Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 56
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Bolitho schritt zu den offenen Heckfenstern. Das war es also. Eigentlich hatte er es voraussehen mussen. Allday ging nach wie vor leicht gekrummt, als hindere ihn die tiefe Wunde daran, sich aufzurichten.
Leise fuhr Allday fort:»Fur einen Admiral ware ich ein trauriger Bootsfuhrer, deshalb wollte ich.»
Bolitho unterbrach ihn.»Niemand, den ich kenne, hat sich das bequeme Leben an Land so ehrlich verdient wie du. In Falmouth wartet Arbeit auf dich, aber das wei?t du langst.»
«Ja, und ich danke Ihnen dafur, Sir. Aber das allein ist es nicht. «Allday sah auf den Sabel nieder.»Sie brauchen mich nicht mehr. Nicht dafur.»
Bolitho nahm ihm den Sabel aus den Handen und legte ihn auf den Tisch.»Wofur? Blo? weil du im Moment etwas wacklig auf den Beinen bist? Glaub mir, binnen kurzem bist du wieder der alte rebellische Haudegen. «Er legte ihm die Hand auf die Schulter.»Ich werde nie ohne dich segeln, es sei denn, du willst nicht mitkommen. Mein Wort darauf.»
Allday stand auf und unterdruckte eine Grimasse, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr.»Dann ist das also geregelt, Sir.»
Schleppenden Schrittes verlie? er die Kajute.
Alldays Entschlossenheit und Stolz waren ungebrochen, dachte Bo-litho traurig. Und er lebte, das war die Hauptsache.
Spater am Tag, als sich die Sonne schon der glatten See zuneigte, trat Bolitho in die Offiziersmesse; nach der Geraumigkeit seiner Kajute und der Keens kam sie ihm eng und uberfullt vor.
Steif machte Quantock Meldung:»Alle Offiziere und Decksoffiziere wie befohlen zugegen, Sir.»
Bolitho nickte. Quantock war ein kalter Fisch, den auch das Gefecht nicht menschlicher gemacht hatte.
Als Adam die Tur hinter ihm geschlossen hatte, sagte der Vizeadmiral:»Bitte, nehmen Sie Platz, meine Herren, und Dank fur die Einladung. «Der alte Brauch amusierte ihn immer wieder. In der Offiziersmesse war jeder Vorgesetzte, sogar Keen, lediglich ein geduldeter Gast. Aber hatte man wirklich jemals einem Vorgesetzten den Eintritt verwehrt? fragte er sich.
Er musterte die erwartungsvollen Gesichter. Sonnengebraunt und zuverlassig. Selbst die Kadetten und Fahnriche, die sich ganz achtern um den Ruderschaft drangten, machten den Eindruck von Mannern, nicht mehr von Jungen. Die Leutnants und die beiden Anfuhrer der Marinesoldaten, der monchshafte Segelmaster Knocker und der Schiffsarzt Tuson — er hatte sie kennen und verstehen gelernt, seit seine Flagge im Vortopp gehi?t worden war.
Bolitho begann:»Sie wissen inzwischen, da? die Kurierbrigg aus England auch Depeschen fur uns an Bord hatte. Ihre Lordschaften haben sich mit den Berichten aus San Felipe eingehend beschaftigt und sind sich der wichtigen Rolle bewu?t, die Ihrem Einsatz bei dieser schwierigen Mission zukommt.»
Er sah, wie Mountsteven seinen Freund, den Sechsten Offizier, anstie?.
«Weiterhin hat man mich unterrichtet, da? Frankreichs Einmischung im Mittelmeer und der Druck, den es auf die Regierung Seiner Majestat wegen der Evakuierung Maltas ausubt — einer Vereinbarung in eben jenem Vertrag, der uns zur Ubergabe dieser Insel hier zwang — , da? all dies weitere Verhandlungen verhindert. Als unmittelbare Folge daraus werden alle franzosischen und hollandischen Kolonien, in deren Ruckgabe wir eingewilligt hatten, in britischem Besitz bleiben. Und das, meine Herren, gilt naturlich auch fur San Felipe.»
Bolitho konnte es immer noch nicht ganz glauben. Es fiel schwer, hinter den abgewogenen Formulierungen der Depeschen die komplizierten Verhandlungen zu sehen, die uberall in Europa stattgefunden hatten, wahrend die Crew von Achates um ihr Uberleben kampfte.
Bonaparte, jetzt auf Lebenszeit zum Konsul ernannt, hatte Piemont und Elba annektiert und machte keinen Hehl aus seiner Absicht, Malta wieder in Besitz zu nehmen, sobald England dort seine Flagge zugunsten einer scheinbaren Unabhangigkeit der Insel gestrichen hatte.
