Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander - Страница 50
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Bolitho hob das Teleskop und musterte die vertrauten Mauern und Batterien von La Valetta.»Gerade noch so.»
Es war eine langere Uberfahrt von Gibraltar geworden als erwartet. Fur die zwolfhundert Meilen hatten sie mehr als acht Tage gebraucht. Das hatte Keen Zeit gelassen, dem Schiff seinen Stempel aufzupragen. Bolitho aber hatte sie mit bosen Ahnungen wegen des bevorstehenden Treffens mit Herrick verbracht.
Er sagte langsam:»Nur drei Linienschiffe, Val. «Herricks Flaggschiff Benbow hatte er fast ebenso schnell wie der Ausguck im Mast erkannt. Es war einmal sein eigenes gewesen und steckte wie Hyperion voller Erinnerungen. Keen wurde sich seiner aus ganz anderen Grunden entsinnen. Er hatte sich dort einem Untersuchungsausschu? stellen mussen, den Herrick leitete. Wenn Bolitho nicht eingegriffen hatte, ware er jetzt ruiniert gewesen.
Alte Geschichten? Sehr unwahrscheinlich, da? er sie jemals vergessen wurde.
Bolitho sagte:»Ich kann auch eine Fregatte ausmachen, sie ankert jenseits der Benbow.»
Die Fregatte hie? La Mouette und war eine Prise, die man den Franzosen vor Toulon abgenommen hatte. Nur ein kleines Schiff mit sechsundzwanzig Kanonen, aber Bettler durften eben nicht wahlerisch sein. In diesem Stadium des Krieges war jede Fregatte willkommen. Bolitho hatte schon befurchtet, da? man sie anderswohin geschickt haben konnte.
Keen entgegnete:»Sie verstarkt unsere Kampfkraft auf acht Einheiten. Wir haben uns schon mit weit weniger beholfen.»
Jenour stand etwas abseits und uberwachte die Signalfahnriche. Bolitho schritt zur anderen Seite und beobachtete, wie Thynnes Obdurate hinter ihnen Segel fortnahm.
Er sah Herrick auf Benbow vor sich, der vielleicht beobachtete, wie die funf gro?en Schiffe des Bolitho-Geschwaders sich schwerfallig auf ihren Ankerplatz zubewegten. Es war sehr hei?, und Bolitho hatte Sonnenreflexe von vielen Teleskopen auf den hier versammelten Schiffen gesehen. Wurde Herrick dieses Treffen scheuen? fragte er sich. Oder wurde er daran denken, da? ihre Freundschaft schon bei einer Schlacht und einer Meuterei im Krieg gegen die amerikanischen Rebellen gepruft worden war?
«Gut denn, Mr. Jenour, lassen Sie signalisieren. «Er blickte Keen an.»Wir werden einfach acht Glasen anschlagen lassen, Val, und damit Mr. Penhaligons Ruf retten.»
Als das Signal mit einem Ruck niedergeholt wurde, drehten die Schiffe in die schwache Brise und lie?en die Anker fallen.
Bolitho ging nach achtern, nicht ohne vorher sein Boot zu bestellen. Auf Keens Frage:»Sie warten nicht auf den Besuch des Konteradmirals, Sir Richard?«, hatte er nur den Kopf geschuttelt. Er wollte selbst hinuberfahren.
Keen ahnte, da? er die Benbow nur deshalb selbst aufsuchte, weil er vermeiden wollte, Herrick mit den ublichen Formalitaten zu empfangen. Bei ihrer letzten Begegnung hatten sie als Gegner einander am Gerichtstisch gegenubergesessen. Diesmal wurde es im Interesse beider ein Mann-zu-Mann-Treffen sein.»Alte Freunde haben es nicht notig, auf Etikette zu achten, Val.»
Bolitho hoffte, da? es uberzeugter klang, als er empfand. Herrick mochte Neuigkeiten uber den Feind haben, er war schon lange Zeit hier. Und Nachrichten waren alles. Ohne die vereinzelten Informationsfetzen, die Patrouillen und gelegentliche Scharmutzel erbrachten, waren sie hilflos.
Er horte, wie Allday seine Bootscrew forsch zusammenrief, horte das Knarren der Taljen, als sein Boot und nach ihm andere uber die Seite geschwungen wurden. Einige Kahne naherten sich schon den Schiffen, vollgepackt mit billigen Waren, mit denen die Seeleute um ihr bi?chen Geld betrogen werden sollten. Wie in Portsmouth und anderen Seehafen wurden so auch Frauen fur die hungrigen Manner gebracht, wenn die Kommandanten sich blind stellten. Fur den einfachen Matrosen mu?te es hart sein, dachte Bolitho. Die Offiziere kamen und gingen, wie es ihr Dienst zulie?, aber nur zuverlassige Mannschaften und die Pre?gangs durften den Fu? an Land setzen. Monat fur Monat und Jahr fur Jahr lebten sie so — ein Wunder, da? es nicht zu mehr Meutereien in der Flotte gekommen war.
