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Zerfetzte Flaggen: Leutnant Richard Bolitho in der Karibik - Kent Alexander - Страница 77


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Ein Bajonett schnellte vor und schleuderte einen angreifenden Seemann schreiend in den schwelenden Qualm, aber Bolitho und seine Leute rechts und links hatten jetzt auf dem Deck der Revenge Fu? gefa?t und sturmten weiter vor. Der Mann mit dem Bajonett wirbelte herum und stie? nach Bolitho, aber Stockdale ergriff ihn und schlug ihm mit voller Wucht den Griff seines schweren Entermessers in den Mund. Als der Mann zurucktaumelte, hieb ihm Stockdale ins Genick, so da? er tot zusammenbrach.

Die erste Uberraschung wurde bald der Wut und dem Verteidigungswillen des Gegners weichen, das war Bolitho klar, aber irgendwie schien es ihn nicht zu beruhren.

Einmal, als er sich unter einer herabgesturzten Rah durchwand, um einem Mann, der eine Pistole auf einen der Ihren anlegte, den Arm abzuschlagen, konnte er einen Blick auf die White Hills werfen, sein einst so stolzes Schiff. Die Gro?rah war wie der Bogen eines Riesen in zwei Halften zerbrochen, und auf der Back turmte sich so viel herabgesturzte Takelage, Segel und Trummer, da? die Brigg wie ein Wrack aussah.

Uber diesem Gewirr und Rauch sah er einen scharlachroten Klecks, und es wurde ihm klar, da? er trotz der sich ubersturzenden Ereignisse wohl doch noch den Befehl zum Setzen der britischen Flagge gegeben haben mu?te, aber er konnte sich nicht daran erinnern.

«Hier entlang, Jungs!«Es war Buller, der Enterbeil und Pistole schwang.»Kampft euch nach achtern durch!«Dann fiel er, einen Ausdruck volliger Uberraschung im Gesicht.

Bolitho knirschte mit den Zahmen. Die wertvolle Zeit, die sie mit so viel Muhe gewonnen hatten, war verstrichen.

Vom Achterdeck der Revenge kam jetzt das Bellen eines leichten Schwenkgeschutzes, und Bolitho horte uber den Kampflarm hinweg, da? auch die Kanonen der White Hills noch feuerten. Er stellte sich Frowd vor, wie er trotzig den Widerstand organisierte, bereit zu sterben.

Irgendwie hatten sie sich bis zur Mitte des Decks durchgekampft, wo die aufgehauften Trummer jede Bewegung doppelt schwer machten, aber wo ein Verweilen sicheren Tod bedeutete.

Er sah Dunwoody, der auf dem blutuberstromten Deck mit einem Seemann der Revenge kampfte. Sie rollten am Boden, Dunwoodys Hand war bereits zerfetzt von dem Versuch, des Mannes Entermesser abzuwehren, wahrend er nach seinem eigenen suchte, das ihm entfallen war. Ein weiterer Mann kam aus dem Qualm, in der Hand eine Pike, mit der er Dunwoodys Hals durchbohrte und den zuk-kenden Korper an Deck festspie?te, bis das Entermesser ihn erloste.

Bolitho sah das alles, und als er uber ein umgesturztes Boot sprang, fand er sich Auge in Auge mit dem Kapitan der Revenge. Neben ihm sah er das verlassene Ruder, die aufgerissenen Splitter, die aus dem Achterdeck ragten wie Federn, die verstreuten Korper der Toten, die den doppelten Ladungen der vier Sechspfunder zum Opfer gefallen waren.

Bolitho duckte sich, als des Mannes Klinge uber seinen Kopf zischte, verfing sich in einer Tauschlinge und sturzte schwer zur Seite. Er beobachtete, wie die Klinge wieder hochgerissen wurde und dann auf ihn niederfuhr. Mit seinem Degen parierte er den Schlag, spurte aber die Wucht des Hiebes wie einen schmerzhaften Treffer in seiner Schulter. Der Kapitan sprang zuruck und lief nach achtern, um einen Zusammensto? mit den jetzt heranjagenden Enterern zu vermeiden. Da kamen sie gerannt, Rabbett, sein Entermesser blutig bis zum Griff, Carlsson, der Schwede, in der Hand eine Muskete mit aufgepflanztem Bajonett, die er einem sterbenden Gegner entrissen haben mu?te, und sogar Borga, der romische Koch, bewaffnet mit einem Schwert wie einst seine Vorfahren in der Gladiatorenarena. Sie alle waren noch am Leben und voller Kampfeswut.

Auf der anderen Seite des Decks sah er Quinn mit der zweiten Gruppe der Enterer, bla? und mit einer Stirnwunde, aus der das Blut stromte. Sie waren in einem Kampf mit mindestens der doppelten Anzahl von Gegnern verwickelt.

