute, Francis. Wir wollen zusammen ein Glaschen trinken, und dabei konnen Sie mir den neuesten Klatsch erzahlen.»

Bolitho setzte sich langsam und schlitzte den Umschlag auf.

Alles war sauber und peinlich genau dargelegt, und er horte fast Beauchamps trockenen Tonfall, als er die von ihm diktierte Liste der beteiligten Schiffe durchlas, darunter einige beruhmte Namen und viele, mit denen er schon mehrmals zusammengetroffen war. Wie auch mit ihren Kommandanten. Als Seekadetten, als Leutnants, spater als erfahrene Kapitane. Es war eine gewaltige Flotte, aber wenn man dem Feind Gelegenheit gab, seine Streitkrafte zu sammeln, wurde Hyde Parkers Linienschiffen — einschlie?lich des Geschwaders unter Bolitho — dennoch eine dreifache Ubermacht entgegenstehen.

Er versuchte sich zu erinnern, was er in Kopenhagen gesehen und gehort hatte: von Sperrschiffen und schwimmenden Batterien; von kleinen, mit Morsern oder Kanonen bestuckten Ruder- und Segelfahrzeugen. Ihm war klar, da? dies kein harmloser Scharmutzel werden wurde, keine blo?e Demonstration der Starke, um einen moglichen Angreifer abzuschrecken. Diesmal wurde es bitterer Ernst werden, und die Danen wurden mit gleicher Entschlossenheit antworten.

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