Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 44
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«Ich komme an Deck. «Bitter fugte Bolitho hinzu:»Einige, die uns von Land aus beobachten, mag es enttauschen, da? wir immer noch schwimmfahig sind.»
Daruber fielen ihm die beiden spanischen Kriegsschiffe ein, die offenbar Truppen auf einem Territorium an Land setzen wollten, das sie immer noch als ihr Eigentum betrachteten. Wenn Tyrrell es sich nicht in letzter Sekunde anders uberlegt hatte, ware den beiden das gro?e Schiff zu Hilfe gekommen, das jetzt am Fu?e eines karibischen Riffes lag.
Napier erbleichte plotzlich.»Ich — ich mu? um Vergebung bitten, Sir. Beinahe hatte ich's vergessen. Aber ein Postschiff aus England war da.»
Bolitho starrte ihn an.»Fahren Sie fort«, sagte er scharf.
Napier suchte in seinen Rocktaschen und holte schlie?lich einen Brief hervor.»Fur Sie, Sir. «Unter Bolithos Blicken schien er zu schrumpfen.
Keen sagte knapp:»Kommen Sie mit nach oben, Kapitanleutnant Napier, ich mu? uber die Reparaturen an meinem Schiff mit Ihnen sprechen…«Doch in der Tur blieb er noch einmal stehen und warf einen Blick auf Bolitho zuruck. Dieser hielt seinen Brief in beiden Handen und scheute sich offenbar, ihn zu offnen.
Als Keen sich abwandte, stie? er fast mit dem Flaggleutnant zusammen.»Warten Sie noch, Adam«, sagte er.»Ein Brief ist gekommen.»
Im halbdunklen Batteriedeck lehnte Allday an einem verschrammten Achtzehnpfunder und spahte durch die offene Stuckpforte nach der grunen Landzunge aus, die querab vorbeiglitt. Dort standen Leute, um das besudelte und verkruppelte Schiff vorbeisegeln zu sehen; aber keiner winkte.
Fur Allday war es ein Landfall wie andere auch. Er war schon in so vielen Hafen eingelaufen, da? sich ihr Bild in seiner Erinnerung verwischte. Seufzend gestand er sich ein, da? im Augenblick nur der Brief aus England zahlte. Als ware es gestern gewesen, stand ihm vor Augen, wie er sich mit Bolitho in die verungluckte Kutsche gezwangt und darin eine bildschone Frau gefunden hatte, die dem Tode naher schien als dem Leben. Sie sah Bolithos verstorbener erster Frau so ahnlich, da? er seinen Augen nicht traute.
Mit schiefgelegtem Kopf lauschte er nun dem Salut, den die Festungsbatterie fur sie scho?. Der richtige Willkommensgru?, dachte er, obwohl sie zu viele Kameraden an Bord hatten, die keinen einzigen Schu? mehr horen wurden.
Er richtete sich auf, als die Tur klappte und der Wachtposten Haltung annahm.
Bolitho zog den Kopf unter den niedrigen Decksbalken ein und gewahrte dann die wartende Gestalt.
Als er die besorgte Spannung in Alldays Gesicht sah, spurte er seine letzten Kraftreserven schwinden. Die Selbstbeherrschung, zu der er sich wahrend der Lekture des Briefes gezwungen hatte, die Verzweiflung, die seinen Blick getrubt hatte, all das zehrte jetzt an ihm.
Er hielt inne und lauschte dem Salut, der von Achates' Kanonen erwidert wurde. Dann griff er zu und druckte Alldays Hand.
Heiser fragte sein Bootsfuhrer:»Steht es gut, Sir?»
Noch einmal druckte Bolitho Alldays Hand. Es fugte sich ganz richtig, da? er in diesem Augenblick bei ihm war und somit als erster davon erfuhr.
«Wir haben eine gesunde Tochter, Allday.»
Keiner von beiden wu?te, wie lange sie so dastanden. Achates setzte zum letzten Kreuzschlag um die Landspitze an, auf dem Achterdeck intonierten die Pfeifer und Trommler einen munteren Marsch, aber Bolitho war im Geist ganz woanders.
Dann nickte Allday bedachtig; er kostete den Augenblick aus, von dem er wu?te, da? er ihm noch oft Gesprachsstoff liefern wurde, wenn er einst zum letztenmal den Fu? an Land gesetzt hatte.
«Und Mrs. Bolitho, Sir.»
«Geht es sehr gut. «Bolitho schritt ins Sonnenlicht hinaus.»Sie la?t dich gru?en. «Mit kraftvollen Schritten strebte er dem Achterdeck zu. Jetzt konnte er es mit allen aufnehmen. Konnte alles schaffen. Er sah sich nach Alldays breit grinsendem Gesicht um.»Au?erdem hofft sie, da? uns der Dienst in dieser Friedenszeit nicht zu langweilig wird.»
Allday hob den Blick zur zerschmetterten Besanrah, zu den Blutspuren und frischen Einschlagen, die das Schiff entstellten.
