G?tz von Berlichingen - фон Гёте Иоганн Вольфганг - Страница 6
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Olearius . Es scheint, Ihr seid dazu bestellt, Wahrheiten. zu sagen.
Liebetraut . Weil ich 's Herz dazu hab, so fehlt mir's nicht am Maul.
Olearius . Aber doch an Geschicklichkeit, sie wohl anzubringen.
Liebetraut . Schropfkopfe sind wohl angebracht, wo sie ziehen.
Olearius . Bader erkennt man an der Schurze und nimmt in ihrem Amte ihnen nichts ubel. Zur Vorsorge tatet Ihr wohl, wenn Ihr eine Schellenkappe trugt.
Liebetraut . Wo habt Ihr promoviert? Es ist nur zur Nachfrage, wenn mir einmal der Einfall kame, da? ich gleich vor die rechte Schmiede ginge.
Olearius . Ihr seid verwegen.
Liebetraut . Und Ihr sehr breit.
(Bischof und Abt lachen.)
Bischof . Von was anders! — Nicht so hitzig, ihr Herrn. Bei Tisch geht alles drein — Einen andern Diskurs, Liebetraut!
Liebetraut . Gegen Frankfurt liegt ein Ding uber, hei?t Sachsenhausen —
Olearius (zum Bischof). Was spricht man vom Turkenzug, Ihro Furstliche Gnaden?
Bischof . Der Kaiser hat nichts Angelegners, als vorerst das Reich zu beruhigen, die Fehden abzuschaffen und das Ansehn der Gerichte zu befestigen. Dann, sagt man, wird er personlich gegen die Feinde des Reichs und der Christenheit ziehen. Jetzt machen ihm seine Privathandel noch zu tun, und das Reich ist, trotz ein vierzig Landfrieden, noch immer eine Mordergrube. Franken, Schwaben, der Oberrhein und die angrenzenden Lander werden von ubermutigen und kuhnen Rittern verheeret. Sickingen, Selbitz mit einem Fu?, Berlichingen mit der eisernen Hand spotten in diesen Gegenden des kaiserlichen Ansehens —
Abt . Ja, wenn Ihro Majestat nicht bald dazu tun, so stecken einen die Kerl am End in Sack.
Liebetraut . Das mu?t ein Kerl sein, der das Weinfa? von Fuld in den Sack schieben wollte.
Bischof . Besonders ist der letzte seit vielen Jahren mein unversohnlicher Feind, und molestiert mich unsaglich; aber es soll nicht lang mehr wahren, hoff ich. Der Kaiser halt jetzt seinen Hof zu Augsburg. Wir haben unsere Ma?regeln genommen, es kann uns nicht fehlen. — Herr Doktor, kennt Ihr Adelberten von Weislingen?
Olearius . Nein, Ihro Eminenz.
Bischof . Wenn Ihr die Ankunft dieses Mannes erwartet, werdet Ihr Euch freuen, den edelsten, verstandigsten und angenehmsten Ritter in einer Person zu sehen.
Olearius . Es mu? ein vortrefflicher Mann sein, der solche Lobeserhebungen aus solch einem Munde verdient.
Liebetraut . Er ist auf keiner Akademie gewesen.
Bischof . Das wissen wir. (Die Bedienten laufen ans Fenster.) Was gibt's?
Ein Bedienter . Eben reit Farber, Weislingens Knecht, zum Schlo?tor herein.
Bischof . Seht, was er bringt, er wird ihn melden.
(Liebetraut geht. Sie stehn auf und trinken noch eins. -
Liebetraut kommt zuruck.)
Bischof . Was fur Nachrichten?
Liebetraut . Ich wollt, es mu?t sie Euch ein andrer sagen. Weislingen ist gefangen.
Bischof . Oh!
Liebetraut . Berlichingen hat ihn und drei Knechte bei Haslach weggenommen. Einer ist entronnen, Euch's anzusagen.
Abt . Eine Hiobspost.
Olearius . Es tut mir von Herzen leid.
Bischof . Ich will den Knecht sehn, bringt ihn herauf — Ich will ihn selbst sprechen. Bringt ihn in mein Kabinett. (Ab.)
Abt (setzt sich). Noch einen Schluck.
(Die Knechte schenken ein.)
Olearius . Belieben Ihro Hochwurden nicht eine kleine Promenade in den Garten zu machen? Post coenam stabis seu passus mille meabis.
