Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 6
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Keen mu?te lacheln. Da hatte er etwas Neues erfahren. Das alte Kathchen? Ein Schiff, dem seine Leute einen solchen Kosenamen gaben, mu?te ein gutes Schiff sein.
Das Boot machte an den Gro?rusten fest, und Hauptmann Dewar von den Royal Marines[3] zog seinen Sabel. Wie stets ging Keen das leise, metallische Zischen unter die Haut. Es weckte Erinnerungen, war ein Akkord im Vorspiel zur Schlacht.
Noch einmal musterte der Kommandant sein Schiff. Alle Freiwachter waren vom Schanzkleid zuruckgewichen, und selbst die Toppgasten, die oben in den Rahen arbeiteten, hielten inne und starrten zur Pforte hinunter.
Die kleinen Trommelbuben der Marine-Infanterie hoben ihre Schlagstocke, die Bootsmannsgehilfen befeuchteten die Lippen fur ihre Signalpfeifen.
Ebenso stolz wie nervos trat Keen nach vorn; das Ganze war unwichtig — und doch entscheidend.
Bolithos Zweispitz erschien oberhalb der geschrubbten Grating, die Pfeifen schrillten und zwitscherten, und Hauptmann Deward bellte:»Royal Marines — prasentiert das Gewehr!»
Beim letzten Wort, als die wei?en Ton Wolkchen von den hochgerissenen Musketenriemen aufstiegen, intonierten die Querpfeifen die alte Weise vom Heart of Oak, dem Herz aus Eiche.
Bolitho lupfte gru?end den Hut zur Flagge am Heck, dann lachelte er Keen an.
Gemeinsam machten sie Front nach vorn, wo die Admiralsflagge schneidig zum Fockmasttopp aufstieg und auswehte.
Bolitho und Keen tauschten einen Handedruck.»Das Schiff macht Ihnen alle Ehre«, sagte der Vizeadmiral.
«Unsere Ehre sind Sie, Sir«, erwiderte Keen.
Bolitho musterte die starren Mienen der Seesoldaten, die nervosen, wachsamen Kadetten. Mit der Zeit wurde er sie kennenlernen, so wie sie ihn. Er stand wieder an Deck eines Schiffes, und der grune Schatten jenseits der Bucht, das Land, war nur noch eine Erinnerung.
Bolitho zupfte an seinem feuchten Hemd, dann setzte er abermals seine Unterschrift unter einen der vielen Briefe, die Yovell, sein pummeliger Sekretar, sauberlich aufgesetzt hatte.
Er sah sich in der geraumigen Achterkajute um, die viel gro?er war, als er in einem Schiff von dreizehnhundert Tonnen erwartet hatte.
Ozzard, sein schmachtiger Steward, schenkte ihm frischen Kaffee nach und huschte wieder davon, nach nebenan in seine Pantry. Falls er es bedauerte, die Sicherheit des Herrenhauses in Falmouth verlassen zu mussen, lie? er es sich jedenfalls nicht anmerken. Ozzard war ein Sonderling und ursprunglich Gehilfe in einer Anwaltskanzlei gewesen, ehe er das gefahrliche Leben bei der Kriegsmarine gewahlt hatte — nicht ganz freiwillig, wie manche behaupteten. Aber mochte er auch knapp dem Kerker entronnen sein, fur Bolitho war er Gold wert.
Dann wandte sich Bolitho zu Keen um, der an den offenen Heckfenstern stand; sein gutes Aussehen und geschliffenes Benehmen tauschten leicht daruber hinweg, da? er ein erfahrener, tuchtiger Marineoffizier war.
«Also, Val, was halten Sie davon?»
Keen drehte sich um, doch sein Gesicht blieb im Schatten.
«Ich habe die Seekarte studiert und bin mir jetzt daruber klar, welche Bedeutung die Insel San Felipe wahrend des Krieges hatte. Wer sie besitzt, ist fast unangreifbar. «Er zuckte die Schultern.»Eine weite Bucht schutzt die Festung, die von ihrem erhohten Standort alle Zufahrten beherrscht, notigenfalls auch die Stadt selbst. Mir ist unbegreiflich, warum wir sie den Franzosen zuruckgeben. «Dann dachte er an Pascoe und fugte hinzu:»Aber ich nehme an, Ihre Lordschaften sind besser informiert als ich.»
Bolitho schmunzelte.»Darauf wurde ich mich nicht verlassen, Val.»
Der Kaffee schmeckte gut. Bolitho fuhlte sich nach seiner ersten Nacht an Bord uberraschend frisch und ausgeruht. Die Reise mit der Kutsche war anstrengend gewesen, und die vielen Aufenthalte in Landgasthausern oder zum Pferdewechsel hatten ihm zu viel Zeit gelassen, an Belinda zu denken und sie zu vermissen.