Mit dem Begreifen ging eine Welle der Erregung durch die Messe. Das war das Ende des Friedens von Amiens, dachte Bolitho. Er hatte kaum so lange gewahrt, wie die Unterschriften zum Trocknen brauchten.
Er fuhr fort:»Wir haben Befehl, auf San Felipe zu bleiben, bis entsprechende Streitkrafte aus Antigua und Jamaika eintreffen, um die Inselgarnison zu verstarken. «Und in Keens Richtung, der den Blick abwandte, weil er offenbar ahnte, was nun kam:»Der augenblickliche Gouverneur wird so schnell wie moglich abgelost. Sir Humphrey Rivers kehrt nach England zuruck, um sich vor Gericht wegen Hochverrats zu verantworten.»
Es bereitete Bolitho keine Genugtuung, sich vorzustellen, wie Rivers nach seinem Leben in Luxus und Reichtum die Heimkehr auf einem Kriegsschiff schmecken wurde, dem ersten halbwegs geeigneten, das die Insel Richtung England verlie?. Und nach dieser unerwarteten politischen Entwicklung erwartete ihn wahrscheinlich der Strick des Henkers.
Bolitho blickte von einem Gesicht zum anderen und schlo?:»Sie alle haben sich au?erst tapfer geschlagen, und ich mochte Sie bitten, auch der Mannschaft meinen Dank zu ubermitteln.»
Keen sah Bolitho zum erstenmal seit langem lacheln.»Und wenn alles geregelt ist«, setzte ihr Vizeadmiral hinzu,»fahren wir heim.»
Das brachte sie auf die Beine; sie lachten und schrien durcheinander wie Schuljungen.
Keen hielt die Tur auf, damit sich Bolitho unauffallig zuruckziehen konnte. Er hatte zwei Briefe von Belinda erhalten und nun endlich Zeit, sie in Ruhe noch einmal von Anfang bis Ende zu lesen.
Als Keen und Adam ihm die Treppe hinauf folgten, fragte der Kommandant:»Bedeutet das Krieg, Sir?»
Bolitho dachte an die jungen, jubelnden Gesichter, die er gerade verlassen hatte, und auch an Quantocks sauerliche Mi?billigung.
«Fur mich gibt es daran kaum noch Zweifel, Val«, antwortete er.
Keen sah sich im Halbdunkel um, als musse er sein Schiff sogleich gefechtsklar machen.»Herr im Himmel, Sir, wir haben uns vom letzten noch kaum erholt!»
Als sich Bolitho der rotuniformierten Wache vor seiner Kajute zuwandte, horte er Alldays neuerdings so schleppenden Schritt hinter der Tur.»Manche werden sich nie mehr erholen«, sagte er.»Fur sie ist es zu spat.»
Keen seufzte und sagte zu Adam:»Kommen Sie mit, Mr. Bolitho, wir trinken einen Schluck. Zweifellos werden Sie ein eigenes Schiff befehligen, wenn es zum Krieg kommt. «Er lachelte schief.»Erst dann werden Sie merken, wie hart das Leben sein kann.»
In seiner gro?en Achterkajute machte Bolitho es sich bequem und entfaltete den ersten Brief.
Es ging heimwarts. Seine Leute waren uberrascht gewesen zu horen, da? diese Worte fur ihren Vizeadmiral genausoviel bedeuteten wie fur sie selbst.
Und dann glaubte er, ihre sanfte Stimme aus den Zeilen sprechen zu horen, als er las: Mein geliebter Richard…
«Sorgen Sie dafur, Yovell, da? diese Briefe mit den anderen an Bord der Kurierbrigg gebracht werden.»
Bolitho lauschte dem Knarren der Taljen, das durchs Oberlicht hereindrang, dem Getrappel vieler Fu?e, als wieder ein Netz mit frischem Proviant uber das Schanzkleid gehievt wurde.
Nach dem monatelangen Warten fiel es immer noch schwer zu glauben, da? der Augenblick des Aufbruchs fur sie gekommen war. Obwohl sie wirklich keine Zeit zur Mu?e gefunden hatten.
Eine schnittige Fregatte und zwei Morserboote lagen nun unterhalb der Batterie vor Anker, und ein gro?er Truppentransporter hatte die versprochene Verstarkung fur die Garnison gebracht. Bolitho mu?te lacheln, als ihm einfiel, wie Lemoine seine Ablosung durch einen Obersten kommentiert hatte.
«Und dabei habe ich gerade Geschmack an der Macht gefunden«, hatte der Leutnant gesagt.
Bolitho horte Alldays Schritt in der Pantry und blickte auf, um ihn zu begru?en. Allday hatte gro?e Fortschritte gemacht und sogar wieder etwas Farbe gewonnen, aber er konnte die Schultern immer noch nicht gerade halten, und der blaue Rock mit den Goldknopfen hing lose um seine machtige Gestalt.
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