Liebetraut . Wahrhaftig, das Sitzen ist Ihnen nicht gesund. Sie kriegen. noch einen Schlagflu?.
Abt (hebt sich auf).
Liebetraut (vor sich). Wann ich ihn nur drau?en hab, will ich ihm furs Exerzitium sorgen.
(Gehn ab.)
Jagsthausen
Maria. Weislingen.
Maria . Ihr liebt mich, sagt Ihr. Ich glaub es gerne und hoffe, mit Euch glucklich zu sein und Euch glucklich zu machen.
Weislingen . Ich fuhle nichts, als nur da? ich ganz dein bin. (Er umarmt sie.)
Maria . Ich bitte Euch, la?t mich. Einen Ku? hab ich Euch zum Gottespfennig erlaubt; Ihr scheint aber schon von dem Besitz nehmen zu wollen, was nur unter Bedingungen Euer ist.
Weislingen . Ihr seid zu streng, Maria! Unschuldige Liebe erfreut die Gottheit, statt sie zu beleidigen.
Maria . Es sei! Aber ich bin nicht dadurch erbaut. Man lehrte mich: Liebkosungen sein wie Ketten, stark durch ihre Verwandtschaft, und Madchen, wenn sie liebten, sein schwacher als Simson nach Verlust seiner Locken.
Weislingen . Wer lehrte Euch das?
Maria . Die Abtissin meines Klosters. Bis in mein sechzehntes Jahr war ich bei ihr, und nur mit Euch empfind ich das Gluck, das ich in ihrem Umgang geno?. Sie hatte geliebt und durfte reden. Sie hatte ein Herz voll Empfindung! Sie war eine vortreffliche Frau.
Weislingen . Da glich sie dir! (Er nimmt ihre Hand.) Wie wird mir's werden, wenn ich Euch verlassen soll!
Maria (zieht ihre Hand zuruck). Ein bi?chen eng, hoff ich, denn ich wei?, wie's mir sein wird. Aber Ihr sollt fort.
Weislingen . Ja, meine Teuerste, und ich will. Denn ich fuhle, welche Seligkeiten ich mir durch dies Opfer erwerbe. Gesegnet sei dein Bruder, und der Tag, an dem er auszog, mich zu fangen!
Maria . Sein Herz war voll Hoffnung fur ihn und dich.»Lebt wohl!«sagt' er beim Abschied,»ich will sehen, da? ich ihn wiederfinde.»
Weislingen . Er hat's. Wie wunscht ich, die Verwaltung meiner Guter und ihre Sicherheit nicht durch das leidige Hofleben so versaumt zu haben! Du konntest gleich die Meinige sein.
Maria . Auch der Aufschub hat seine Freuden.
Weislingen . Sage das nicht, Maria, ich mu? sonst furchten, du empfindest weniger stark als ich. Doch ich bu?e verdient; und welche Hoffnungen werden mich auf jedem Schritt begleiten! Ganz der Deine zu sein, nur in dir und dem Kreise von Guten zu leben, von der Welt entfernt, getrennt, alle Wonne zu genie?en, die so zwei Herzen, einander gewahren! Was ist die Gnade des Fursten, was der Beifall der Welt gegen diese einfache Gluckseligkeit? Ich habe viel gehofft und gewunscht, das widerfahrt mir uber alles Hoffen und Wunschen.
(Gotz kommt.)
Gotz . Euer Knab ist wieder da. Er konnte vor Mudigkeit und Hunger kaum etwas vorbringen. Meine Frau gibt ihm zu essen. So viel hab ich verstanden: der Bischof will den Knaben nicht herausgeben, es sollen Kaiserliche Kommissarien ernannt und ein Tag ausgesetzt werden, wo die Sache dann verglichen werden mag. Dem sei, wie ihm wolle, Adelbert, Ihr seid frei; ich verlange weiter nichts als Eure Hand, da? Ihr ins kunftige meinen Feinden weder offentlich noch heimlich Vorschub tun wollt.
Weislingen . Hier fa? ich Eure Hand. La?t, von diesem Augenblick an, Freundschaft und Vertrauen, gleich einem ewigen Gesetz der Natur, unveranderlich unter uns sein! Erlaubt mir zugleich, diese Hand zu fassen (er nimmt Mariens Hand) und den Besitz des edelsten Frauleins.