Jetzt stellte das Schiff seine Anspruche, und das belebte ihn. Den Geruch nach frischer Farbe und Pech, nach Hanf und den funfhundert Offizieren, Matrosen und Soldaten auf engem Raum konnte er nicht ignorieren; er wollte es auch gar nicht.
Mit Achates schien er Gluck gehabt zu haben; jede neue Information verstarkte seine Gewi?heit, da? sie keinen Vergleich zu scheuen hatte. Vielleicht war Admiral Sheaffes Wahl doch richtig gewesen: ein kleiner 64er statt eines bombastischen Geschwaders, das Amerikaner ebenso wie Franzosen moglicherweise nur eingeschuchtert hatte.
Bolitho sagte zu Keen:»Ich habe Kapitan Duncan in Plymouth schon benachrichtigen lassen. Er lauft mit seiner Sparrowhawk umgehend nach San Felipe aus, auf dem direkten Weg.»
Wie gut konnte er sich Duncans rotes, gegerbtes Gesicht vorstellen, wenn er seine Order las! Auch er mu?te froh sein, mit seiner Fregatte in See gehen zu konnen, bevor sie ihm unter den Fu?en weg eingemottet wurde. Duncan hatte ebenso wie Keen zu seinem alten Geschwader gehort. Die beiden waren wie verlangerte Arme fur ihn.
Aber an eines konnte er sich nur schwer gewohnen: da? er nicht mehr auf die schriftlichen Befehle seines vorgesetzten Flaggoffiziers zu warten brauchte. Uber die Ungewi?heit seiner Rolle oder die Unfairness seiner Aufgabe mu?te er sich nicht mehr gramen. Jetzt lag die Entscheidung allein bei ihm, wann und wie zu handeln war. Und mit der Entscheidung auch die volle Verantwortung.
Er fugte hinzu:»Duncans Anwesenheit konnte den Schock der Bewohner von San Felipe etwas mildern. Ich bezweifle, da? der Gouverneur derselben Meinung ist wie das Parlament.»
Ozzard kam herbeigetrippelt und wartete, bis Bolitho ihn zur Kenntnis nahm. Er erinnerte an einen eifrigen Maulwurf, wie er so seine Hande vor der Brust baumeln lie?.
«Bitte um Entschuldigung, Captain«, sagte er zu Keen,»doch der Erste Offizier la?t sich empfehlen und Ihnen melden, da? der Wind umgesprungen, aber immer noch sehr leicht ist.»
Keen grinste zu Bolitho hinuber.»Ich habe ihm gesagt, er soll mich gleich verstandigen. Es ist nur ein Hauch, aber wenigstens konnen wir jetzt den Anker ausbrechen. Mit Ihrer Erlaubnis, Sir?»
Bolitho nickte, von der Erregung angesteckt.»Yovell, bringen Sie meine Depeschen zum Werftboot, das langsseits liegt.»
Er sah den Sekretar seinen letzten Brief an Belinda mit besonderer Sorgfalt davontragen. Den wurde sie lesen, wenn die Achates den Lizard[4] passierte, unterwegs zu den langen Rollern des Atlantik.
Durch das offene Skylight konnte er Keens Stimme horen, das Trillern der Bootsmannspfeifen und das Klatschen nackter Fu?e auf trok-kenen Planken; die Seeleute hasteten auf Stationen.
Bolitho zwang sich, weiter ruhig sitzen zu bleiben und Kaffee zu schlurfen. Keen hatte genug am Hals, wenn er das fur ihn neue Schiff zum erstenmal in Fahrt brachte, weg vom bedrohlichen Land. Dabei konnte er keinen Admiral brauchen, der ihm uber die Schulter sah.
Wie oft hatte er selbst an der Querreling des Huttendecks gestanden, voll Hoffnung und mit erregt klopfendem Herzen, wahrend er sich den Kopf zermarterte, ob er nicht etwas vergessen hatte, fur das es jetzt ohnehin zu spat war.
Taljen knarrten. Tauwerk quietschte in unzahligen Blocken, und ganz schwach, scheinbar von weither, horte Bolitho die Fiedel wimmern, auf der ein Shantyman den arbeitenden Matrosen den Takt angab.
Keuchend kam Yovell zuruck.»Alle Depeschen unterwegs zur Kuste, Sir«, meldete er mit seinem weichen Devon-Akzent.
Auch Keen trat wieder ein, den Hut unter den Arm geklemmt.
«Anker ist kurzstag, Sir. Wurden Sie mir vielleicht an Deck Gesellschaft leisten? Es tate den Leuten gut. Sie jetzt in ihrer Mitte zu sehen.»
Bolitho dankte ihm lachelnd, und dann fiel Keens Blick auf Pascoe.
«Eines verstehe ich nicht, Sir. Gerade eben wurde durch Kurier dieser Brief fur den Flaggleutnant gebracht. Er kam gerade noch rechtzeitig.»
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