Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander - Страница 36
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Allday wurde wieder ernst.»Manchmal glaubt er, wieder auf der alten Styx zu sein. Dann gibt er dauernd Befehle. Aber sonst verhalt er sich ruhig.»
Mehr Geschrei oben an Deck und dann ein scharfes Uberholen des Schiffes. Bolitho lie? sich auf einer Seekiste nieder und stutzte sich mit dem Rucken gegen die Bordwand, als der Anker jetzt ausgebrochen wurde und die Ceres ihren Kampf um freien Seeraum aufnahm. Er bemerkte, da? Allday in einer Ecke alte Leinwand angehauft hatte, aber langst nicht genug, um die Handschellen und Fu?eisen zu verdecken, die mit Ketten und Ringbolzen an die Planken geschmiedet waren: wieder eine Mahnung, da? sie Gefangene waren und mit dem Schlimmsten zu rechnen hatten, falls sie sich aufsassig verhielten.
Allday richtete lauschend den Blick zur Decke.»Der Anker ist frei, Sir. Sie segeln hoch am Wind, schatze ich. «Scheinbar unzusammenhangend fugte er hinzu:»Es gibt reichlich zu trinken an Bord, Sir. Aber kein gutes Bier. «Angewidert rumpfte er die Nase.»Na ja, was kann man von denen auch erwarten?»
Bolitho blickte erst zu Neale, dann zu Browne hinuber. Beide waren eingeschlafen, wohlbehalten und sicher fur den Augenblick in ihrer ureigenen Welt.
Rund um sie stohnte und arbeitete das Schiff, jede Planke bis zum au?ersten beansprucht in diesem Duell mit dem Sturm, der die Kraft der Ruderganger und das Konnen des Kapitans zu verspotten schien. Ohne Pause donnerten die Seen gegen den Rumpf, und Bolitho konnte sich vorstellen, wie oben grunes Wasser uber das Schanzkleid einstieg, uber die Seitendecks rauschte und Unaufmerksame oder Ubermudete wie durre Blatter in die Speigatten wusch.
Er dachte auch an Belinda, an sein Haus zu Fu?en von Pendennis Castle, an Adam und seinen Freund Thomas Herrick. Wahrend er noch versuchte, ihre Gesichter vor seinem geistigen Auge heraufzubeschworen, fiel er in den tiefen Schlaf der Erschopfung.
Als er wieder zu sich kam, wurde er sich sofort einer Veranderung in seiner Umgebung bewu?t. Er begriff, da? er mehrere Stunden lang geschlafen haben mu?te, denn durch einen der Niedergange fiel fahles Tageslicht.
Allday sa? kerzengerade auf seiner Kiste, und auch Browne war wach, obwohl er sich noch die Augen rieb und gahnte.
Bolitho beugte sich vor und achtete genauer auf die Schiffsbewegungen. Was hatte ihn geweckt?
«Gehen Sie bitte zum Niedergang, Oliver«, wies er Browne an.»Und sagen Sie mir, ob Sie etwas Verdachtiges horen.»
Nervos erkundigte sich Allday:»Wir konnen doch nicht schon in Lorient sein, oder?»
«Nein. Bei diesem ablandigen Sturm und in so gefahrlichen Gewassern mussen sie den doppelten Weg zum Kreuzen zurucklegen.»
Browne umklammerte eine Niedergangsstufe fester, als von Deck oben eine Stimme zu ihnen herunterscholl: «En haut les gahiers! En haut pour ferler les huniers!»
Browne kam hastig zuruck, schrag nach vorn geneigt, um auf dem abschussigen Deck das Gleichgewicht zu halten.
«Sie haben die Toppsgasten nach oben befohlen, um die Bramsegel aufzugeien.»
Bolitho horte Getrappel uber sich, als die Freiwache auf Stationen rannte, entsprechend diesem letzten Befehl. Aber er sah keinen Sinn darin. Unterbemannt, hatte Allday gesagt. Warum dann die Freiwache um ihren kostbaren Schlaf bringen und ausgerechnet jetzt Segel reffen? Wenn er doch nur hatte sehen konnen, was da drau?en vorging!
Eine Laterne warf ihren gelben Schein auf die Niedergangstreppe, und Bolitho sah einen Leutnant mit zwei bewaffneten Decksoffizieren hastig zu ihnen kommen.
