Der Brander: Admiral Bolitho im Kampf um die Karibik - Kent Alexander - Страница 70
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Bolitho legte einen Arm um Allday und zog ihn von der Reling zuruck.
«Langsam, Mann!«Er wartete, bis Midshipman Ferrier ihm zu Hilfe kam, und setzte dann hinzu:»Du hast genug getan!»
Allday wandte den Kopf und starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen unglucklich an.»Es ist mein Recht, zu.»
Ein Streifschu? zerri? Bolithos Uniformrock; aus dem Augenwinkel sah er verschwommen, da? Langtry, der Schiffsprofo?, den Scharfschutzen mit einem Enterbeil umhackte.
Sie starben alle. Und wozu?
Eine neue, uberraschend heftige Explosion stie? beide Rumpfe knirschend gegeneinander. Einen Moment lang glaubte Bolitho, da? ein Pulvermagazin in die Luft geflogen sei und nun beide Schiffe in einem einzigen gra?lichen Fanal eingeaschert wurden.
Aber dann verhielten Sabel und Entermesser untatig mitten in der Bewegung, die Marineinfanteristen verga?en ihr verzweifeltes Bemuhen, so schnell wie moglich nachzuladen, und starrten hinuber, wo der turmhohe Gro?mast des Franzosen zu wanken begann. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, so da? selbst einige Verwundete sich aufrichteten und zusahen oder Freunde durch Rufe auf das Schauspiel aufmerksam machten.
Bolitho lie? den Arm sinken, dessen Muskeln wie von tausend Nadelstichen schmerzten.
Heiser rief Knocker:»Bei Gott, da geht er hin!»
Erst langsam, dann immer schneller, begann der hohe Mast zu kippen. Mars- und Bramstenge, Rahen und aufgegeite Segel brachen und zerplatzten, stehendes und laufendes Gut ri? wie dunne Bindfaden, konnte das ungeheure Gewicht weder halten noch bremsen. Die Marsgrating mit ihren Drehbassen und Brustwehren barst entzwei und lie? die Besatzung hinunterfallen; die Toppsgasten folgten, gezogen vom Rigg der Stenge, die sich krachend durch das Deck bohrte.
Selbst auf Achates spurte Bolitho die Erschutterung und das Gewicht des gebrochenen Mastes; das Deck neigte sich unter seinen Fu?en in einem steileren Winkel.
Aus cen ziehenden Rauchschwaden erklang ein Trompetensignal, und die Enterer zogen sich zuruck, bis sie auf dem Vorschiff ein dichtes Knauel bildeten. Sie handelten dem uralten Instinkt des Seemannes gema?, dem die Rettung des eigenen Schiffes uber alles geht.
Bolitho rausperte sich mit kratzender Kehle und rief:»Zu mir, Leute von Achates!»
Jetzt hatten sie eine Chance, wenn auch nur eine verschwindend kleine.
Vom Vorschiff erscholl ein scharfes Kommando, gefolgt von knatterndem Musketenfeuer. Unglaubig starrte Bolitho nach vorn, fuhlte sich erinnert an den Morgen auf San Felipe, als Hauptmann Dewar so kaltblutig den rechten Augenblick abgewartet hatte, ehe er in die Inselkavallerie feuern lie?. Aber jetzt lag Dewar tot, mit weggeschossenem Unterkiefer, und Dutzende von Fu?en trampelten uber seine Leiche, wenn der Kampf vor- und zuruckflutete. Auch hatten seine Soldaten nicht auf den richtigen Moment gewartet, sondern schon die ganze Zeit todesmutig gekampft.
Und doch, irgendwie, hatten sie auf dem Vorschiff Front zum Feind gemacht. Bolitho erkannte Hawtaynes Hut uber dem Qualm und horte seine schrille Stimme kommandieren:»Zweite Reihe vor! Legt an — Feuer!»
Die Salve krachte mit verheerender Wirkung in die dichtgedrangten franzosischen Enterer.
Doch zum Nachladen blieb den Briten keine Zeit.
Bolitho sprang die Leiter zum Batteriedeck hinunter, ohne auf den Schmerz in seinem verwundeten Bein zu achten, und rannte uber die Trummer und Gefallenen hinweg nach vorn, den Blick auf die zuruckweichenden Feinde gerichtet.
Hawtayne rief:»Ruckt vor!«, und die aufgepflanzten Seitengewehre glitzerten im matten Sonnenlicht, als die Soldaten zur Attacke schritten.
Ein junger franzosischer Offizier lief herbei, um Bolitho abzufangen. Er war etwa so alt wie Adam, auch ebenso schwarzhaarig und gut aussehend. Als Stahl gegen Stahl klirrte, zuckte in Bolitho mit betaubendem Schock die Erkenntnis auf, da? sein Neffe hochstwahrscheinlich langst tot war.
