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Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander - Страница 60


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Bolitho sah ihn an, entdeckte aber nichts anderes in seinem Gesicht als fluchtiges Interesse. Er hatte jedoch Alldays Miene bemerkt und seine stumme Warnung. Zufallige Namensgleichheit? Bolitho legte sich die Frage vor, ob er mehr wissen wollte. Er erhob sich.

«Ich gehe an Deck spazieren.»

Beim Hinausgehen fuhlte er Blachfords Blicke im Rucken.

Erst am nachsten Tag waren Herricks drei Schiffe so nahe, da? man Signale austauschen konnte. Fahnriche bedienten die Flaggleinen, angefeuert von Jenour, dem bewu?t war, da? der Mi?mut seinen Vizeadmiral uberkam.

Bolitho hielt sich am Stag fest und verglich die drei Hinzugekommenen mit seinem eigenen Vierundsiebziger, wie sie unter gekurzten Segeln im Wasser lagen. Als ob sie und nicht ihre Kommandanten Anweisungen erwarteten. Das Wetter hatte sich nicht gebessert, vielmehr uber Nacht eine steile Dunung entwickelt. Bolitho bedeckte sein verletztes Auge mit der Hand. Seine Haut war feucht und hei? wie damals in dem Fieber, das Catherine und ihn zusammengebracht hatte.

Keen kam uber die schlupfrigen Planken und stellte sich neben ihn, sein Fernrohr umgekehrt unterm Arm, um die Linsen vor Spritzwasser zu schutzen.»Der Wind kommt stetig aus Nordost, Sir Richard.»

«Danke. «Bolitho versuchte, das Quietschen der Pumpen zu uberhoren. Das alte Schiff arbeitete in allen Verbanden, und sie hatten jede Nachtwache pumpen mussen. Gott sei Dank verstand Keen sein Handwerk und kannte die Grenzen seiner Autoritat. Haven hatte die unglucklichen Seeleute langst auspeitschen lassen, dachte er erbittert. Kaum eine Stunde war vergangen, ohne da? man die Leute nach oben gepfiffen hatte, um Segel wegzunehmen oder wieder zu setzen. Das Bedienen der Pumpen, das Festlaschen losegekommener Ausrustung, all das erforderte sowohl Geduld als auch Disziplin, um die Manner davon abzuhalten, einander an die Gurgel zu gehen. Auch die Offiziere waren nicht frei von Temperamentsausbruchen. Es kam zum Streit, wenn ein Leutnant seinen Vorganger nur wenige Minuten verspatet abloste. Bolitho hatte gehort, wie Keen einen zurechtwies, sich seiner Uniform entsprechend zu benehmen. Es war fur alle nicht leicht.

Bolitho sagte:»Wenn es noch rauher wird, konnen wir nicht mehr Boote aussetzen. «Er musterte die verstreuten Schiffe, die seine Fuhrung erwarteten. Benbow schlingerte beim Wenden, ihre

Segel wogten und knallten, glanzten dann in der gefilterten Helle wie Brustpanzer. Herrick kam, um mit ihm zu reden. Von Angesicht zu Angesicht, typisch fur ihn.

Herricks Boot brauchte drei Anlaufe, ehe es der Bugmann an den Gro?rusten festmachen konnte. Aber in der Kajute klangen die Gerausche gedampft, und nur der Horizont, verwischt durch das dicke Glas der Heckfenster, schwankte wie betrunken. Herrick kam gleich zur Sache.

«Ich will wissen, was du vorhast. «Er schuttelte den Kopf, als Ozzard sich mit einem Tablett in der Hand naherte.»Nein, danke.»

«Ich mu? so bald wie moglich auf mein Flaggschiff zuruck«, fuhr er fort. Und mit einem Blick auf das an den Fenstern herunterrinnende Spritzwasser:»Mir gefallt dies Wetter uberhaupt nicht.»

Bolitho erkundigte sich:»Immer noch keine Spur von der Mouette, Thomas? Ich habe die Phaedra hinterhergeschickt, sie zu suchen.»

Herrick schuttelte den Kopf und beugte sich im Sessel vor.»Kapitan Sinclair wei? selbst, worum es geht. Er wird das feindliche Geschwader finden.»

Bolitho entgegnete:»Ich brauche jedes Fahrzeug, das fur uns aufklaren kann. Das ist keine Kritik.»

Herrick lehnte sich wieder zuruck.»Ich glaube, wir sollten in Richtung Toulon segeln. Dann werden wir sehen, was los ist, auf die eine oder andere Art.»

Bolitho legte seine Hande auf den Tisch. Durch das Holz fuhlte er, wie das ganze Schiff zitterte und das Ruderblatt gegen den Schaft ruckte.»Sollte der Feind wieder ins Mittelmeer kommen, Thomas, konnten wir ebenso leicht die Verbindung zu ihm verlieren wie Nelson, als er ihm nach Westen davonlief. «Entschlossen sagte er:»Ich habe die Absicht, nach Gibraltar zu gehen. Wenn wir dort keine Informationen vorfinden, laufen wir durch die Stra?e und schlie?en uns der Flotte im Atlantik an. Ich sehe keinen anderen Ausweg.»

