Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 38
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Ein Matrose — in der einen Hand eine Pistole, um die andere einen behelfsma?igen Verband — rief:»Hier geht's runter, Sir!»
Bolitho kletterte eine Leiter hinab. Sein Magen rebellierte beim Anblick von so viel Leid und Schmerz. Drei Manner lagen besinnungslos oder tot vor ihm, ein vierter kroch, so gut er konnte, an seine Gefechtstation zuruck.
Egmont stand an einem Tisch und trocknete sich die Hande an einem Fetzen Stoff, wahrend ein Matrose eine Lampe fur ihn putzte.
Er erkannte Bolitho und bedachte ihn mit mudem Schulterzucken.»Ein unerwartetes Zusammentreffen, Leutnant.»
Bolitho fragte:»Haben Sie die Verwundeten versorgt?»
«Sie kennen die Marine, Leutnant. Es ist sehr lange her, seit ich unter dem Vater Ihres Kommandanten diente, aber was man einmal gelernt hat, vergi?t man nie.»
Bolitho horte das eifrige Schnaufen der Pumpen und das Scharren von Blocken und Taljen, die geschaftig uber das Oberdeck gezogen wurden. Die Matrosen der Destiny waren wieder an der Arbeit, und er wurde gebraucht, um Palliser zu helfen und die Leute — notfalls mit Gewalt — anzutreiben.
Sie waren in einem wilden Gefecht gewesen, und einige hatten dabei ihr Leben verloren. Nun mu?ten sie abermals heran. Lie? man sie verschnaufen, wurden sie sich fallen lassen. Erlaubte man ihnen, den Verlust eines guten Freundes zu beklagen, wurden sie ihren Kampfgeist verlieren.
Bolitho fragte:»Ihre Frau — ist sie in Sicherheit?»
Egmont wies auf ein Schott.»Da drin.»
Bolitho warf sich mit der Schulter dagegen, wobei ihn die Angst, wieder unter Deck eingeklemmt zu werden, packte. Im schwachen Lampenlicht sah er drei Frauen in einer fenster- und luftlosen Kammer: Aurora Egmont, ihre Zofe und eine fullige Dame, in der er die Frau des Kapitans vermutete. Er sagte:»Gott sei Dank, Sie sind unversehrt. «Aurora kam auf ihn zu, und da ihre Fu?e in dem Dammerlicht der Kammer unsichtbar waren, schien es, als ob sie auf ihn zuschwebe. Sie hob eine Hand, strich ihm uber das Gesicht und sein nasses Haar und sagte leise:»Ich dachte, Sie waren noch in Rio. «Ihre Hande beruhrten seine Brust und seine herabhangenden Arme.»Mein armer Leutnant, was hat man Ihnen angetan?«Bolitho meinte, den Verstand zu verlieren. Selbst hier, in den Ausdunstungen der Bilge und des Todes, roch er ihr Parfum; er spurte den leichten Druck ihrer Finger auf seinem Gesicht und hatte sie gern umarmt, ihren Korper an sich gepre?t wie in seinem Traum, die Sorgen mit ihr geteilt, ihr sein Verlangen offenbart.»Bitte. «Er versuchte, zuruckzutreten.»Ich bin na? und schmutzig. Ich wollte mich nur vergewissern, da? Sie unverletzt sind. «Sie wischte seinen Protest beiseite und legte ihm die Hande auf die Schultern.»Mein tapferer Leutnant!«Dann wandte sie sich zu ihrer Zofe um und sagte scharf:»Hor auf zu heulen, du dummes Madchen. Wo ist dein Stolz?»
In diesen Sekunden fuhlte Bolitho, da? sich ihre Brust gegen sein nasses Hemd pre?te, als sei kein Stoff mehr zwischen ihren Korpern. Er murmelte:»Ich mu? gehen!»
Sie sah ihn so eindringlich an, als suche sie sich jeden Zug einzupragen.»Wollen Sie wieder kampfen? Mussen Sie?»
Bolitho fuhlte neue Kraft in seinen Korper stromen. Er vermochte sogar zu lacheln, als er sagte:»Ich habe jetzt jemanden, fur den ich kampfe, Aurora.«»Sie wissen noch meinen Namen?»
Dann zog sie seinen Kopf herunter und ku?te ihn fest auf den Mund. Dabei zitterte sie genau wie er. Die Beschimpfung der Zofe war nur eine Ablenkung gewesen. Sie flusterte:»Nimm dich in acht, Richard.»
Als Bolitho zuruckeilte und die Leiter hochkletterte, horte er schon von fern Pallisers Stimme. Palliser beobachtete die beiden gro?en Schoner durch ein Fernrohr; ohne es zu senken, sagte er trocken:»Darf ich annehmen, da? unten alles wohlauf ist?»
Bolitho wollte an seinen Hut tippen, erinnerte sich aber, da? er ihn schon vor langer Zeit verloren hatte.
«Aye, Sir. Egmont hilft den Verwundeten.»