Der junge Offizier verlor die Balance, als Bolitho seinen Sabel beiseite schlug. Fur den Bruchteil einer Sekunde weiteten sich seine Pupillen in begreifendem Entsetzen, dann lag er schon am Boden. Bolitho zog den Sabel zuruck und merkte, da? seine Leute an ihm vorbei nach vorn drangten; ihr Geschrei klang jetzt, da die Rollen plotzlich vertauscht waren, wieder stark und zuversichtlich.
Leutnant Scott winkte mit seinem Sabel:»Enterer vor!»
Jubelnd, fluchend, todesmutig walzte sich die Flut menschlicher Leiber hinuber auf das andere Schiff.
Bolithos Sabel hackte abermals einen franzosischen Offizier aus dem Weg, aber der Arm wollte ihm fast nicht mehr gehorchen. Wie lange konnten sie noch durchhalten?
Jetzt stand er auf dem Seitendeck von Argonaute und wurde von der Woge seiner Manner nach achtern mitgerissen: zur Poop, denn wer sie hatte, hatte das Schiff.
Kaleidoskopartig stiegen Bilder vor Bolithos Auge auf: Adams Gesicht, als er ihm das Madchen aus Boston zu beschreiben versuchte; Tyrrells verzweifelter Stolz, mit dem er sich nach einem Land einschiffte, das er noch nie betreten hatte. Der kleine Evans, der das brennende spanische Schiff beobachtete oder ihm wie ein Schatten uberallhin folgte. Und Allday, der ihn auch dann noch schutzen wollte, als ihn seine eigene schreckliche Wunde lahmte.
Gebrull und Geschrei erscholl explosionsartig auf dem breiten Achterdeck, Manner flogen wie blutige Bundel nach allen Seiten, als eine morderische Kartatschenladung mitten in sie hineinfuhr.
Bolitho wischte sich mit dem Armel den Schwei? aus den Augen und starrte zum Poopdeck hinauf.
Narrten ihn seine Augen? Aber nein, er hatte nicht den Verstand verloren, da oben stand wirklich Adam mit einem anderen Offizier und einigen Mannern der Achates. Das Rohr der Drehbasse rauchte noch, es war abwarts gerichtet auf die dichten Reihen der Verteidiger und ihrer Offiziere. Die Kartatschenladung hatte dieselbe verheerende Wirkung erzielt wie die Salve der Marineinfanterie.
Leutnant Scott verga? ganz seine gewohnte Selbstbeherrschung, schlug Bolitho auf die Schulter und schrie:»Bei Gott, das ist der Flaggleutnant, Sir! Der junge Teufel hat ihnen den Rest gegeben!»
Damit rannte er seinen Leuten nach, blieb aber noch einmal kurz stehen und sah zu seinem Vizeadmiral zuruck; es war nur ein Blick, aber er sagte mehr als tausend Worte.
Trotzdem, der Feind war immer noch in der Uberzahl, und jetzt mu?te jeden Moment ein Anfuhrer auftauchen, einer, der seine Leute um sich scharen und zum Gegenangriff fuhren wurde.
Bolitho musterte seine keuchenden, abgekampften und zum Teil verwundeten Manner, die sich auf ihre Entermesser und Piken stutzten. Noch einem Gefecht waren sie nicht gewachsen.
Leutnant Trevenen kam heranmarschiert und tippte mit dem Sabelgriff gru?end an seinen Hut: Achates' jungster Leutnant, den Rivers als Geisel genommen hatte. Die Augen in seinem schmutzigen Gesicht leuchteten, als er berichtete:»Die Franzosen haben die Flagge gestrichen, Sir. «Er verstummte verlegen, als sich Seeleute und Soldaten naher herandrangten, dann versuchte er es noch einmal:»Mr. Knocker hat eine Nachricht geschickt. «Die Stimme versagte ihm, er senkte den Blick, wahrend ihm die blanken Tranen uber die ru?igen Wangen liefen.
Leise sagte Bolitho:»Sie haben sich sehr gut gehalten, Mr. Treve-nen. Bitte fahren Sie fort.»
Der Leutnant sah ihn an.»Mr. Knocker la?t Ihnen sagen, da? sich von Suden her ein Schiff nahert. Eins von unseren 74ern.»
Bolitho schritt durch die Umstehenden davon, horte sie jubeln und einander auf die Schultern schlagen und fuhlte sich wie ein unbeteiligter Zuschauer.
Am gro?en Ruderrad stie? er auf den franzosischen Admiral. Er war am Arm leicht verwundet und wurde von zwei Offizieren gestutzt.
So standen sie einander gegenuber, Auge in Auge.
Schlie?lich sagte Jobert wie beilaufig:»Ich hatte es wissen mussen, als ich Ihr Schiff erkannte. «Er setzte zu einem Schulterzucken an, aber der Schmerz hinderte ihn daran.»Sie sollten mir eine Insel ubergeben. «Ungeschickt nestelte er an seinem Sabel.»Und jetzt ubergebe ich Ihnen dies.»
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