Gotz . Darf ich ja fur Euch sagen?
Maria . Wenn Ihr es mit mir sagt.
Gotz . Es ist ein Gluck, da? unsere Vorteile diesmal miteinander gehn. Du brauchst nicht rot zu werden. Deine Blicke sind Beweis genug. Ja denn, Weislingen! Gebt Euch die Hande, und so sprech ich Amen! — Mein Freund und Bruder! — Ich danke dir, Schwester! Du kannst mehr als Hanf spinnen. Du hast einen Faden gedreht, diesen Paradiesvogel zu fesseln. Du siehst nicht ganz frei, Adelbert! Was fehlt dir? Ich — bin ganz glucklich; was ich nur traumend hoffte, seh ich, und bin wie traumend. Ach! nun ist mein Traum aus. Mir war's heute nacht, ich gab dir meine rechte eiserne Hand, und du hieltest mich so fest, da? sie aus den Armschienen ging wie abgebrochen. Ich erschrak und wachte druber auf. Ich hatte nur forttraumen sollen, da wurd ich gesehen haben, wie du mir eine neue lebendige Hand ansetztest — Du sollst mir jetzo fort, dein Schlo? und deine Guter in vollkommenen Stand zu setzen. Der verdammte Hof hat dich beides versaumen machen. Ich mu? meiner Frau rufen. Elisabeth!
Maria . Mein Bruder ist in voller Freude.
Weislingen . Und doch darf ich ihm den Rang streitig machen.
Gotz . Du wirst anmutig wohnen.
Maria . Franken ist ein gesegnetes Land.
Weislingen . Und ich darf wohl sagen, mein Schlo? liegt in der gesegnetsten und anmutigsten Gegend.
Gotz . Das durft Ihr, und ich will's behaupten. Hier flie?t der Main, und allmahlich hebt der Berg an, der, mit Ackern und Weinbergen bekleidet, von Euerm Schlo? gekront wird, dann biegt sich der Flu? schnell um die Ecke hinter dem Felsen Eures Schlosses hin. Die Fenster des gro?en Saals gehen steil herab aufs Wasser, eine Aussicht viel Stunden weit.
(Elisabeth kommt.)
Elisabeth . Was schafft ihr?
Gotz . Du sollst deine Hand auch dazu geben und sagen:»Gott segne euch!«Sie sind ein Paar.
Elisabeth . So geschwind!
Gotz . Aber nicht unvermutet.
Elisabeth . Moget Ihr Euch so immer nach ihr sehnen als bisher, da ihr um sie warbt! Und dann! Mochtet Ihr so glucklich sein, als Ihr sie lieb behaltet!
Weislingen . Amen! Ich begehre kein Gluck als unter diesem Titel.
Gotz . Der Brautigam, meine liebe Frau, tut eine kleine Reise; denn die gro?e Veranderung zieht viel geringe nach sich. Er entfernt sich zuerst vom Bischoflichen Hof, um diese Freundschaft nach und nach erkalten zu lassen. Dann rei?t er seine Guter eigennutzigen Pachtern aus den Handen. Und — kommt, Schwester, komm, Elisabeth! Wir wollen ihn allein lassen. Sein Knab hat ohne Zweifel geheime Auftrage an ihn.
Weislingen . Nichts, als was Ihr wissen durft.
Gotz . Braucht's nicht. — Franken und Schwaben! Ihr seid nun verschwisterter als jemals. Wie wollen wir den Fursten den Daumen auf dem Aug halten!
(Die drei gehn.)
Weislingen . Gott im Himmel! Konntest du mir Unwurdigem solch eine Seligkeit bereiten? Es ist zu viel fur mein Herz. Wie ich von den elenden Menschen abhing, die ich zu beherrschen glaubte, von den Blicken des Fursten, von dem ehrerbietigen Beifall umher! Gotz, teurer Gotz, du hast mich mir selbst wiedergegeben, und, Maria, du vollendest meine Sinnesanderung. Ich fuhle mich so frei wie in heiterer Luft. Bamberg will ich nicht mehr sehen, will all die schandlichen Verbindungen durchschneiden, die mich unter mir selbst hielten. Mein Herz erweitert sich, hier ist kein beschwerliches Streben nach versagter Gro?e. So gewi? ist der allein glucklich und gro?, der weder zu herrschen noch zu gehorchen braucht, um etwas zu sein!
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