Der Leutnant war jung und offenbar sehr nervos. Aber seine beiden altgedienten Begleiter zierten sich nicht, lie?en die Eisen um Bolithos Hand- und Fu?gelenke schnappen und verfuhren ebenso mit Browne. Als sie sich auch Allday vornehmen wollten, schuttelte der Leutnant den Kopf und deutete auf Neale. Offenbar behielt Allday seine Bewegungsfreiheit, um den verwundeten Kapitan versorgen zu konnen.
Bolitho sah auf seine Fesseln nieder.»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte er.
Das Schiff legte sich noch starker uber, wahrend das Getose uber ihnen anwuchs: Stimmen uberschrien einander, Blocke quietschten gellend wie angestochene Schweine. Offenbar hatte der Kommandant ein Wendemanover versucht, aber nicht geschafft. Dies immerhin lie? sich aus der ganzen Aufregung schlie?en. Ohne die Bramsegel mu?te er… Plotzlich fuhr Bolitho in die Hohe, so weit seine Ketten das zulie?en.
Er begriff: Der franzosische Kommandant wollte ungesehen bleiben. Deshalb hatte er die obersten Segel wegnehmen lassen, damit sein Schiff von ferne gegen den tobenden Hintergrund der Brecher schlechter auszumachen war.
Wie zur Bestatigung seiner Uberlegungen horte Bolitho den Ruf von oben:» Tout le monde a son poste! Branlebas de combat!»
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Browne ihn an.»Sie machen klar zum Gefecht, Sir!»
Der Larm schwoll noch an, als die Besatzung die Trennwande und Hangematten abzuschlagen begann, als die Kanonen auf ihren Lafetten in eine Position rumpelten, in der sie besser geladen werden konnten.
Unglaubig starrten die Gefangenen im Orlop einander an.
Dann brach es aus Allday heraus:»Mein Gott, das mu? ein Uns-riger sein, Sir!»
Mit eingezogenen Kopfen rannten wieder schattenhafte Gestalten an ihnen vorbei. Laternen wurden angezundet und an die Decke gehangt, wo sie in gro?en Kreisen frei schwangen; weitere Kisten wurden herbeigezerrt und mitten auf dem Deck festgezurrt. Schwach schimmerten lange Schurzen im sparlichen Licht und eine funkelnde Batterie chirurgischer Instrumente, die Gehilfen des Schiffsarztes bereitlegten.
Niemand kummerte sich um die drei Manner im Schatten oder um den vierten auf seiner schwankenden Koje.
Wieder zerrte Bolitho an seinen Fesseln. Also stand ihnen das Schlimmste noch bevor. Von einem englischen Kriegsschiff besiegt, zusammen mit dieser Fregatte auf den Meeresgrund zu fahren, das schien ihm der furchtbarste aller denkbaren Tode.
Das Deck richtete sich etwas auf, ein Arztgehilfe lachte leise, aber ohne Humor. Selbst er mu?te wissen, da? das Schiff nur deshalb auf ebenerem Kiel lag, weil der Kommandant wieder mehr Segel hatte setzen lassen. Also hatte sein Versteckspiel nichts genutzt. Dem Schiff stand eine Gefecht bevor, in dem die Sanitater hier unten bald so viel zu tun bekommen wurden, da? sie sich um die Gefangenen nicht mehr kummern konnten.
Neale ri? die Augen auf und rief mit uberraschend klarer Stimme:»Wache! Holt den Schiffsprofos!«Aber niemand reagierte oder starrte Neale auch nur verwundert an.
Bolitho lehnte sich zuruck und rustete sich innerlich.»Allday!»
«Sir?»
«Mach dich bereit.»
Allday sah sich im schwach erleuchteten Krankenrevier um, konnte aber nirgends eine Waffe oder eine Axt entdecken. Trotzdem sagte er heiser:»Bin jederzeit bereit, Sir. Nur keine Sorge.»
Das Warten zerrte an den Nerven; ein Arztgehilfe rannte im Lichtkreis der Petroleumlampe auf und ab wie ein Tier im Kafig.
«Chargez toutes les piecesl»
Das war der Befehl zum Laden der Kanonen; als hatte er nur darauf gewartet, schritt der Arzt aus dem Krankenrevier hinuber zum Tisch unter den pendelnden Lampen.
Bolitho befeuchtete sich die trockenen Lippen und dachte sehnsuchtig an einen kuhlen Trunk.
Wieder einmal hatten andere daruber entschieden, was ihm die nachsten Stunden bringen wurden.
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