Bolitho entdeckte plotzlich Couzens und schrie heiser:»Zuruck an Bord! Ich hatte Ihnen gesagt, Sie sollten bei Mr. Frowd bleiben!»

Er duckte sich keuchend, als ein Schatten vor ihm auftauchte. Mit einem scharfen Ruck seines Handgelenks ri? er rechtzeitig den Degen hoch, um den Sto? eines Entermessers aufzufangen.

Der Angreifer war ein Unteroffizier und bestimmt so englisch wie Bolitho selbst.

«Diesmal haben Sie ein zu gro?es Stuck abgebissen, Sirl»

Bolitho fuhlte des Gegners Krafte, er wurde zuruckgedrangt, die Klinge war nur noch fingerbreit von seiner Brust entfernt. Der Dialekt des Mannes war Cornish, wahrscheinlich stammte er aus Bolithos engerer Heimat.

Moffitt hob jetzt den Kopf wie ein Preisboxer, das Blut troff noch von seinem Dolch.

«Aber du auch!»

Bolitho brach unter dem Gewicht des sterbenden Unteroffiziers zusammen. Moffitts Klinge war mit solcher Wucht in dessen Ruk-ken gedrungen, da? sie nur durch ein Wunder nicht alle beide aufspie?te.

Couzens duckte sich und sprang immer wieder rasch zur Seite, wenn die Gestalten um ihn herum nach ihm schlugen und stachen. Stahl prallte auf Stahl, und von achtern erscholl jetzt ein Chor entsetzter Schreie, als ein Schwenkgeschutz inmitten seiner eigenen Bedienungsmannschaft explodierte.

Couzens keuchte atemlos:»Ich will nur helfen, Sir!»

Bolitho schuttelte ihn am Arm und fuhlte, wie Couzens bei seinem Anblick zusammenzuckte.»Nehmen Sie zwei Mann und gehen Sie nach unten. Sagen Sie ihnen, ich mochte, da? diese Brigg in Brand gesetzt wird!«Er spurte, da? der Junge entsetzt war uber seine Wildheit und Wut.»Los, tun Sie, wie Ihnen befohlen!»

Schusse schlugen ins Deck ringsum, trafen die Leichen, die zusammenzuckten wie Lebende. Der Kapitan der Revenge hatte Scharfschutzen in die Takelage geschickt, die Frowds kleine Gruppe und alles, was wie ein Offizier oder zumindest ein Anfuhrer aussah, aufs Korn nehmen sollten.

Stockdale brullte:»Vorsicht, Sir!«Er warf sich nach vorn, als ein Mann mit einem Entermesser Bolitho ansprang, war aber nicht schnell genug. Bolitho sah das wutverzerrte Gesicht des Gegners und fragte sich, ob auch er so aussah und Couzens sich deshalb so vor ihm geangstigt hatte.

Das schwere Entermesser knirschte gegen Bolithos Degengurt und verbeulte die starke Messingplatte wie der Einschlag einer Gewehrkugel.

Er sah den Ausdruck des Gesichts sich wandeln von Wut in Furcht, dann zu volliger Leere, als Bolithos Degen es vom Auge bis zum Kinn aufri? und den rochelnden Mann hintenuber warf.

Bolitho fuhlte sich elend, erschopft und wie gelahmt durch die Wildheit des Kampfes. Couzens hatte es wohl nicht geschafft, die Brigg in Brand zu setzen, denn im Vorschiff fingen die Gegner jetzt an mit Hurrarufen. Der Kampf schien zu Ende zu sein. Wie Quinn hatte er es immerhin versucht.

Da war es wieder, laut und wild:»Hurra, Hurra!»

Bolitho starrte Stockdale an.»Das ist nicht der Feind!»

Er wirbelte herum, lie? zum ersten Mal seinen Degen sinken und sah verblufft, wie aus dem vorderen Niedergang eine Schar schmutziger, unrasierter Gestalten hervorbrach.

Couzens rannte mit ihnen. Vollig au?er sich vor Aufregung rief er:»Gefangene, Sir!»

Dann wurde er von den Befreiten beiseite gefegt, die vorbeisturmten wie ein Wasserfall, bewaffnet mit allem, was sie packen konnten: heruntergefallenen Entermessern, Beilen, eisernen Belegnageln, irgend etwas, womit sie ihre alten Gegner treffen, umbringen oder jene zu Kruppeln schlagen konnten, die sie so lange gefangengehalten hatten.

Bolitho glaubte, einem Wahn zu erliegen, aber das Ganze erwies sich als Wirklichkeit. Offensichtlich handelte es sich um englische Seeleute, die man in fruheren Kampfen gefangengenommen hatte, vielleicht war es sogar die ursprungliche Besatzung dieser Brigg. Sie fegten durch die stark gelichteten Reihen wie eine Flutwelle, alles niederschlagend oder uber Bord werfend, was sich ihnen in den Weg stellte. Unaufhaltsam drangen sie zum Achterschiff vor.

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