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Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 60


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Keen starrte Bolitho an.»Allein das reicht schon vollig!»

Bolitho beobachtete, wie das Seitenboot zum Anbordhieven in die Taljen gehangt wurde. Er brauchte Zeit zum Nachdenken, wollte Gluck, Zufall und einen beilaufigen Akt der Menschlichkeit gegeneinander abwagen.

Schlie?lich sagte er:»Diesmal hat uns der Sturm einen Gefallen getan, Val.»

Keen sah zu, wie Bolitho eine Handvoll Pistolenkugeln aus dem Briefumschlag schuttelte: Ballast, der ihn eher auf den Meeresgrund sinken als in falsche Hande geraten lassen sollte. Aber der Leutnant war zu schnell gestorben und seine Crew zu ahnungslos oder zu furchtsam gewesen.

Keen sagte:»Jetzt handelt es sich also nicht mehr nur um eine Drohung. Wir haben tatsachlich Krieg.»

Bolitho lachelte nachdenklich.»Zumindest wissen wir es fruher als andere; das ist immer von Vorteil.»

Mit neu getrimmten Rahen und hartgelegtem Ruder wandte Achates ihren Bugspriet von den treibenden Wrackteilen und dem voll Wasser gelaufenen Boot ab, das binnen kurzem sinken mu?te.

Nach Sonnenuntergang wurde der franzosische Leutnant mit allen Ehren der See ubergeben. Bolitho wohnte der Bestattung mit Adam und Allday bei und horte Keen ein Gebet sprechen, ehe der Tote von der Grating rutschte und im Kielwasser versank.

Der nachste Franzose, den sie trafen, wurde nicht so friedlich sein, dachte Bolitho.

«Also, Sir Humphrey, wie ich horte, wollen Sie mich sprechen.»

Bolitho lie? sich nichts anmerken, war aber entsetzt uber den Wandel in Rivers' Aussehen und Benehmen. Er wirkte um zehn Jahre gealtert und hielt sich gebeugt wie unter einer schweren Last. Er schien uberrascht, als Bolitho ihn zu einem Sessel winkte, lie? sich aber dankbar hineinsinken und blickte sich gierig in der Kajute um.

Schlie?lich sagte er:»Ich habe alles, was ich wei?, uber die Verschworung niedergeschrieben, die zur Ubernahme meiner…«Er verhedderte sich.»Zur Ubernahme von San Felipe durch die Spanier fuhren sollte. Konteradmiral Burgas, der das Geschwader in La Guaira kommandiert, sollte die Insel regieren, bis das Besitzrecht Spaniens endgultig anerkannt war.»

«Wu?ten Sie, da? die spanische Mission als Tarnung fur die Invasionsflotte diente?»

«Nein. Ich vertraute dem spanischen Oberbefehlshaber. Er versprach mir eine Ausweitung des Handels mit dem sudamerikanischen Festland. Mir schien das alles nur vorteilhaft.»

Bolitho nahm die Aufzeichnungen entgegen und uberflog sie nachdenklich.

«Das konnte fur Ihre Verteidigung in London von Nutzen sein, obwohl.»

Rivers hob die Schultern. »Obwohl. Ich verstehe. «Dann sah er Bo-litho direkt an und fragte:»Wenn Sie zur Zeit meines Prozesses in England sind, wurden Sie dann fur mich aussagen?»

Bolitho konnte ihn nur anstarren.»Da verlangen Sie aber allerhand von mir. Nach dem Angriff auf mein Schiff und meine Manner.»

Aber Rivers lie? sich nicht beirren.»Sie sind Frontoffizier. Fur mein Verhalten suche ich keine Entschuldigung, sondern Verstandnis. Sie begriffen, was ich beabsichtigte: die Insel fur England zu erhalten. Genau das, was durch Ihr Verdienst jetzt auch geschah.»

Als Bolitho nur schwieg, fuhr Rivers fort:»Schlie?lich — hatten die Spanier den Angriff noch vor Ihrem Eintreffen begonnen, ware vielleicht meinen Abwehrma?nahmen der Erfolg zu verdanken gewesen. Dann sahe mich alle Welt jetzt in ganz anderem Licht.»

Bolitho musterte ihn mitfuhlend.»Aber der spanische Angriff kam spater. Sie wissen doch aus Erfahrung, Sir Humphrey, wie es dem Kommandanten ergeht, der ein feindliches Schiff versenkt oder erobert — eben ein Schiff, das er fur feindlich halt — und dann im Hafen erfahrt, da? ihrer beider Lander langst Frieden geschlossen haben. Der Kommandant konnte das unmoglich wissen, und doch.»

Rivers nickte.»Und doch ist er der Schuldige. «Er erhob sich.»Ich mochte jetzt in meine Zelle zuruckkehren.»

Auch Bolitho stand auf.»Ich mu? Ihnen mitteilen, da? wir noch in dieser Woche England erreichen werden. Danach liegt Ihr Schicksal nicht mehr in meiner Hand.«»Verstehe. Danke.»