«Tatsachlich?«Palliser schob das Teleskop mit einem Knall zusammen.»Horen Sie gut zu: Die Teufel werden versuchen, unsere Krafte zu zersplittern. Einer wird etwas abhalten, wahrend der andere anlauft, um uns zu entern. «Er dachte laut.»Wir haben einen Kampf uberlebt, nun wollen sie den volligen Sieg. Sie werden kein Pardon geben.»
Bolitho nickte.»Wir konnten sie uns vom Leibe halten, wenn jede Kanone voll bemannt ware, Sir.»
Palliser schuttelte den Kopf.»Nein. Wir treiben steuerlos und konnen nicht verhindern, da? einer oder beide hinter uns vorbeisegeln und unser wehrloses Heck unter Feuer nehmen. «Er beobachtete einige Matrosen der Brigg, die vorbeischlurften.»Diese Leute sind erledigt, haben keinen Kampfgeist mehr. Alles hangt von uns ab. «Er nickte kraftig, sein Entschlu? stand fest.»Wir werden einen der Schurken herankommen lassen und sie voneinander trennen. Mal sehen, wie ihnen das gefallt.»
Bolitho musterte die abgebrochenen Masten und herumliegenden Toten, zwischen denen die Manner der Destiny sich wie Leichenfledderer auf einem Schlachtfeld bewegten. Er strich sich mit seinen Fingern uber den Mund, als konne er die Stelle spuren, wo sie ihn mit solcher Leidenschaft geku?t hatte. Er sagte:»Ich werde es den anderen ausrichten, Sir. «Palliser sah ihn duster an.»Ja, tun Sie das. Erklarungen konnen spater gegeben werden, wenn wir gewonnen haben. Wenn nicht, kommt's darauf auch nicht mehr an.»
Palliser senkte sein Teleskop und sagte bitter:»Sie haben mehr Leute, als ich dachte.»
Bolitho beschattete seine Augen und beobachtete die beiden Schoner. Ihre gro?en Gaffelsegel am vorderen und achteren Mast standen wie Vogelschwingen vor dem hellen Himmel. Langsam arbeiteten sie sich nach Luv von der hilflosen Brigg. Das gro?ere der beiden Schiffe, dessen Segel von den Kartatschenladungen wahrend des abenteuerlichen Gefechts wie mit Pockennarben ubersat waren, war ein Toppsegelschoner.[10] Er rief eine Erinnerung in Bolitho wach.»Ich glaube, dies ist das Fahrzeug, das den Hafen verlie?, als wir bei Eg-mont zu Besuch waren, Sir. Ich erinnere mich an das Rigg.»
«Stimmt wahrscheinlich. Es gibt nur wenige davon in diesen Gewassern.»
Palliser beobachtete die methodische Annaherung der Schoner. Einer hielt sich weit in Luv, der andere manovrierte von Backbord aus auf den Bug der Rosario zu, wo er von deren ubriggebliebenen Kanonen am schlechtesten zu bestreichen war. Immerhin waren es solide Sechspfunder, die unter Littles erfahrener Leitung jedem gefahrlich werden konnten, der ihnen zu nahe kam.
Palliser reichte Bolitho das Glas.»Sehen Sie selbst. «Er ging zum Kompa? hinuber und sprach mit Slade und dem Kapitan der Brigg.
Bolitho richtete das Glas mit angehaltenem Atem auf den naherstehenden Schoner. Er wirkte von Wind und Wetter zerzaust und wenig gepflegt. Viele Manner schauten zur trotzigen, wenn auch machtlosen Brigg heruber. Ihre herausfordernden und hohnischen Rufe waren auf die Entfernung schwach zu horen.
Bolitho dachte an die Frau in der Kammer und an das, was diese Kerle mit ihr machen wurden, und packte seinen Sabel so fest, da? ihm die Handflache wehtat. Er horte den Kapitan der Brigg sagen:»Ich will nicht mit einem Offizier des Konigs streiten, aber machen Sie mich nicht fur das verantwortlich, was kommt.»
Slade fugte leise hinzu:»Sie konnen es nicht mit ihnen aufnehmen, Sir. Es ist nicht richtig, es darauf ankommen zu lassen.»
Pallisers Stimme war hart und kompromi?los:»Was empfehlen Sie? Da? wir auf ein Wunder warten? Beten, da? die Destiny aus der Weite des Meeres auftaucht und unsere armen Seelen rettet?«Er gab sich keine Muhe, Sarkasmus und Verachtung zu verbergen.»Verdammt, Slade, ich hatte mehr von Ihnen erwartet.»
Er wandte sich um und sah, da? Bolitho die diskutierende kleine Gruppe beobachtete.»In etwa funfzehn Minuten wird der Halsabschneider versuchen, uns zu entern. Wenn wir ihn zuruckschlagen, wird er wieder auf Abstand gehen; beide werden uns dann eine Weile beschie?en. Dann werden sie es wieder versuchen. Und spater noch einmal. «Er wies mit einer weitausholenden Armbewegung auf das zerfurchte Deck und die muden Matrosen.»Glauben Sie, da? die Leute das durchstehen werden?»
10
Zweimaster, beide Masten mit Gaffelsegeln, am vorderen daruber auch Rahsegel und eine Breitfock, die bei Ruckenwind gesetzt werden konnte.
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