Und dann warf er — ungeachtet des feierlichen Augenblicks, des Saluts und des Flaggengru?es, den die Festung dem einlaufenden Kriegsschiff entbot — den Kopf in den Nacken und lachte lauthals.
Keen starrte erst ihn und dann Bolitho an.
Dem Sieger war also endlich sein Lohn zuteil geworden.
In Kapitan Valentin Keens Augen stand unverhohlene Uberraschung und Bewunderung, als er seinen Vorgesetzten anblickte. Seit Achates nach San Felipe zuruckgekehrt war, hatte es bei den Reparaturarbeiten, beim Ersetzen zerschossener Planken und Spieren keine Pause gegeben. Dabei war die Werft von Georgetown jammerlich ausgerustet, und au?erdem erschwerten Feindseligkeit und mangelnde Kooperationsbereitschaft jeden Handgriff.
English Harbour auf Antigua ware der einzige geeignete Platz fur eine so grundliche Uberholung gewesen, aber Keen hatte sich damit abfinden mussen, da? sein Schiff unter den primitivsten Umstanden wieder zusammengeflickt wurde. Denn sobald Achates die Insel sich selbst uberlie?, wurde unweigerlich eine Invasion von wem auch immer erfolgen, daran bestanden kaum Zweifel.
Keen wu?te am besten, wie wenig Bolitho sich geschont hatte. Er hatte zahllose Besuche an Land gemacht, auch beim ehemaligen Gouverneur Rivers, dem er die Ruckkehr in sein Haus erlaubt hatte, wo er jetzt unter Arrest stand. Keens Einspruch dagegen war vergeblich gewesen.
Jetzt, gegen Ende August, war die Hitze unertraglich geworden. Trotzdem mu?ten sie jeden Tag, sogar zu jeder Stunde, darauf gefa?t sein, da? die Ausguckposten des Forts die Annaherung spanischer — oder franzosischer — Schiffe meldeten; Achates blieb deshalb Tag und Nacht see- und gefechtsklar.
Am Vormittag war Electra nach Antigua ausgelaufen, mit Depeschen fur den Admiral, sollte er zuruckgekehrt sein, und mit anderen, dringlicheren, fur die Admiralitat in London. Diese Schreibarbeit und eine Menge anderer Dinge hatten Bolitho bis spat in die Nacht an seinem Schreibtisch festgehalten, und trotzdem schien er nie zu ermuden oder sich uber die Verzogerung und Quertreibereien durch die Inselbewohner zu argern.
Der Brief seiner Frau aus Falmouth gab ihm offenbar mehr Auftrieb, als hundert Siege es vermocht hatten.
Bolitho blickte von seinen Papieren auf, erleichtert daruber, da? Napier endlich mit seinen Ideen und Vorschlagen nach Antigua unterwegs war; wenn Sheaffe in der Admiralitat sie schlie?lich zu lesen bekam, war er festgelegt. Ob richtig oder falsch, seine Entscheidung war getroffen. Und genau davor hatte er sich bisher gescheut. Nun war er froh, sogar begierig, mit einer Freiheit zu handeln, die er sich bisher nicht gestattet hatte.
«Rivers sagt, da? er sich nicht einmischen wird. Spater sollen andere uber sein Schicksal entscheiden. «Bolitho fielen die tiefen Falten in Keens Gesicht auf, und er fugte mitfuhlend hinzu:»Ich wei?, da? Sie harte Tage hinter sich haben, Val.»
Keen zuckte mit den Schultern.»Mr. Quantock, der Master, Mr. Grace, der Zimmermann — alle sind sich ausnahmsweise einig: Wenn dieses Schiff vor der grundlichen Uberholung in einer Werft in ein Gefecht verwickelt wird, mu? es ernsthaften Schaden nehmen.»
Bolitho nickte.»Das ist mir klar. Au?erdem sind wir wegen unserer Verluste unterbemannt.»
«Ohne eine Unterstutzung durch andere Schiffe konnen wir uns kaum selbst verteidigen, Sir«, fuhr Keen fort.»Geschweige denn die ganze Insel.»
«Ich habe einen energischen Lagebericht verfa?t, Val.»
Bolitho beugte sich aus einem Heckfenster und holte tief Atem. Aber die Luft war drau?en genauso schal und hei?. Er wunschte sich, auf See zu sein, selbst eine Flaute dort ware ertraglicher gewesen als dieses untatige Warten. Einzig der Gedanke an Belindas Brief, den er am Ende jedes arbeitsreichen Tages las, munterte ihn etwas auf. Eine Tochter — er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie sie aussehen mochte. Belinda hatte von ihrer Liebe geschrieben, von ihren Hoffnungen, aber er konnte auch zwischen den Zeilen lesen. Offenbar war es eine schwere Geburt gewesen. Um so besser, wenn sie immer noch glaubte, da? er in diplomatischer, nicht in gefahrlicher Mission unterwegs war.
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