Rivers ging zur Tur, vor der zwei Seesoldaten ihn erwarteten.

Adam, der Zeuge des kurzen Gesprachs gewesen war, ergriff jetzt das Wort.»Mir tut er nicht leid, Onkel.»

Bolitho fuhr sich uber die Stirn und betastete die Narbe unter der Haarstrahne.»Jemanden zu verurteilen, ist nur allzu leicht, Adam.»

Aber sein Adjutant grinste.»Wenn du Gouverneur der Insel gewesen warst, hattest du dich dann so verhalten wie Rivers?«Als er Bo-lithos Verwirrung sah, nickte er.»Na bitte, da hast du's.»

Bolitho setzte sich.»Frechdachs. Allday hatte ganz recht, was dich betrifft.»

Adam war plotzlich ernst geworden,»Ich bin sehr froh, da? ich dein Flaggleutnant werden durfte, Onkel. Die vielen Monate an deiner Seite haben mich eine Menge gelehrt. Uber dich, aber auch uber mich selbst. «Wehmutig sah er sich in der Kajute um.»Diese Freiheit werde ich schmerzlich vermissen.»

Bolitho war geruhrt.»Mir geht es genauso. Man hat mich vor dir gewarnt. Zu nahestehend fur einen Adjutanten, sagte Oliver Browne. Vielleicht hatte er in gewisser Beziehung sogar recht, aber wenn wir erst in Falmouth sind, wird.»

Beide blickten zum Oberlicht auf, weil drau?en die Stimme des Ausguckpostens erklang:»An Deck! Segel in Sudost!»

Bolitho starrte das Viereck blauen Himmels an und spurte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, sein Mund trocken wurde. Er fuhlte sich wie ein Jager, der in einem Augenblick der Unachtsamkeit ertappt wurde.

Schnell trat er zum Tisch mit der Seekarte und studierte sie, folgte den sauberen Kursberechnungen, der zielstrebigen Kurslinie mit den Blicken bis zur Kuste von Cornwall. Unwahrscheinlich, da? ein Handelsschiff jetzt, da gerade ein neuer Krieg ausgebrochen war, von England oder Frankreich nach Ubersee auslaufen wurde.

Es dauerte immer einige Zeit, ehe die neuen Spielregeln festgelegt und dann mi?achtet wurden.

«Ich gehe an Deck.»

Drau?en empfing ihn warmer Sonnenschein. Die See war bewegt mit wei?en Kammen, der Wind kam immer noch stetig aus Sud, so da? Achates mit vollgebra?ten Rahen uber Backbordbug segelte.

Die Manner standen in Gruppen herum oder starrten zum Krahennest hinauf.

Keen rief den Ausguck an:»Was fur ein Schiff?«»Kriegsschiff, Sir!»

Ungeduldig gestikulierte der Kommandant.»Entern Sie mit Ihrem Glas auf, Mr. Mountsteven, der Mann da oben ist ein Narr!»

Da gewahrte er Bolitho und gru?te.»Entschuldigen Sie, Sir.»

Bolitho lie? den Blick uber die noch leere See schweifen und spurte so etwas wie eine schlimme Vorahnung. Aber weshalb? Machte es einen solchen Unterschied, da? sie kurz vor der Heimat standen?

Keen informierte ihn:»Scheint aus Sudost zu kommen und ist schon zu weit drau?en fur einen Zielhafen in der Biskaya.»

Mountsteven hatte seinen luftigen Platz neben dem Ausguckposten erreicht. Er rief hinunter an Deck:»Sieht aus wie 'ne verdammte Fregatte, Sir. Franzose, wurde ich sagen.»

Bolitho zwang sich, ruhig an die Querreling zu treten, wahrend rund um ihn Stimmengewirr erklang.

Also eine franzosische Fregatte weit drau?en im Atlantik, wahrscheinlich mit Nordkurs auf den Armelkanal — oder auf Brest? Ihm fiel wieder der Briefumschlag des toten Leutnants ein, die Depesche aus Lorient fur Martinique.

«An Deck! Zweites Segel folgt der Fregatte, Sir!»

Knocker, der lautlos neben das Ruder getreten war, murmelte:»Pech und Schwefel uber sie! Ich wette, die bringen uns Arger!»

Keen sagte:»Sie segeln auf konvergierendem Kurs zu uns, Sir. Und — bei Gott — sie haben die Luvposition.»

Bolitho wandte sich nicht um, sondern starrte weiterhin uber die ganze Lange des Schiffs hinweg nach vorn. So nah — und doch so fern. Noch zwei Tage, vielleicht sogar weniger, und sie waren auf die Schiffe der englischen Kanalflotte gesto?en, die ihren eintonigen Blockadedienst versahen. Schlie?lich sagte er zu Keen:»Die Franzosen gehen ein Risiko ein, Val. «Und als er das Begreifen im Gesicht seines Flaggkapitans sah:»Vielleicht hat die Neuigkeit sie noch nicht erreicht, und es geht ihnen, wie es uns gegangen ware, hatten wir nicht La Prudente gefunden.»

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