Herrick beaugte ihn eigensinnig.»Oder wir bleiben hier und warten. Niemand kann uns daraus einen Vorwurf machen. Man wird uns aber sicherlich verurteilen, wenn wir Toulon ignorieren und den Gegner verfehlen.»

«Ich wurde mir nur selber Vorwurfe machen, Thomas. Mein Kopf sagt mir das eine, mein Gefuhl befiehlt mir das Gegenteil.»

Herrick neigte sein Ohr und lauschte auf die Pumpen.»Steht es so schlecht?»

«Das Schiff halt noch mehr aus.»

«Ich habe Absolute in den Hafen geschickt, weil sie zu verrottet war.»

Bolitho erwiderte:»Ich konnte sie jetzt gebrauchen, verrottet oder nicht.»

Herrick stand auf und ging zu den Heckfenstern.»Ich sollte aufbrechen. Das ist nicht unhoflich gemeint, aber mein Boot wird hart zu kampfen haben, so wie es drau?en aussieht.»

Bolitho schaute ihm voll ins Gesicht.»Hor zu, Thomas. Es ist mir egal, was du uber mein Privatleben denkst; denn das ist nicht ausschlaggebend. Aber ich brauche deine volle Unterstutzung, weil wir bald kampfen werden. «Er stutzte den Kopf in die Hande.»Ich spure es.»

Herrick zogerte, als wittere er eine Falle.»Als Zweiter Befehlshaber bin ich jederzeit bereit, wenn man uns zum Kampf ruft. Aber ich glaube noch immer, da? du dich irrst.»

Bolitho sagte verzweifelt:»Du horst nicht zu, Mann! Ich befehle nicht, ich spreche von Unterstutzung. «Er bemerkte Herricks Erstaunen und rief aus:»Um Gottes willen, Thomas, mu? ich erst bitten? Ich werde langsam blind, hat sich das noch nicht zu dir herumgesprochen?»

Herrick schnappte nach Luft.»Ich hatte keine Ahnung…»

Bolitho sah fort.»Ich mu? dich auch bitten, es fur dich zu behalten. «Er fuhr herum, seine Stimme war rauh.»Aber wenn ich falle, mu?t du diese Manner fuhren, mu?t du sie dazu kriegen, notfalls ein Wunder zu vollbringen. Horst du jetzt zu?»

Es klopfte. Bolitho rief:»Ja?»

Keen trat ein und schaute ins Leere.»Signal von der Phaedra, Sir, ubermittelt durch Tybalt.»

Herrick fragte schnell:»Was ist mit La Mouettel»

Keen sah nur Bolitho an und erwiderte kurz:»Sie ist versenkt!»

Ihre Blicke trafen sich.»Neuigkeiten uber den Feind, Val?»

«Ein spanisches Geschwader ist unterwegs — westwarts, Sir Richard.»

Herrick fragte:»Wie stark?»

Noch immer vermied es Keen, ihn anzusehen.»Phaedra hat noch keine Einzelheiten gemeldet. Sie wurde verfolgt, beschossen und beschadigt. «Er trat einen Schritt vor und lie? die Arme sinken.»Aber soviel wir wissen, sind es Linienschiffe.»

Bolitho fuhr sich durchs Haar.»Wie viele Schiffe hat Nelson?»

Keen sah ihn an und wu?te, worauf er hinauswollte.

«Es war von zwei Dutzend Linienschiffen die Rede, Sir Richard. Die Franzosen und ihre spanischen Verbundeten, sagt man, hatten mehr als drei?ig. Darunter befinden sich einige der gro?ten und erstklassigsten, die zur Zeit schwimmen.»

Bolitho lauschte dem Achzen des Windes. Teile und herrsche. Wie gut Villeneuve alles vorbereitet hatte. Dieser gewaltigen Kampfkraft, die Phaedra rein zufallig entdeckt hatte, dieser zahlenma?igen Ubermacht war Nelson unterlegen.

Er stellte fest:»Wenn sie durch die Stra?e entkommen, kriegen wir sie niemals rechtzeitig zu fassen. «Und mit Blick auf Keen:»Signal an Phaedra: zum Flaggschiff aufschlie?en. Und wenn das kleine Schiff dicht genug heran ist, im Klartext: gut gemacht.»

Als Keen gegangen war, au?erte Herrick plotzlich entschlossen:»Ich mache mit! Sag mir, was ich tun soll.»

Bolitho starrte durch die fleckigen Fenster.»Moglichst wenig signalisieren, Thomas, wir sprachen schon daruber.»

«Und dein Auge?«Es klang bedruckt.

«O nein, nichts mehr davon, Thomas. Die kleine Phaedra hat meine Blindheit aufgewogen. Aber wenn meine Flagge niedergeholt wird, mu? Benbow die Fuhrung ubernehmen.»

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