Aus seiner Kajute nahm er einige Briefe fur Herrick mit, die man im letzten Augenblick auf die Firefly gebracht hatte, und lachelte grimmig. Versohnungsgeschenke.
Ozzard tappte um ihn herum und hatte seine Augen uberall, damit Bolitho nichts verga?. Er sah Catherines Gesicht vor sich, als er ihr den von Ozzard gesauberten Facher zuruckgeben wollte. Sie hatte gedankt.»Behalte ihn. Er ist alles, was ich dir geben kann. Wenn du ihn ansiehst, werde ich bei dir sein.»
Er seufzte und ging hinaus, vorbei am Posten Kajute und an Keens offener Tur, wo frische wei?e Farbe Havens zweiten Pistolenschu? uberdeckte. Haven hatte Gluck, da? Parris noch lebte. Wirklich? Seine Karriere war zerstort, und keiner wartete auf ihn, wenn er schlie?lich nach Hause kam.
Im glanzenden Sonnenschein standen die Seesoldaten bei der
Relingspforte angetreten. Die Bootsmannsmaaten hoben ihre Silberpfeifen an die Lippen. Keen und Jenour warteten auf den Beginn der Ehrenbezeugung. Major Adams hob den Degen und meldete:»Wache angetreten,
Sir!»
«Boot ist langsseits, Sir Richard!«Das war Keen.
Bolitho luftete seinen Hut in Richtung des Achterdecks und sah halbnackte Seeleute auf der Bagienrah arbeiten und zu ihm herunterstarren. Ihre Fu?e baumelten in der Luft.
Ein gluckliches Schiff, eine gute Besatzung.
Bolitho stieg ins Boot hinunter.
Konteradmiral Thomas Herrick hatte die Hande auf dem Rucken verschrankt und beobachtete die Schiffe beim Ankern. Der Pulverdampf des Saluts trieb trage zur Kuste. Herrick versteifte sich, als er sah, da? man das grune Admiralsboot der Hyperion beinahe so schnell aussetzte, wie man vorne den Union Jack hi?te.
Kapitan Hector Gossage bemerkte:»Es scheint, da? der Vizeadmiral gleich zu uns kommt, Sir.»
Herrick brummte nur. Er hatte viele neue Gesichter in seinem Kommando, auch sein Flaggkapitan war erst wenige Monate bei ihm. Sein Vorganger, Dewar, war krankheitshalber in die Heimat entlassen worden, und Herrick vermi?te ihn sehr. Er sagte:»Machen Sie alles klar fur gro?en Empfang. Sie wissen, was Sie zu tun haben.»
Er wollte alleingelassen werden und nachdenken. Seit er seine neuen Befehle von Sir Owen Godschale aus der Admiralitat erhalten hatte, dachte er kaum an etwas anderes.
Zuletzt hatte er Bolitho hier im Mittelmeer getroffen, als seine Benbow unter schwerem Beschu? lag. Wiedervereint im Gefecht, Freunde im Kampf. Doch hinterher, als Bolitho nach England gesegelt war, hatte Herrick viel uber den Untersuchungsausschu? nachgedacht. Wie Bolitho ihn verflucht hatte, als er von Inchs Tod erfuhr! Herrick glaubte noch immer, da? Bolithos Zorn und
Arger sich gegen ihn personlich richtete, nicht gegen den Ausschu? als Ganzes.
Den abgeanderten Befehlen hatte ein privater Brief Godschales beigelegen. Unter anderem enthielt er Andeutungen uber die Liaison zwischen Bolitho und einer gewissen Catherine Pareja. Insgeheim hatte er, Herrick, sich ihr gegenuber immer befangen gefuhlt. Kate war eine stolze, selbstandige Frau, der es in seinen Augen an Bescheidenheit und Demut mangelte. Geruhrt dachte er an seine liebe Dulcie in ihrem neuen Haus in Kent. Gar kein Vergleich mit ihr.
Wie tapfer Dulcie gewesen war, als sie erfuhr, da? sie ihm keine Kinder wurde schenken konnen. Leise hatte sie erklart:»Wenn wir uns nur fruher kennengelernt hatten, Thomas. Vielleicht hatten wir dann einen hubschen Sohn gehabt, einen Nachfolger fur dich in der Navy. «Er dachte auch an Bolithos Leben in Falmouth, an das alte graue Herrenhaus, in dem er aus- und eingegangen war, als Bolitho die Phalarope fuhrte und er zum Ersten Leutnant aufgestiegen war. Das schien ein Jahrhundert zuruckzuliegen.
Herrick war von untersetzter Statur und hatte sich gemutlich gerundet, seit er mit Dulcie verheiratet war. Gleichzeitig war er zu der fur ihn immer noch unglaublichen Hohe eines Konteradmirals aufgestiegen. Er war schon so lange hier drau?en, da? sein ehrliches rundes Gesicht wie Mahagoni aussah, eine Farbe, die seine strahlenden blauen Augen und die grauen Strahnen noch mehr hervorhob.
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