Bruderkampf: Richard Bolitho, Kapitan in Ketten - Kent Alexander - Страница 51
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Merkwurdig, da? ihn die Wachen nicht untersucht hatten.
Aber sie waren so unverhohlen zuversichtlich — und das mit gutem Grund — , da? es eigentlich nicht anders zu erwarten gewesen war. Selbst sein Bruder hatte sich die Zeit genommen, noch einmal mit ihm zu reden, bevor er in den Laderaum hinuntergebracht wurde. Hugh Bolitho hatte den Degen seines Vaters umgeschnallt und ein Paar Pistolen im Gurtel. Der bevorstehende Kampf schien ihm neue Energien zu schenken.
«Nun, Richard, dies ist deine letzte Chance. «Er stand lassig auf dem schwankenden Deck, legte den Kopf schief und betrachtete seinen Bruder leicht belustigt.»Blo? eine Entscheidung, und es ist an dir, sie zu treffen.»
«Ich habe dir nichts zu sagen. Nicht jetzt. Nie. «Bolitho bemuhte sich, den Degen zu ubersehen. Er wirkte wie eine zusatzliche Beleidigung.
«Na gut. Nach diesem Gesprach sehe ich dich wahrscheinlich nur noch selten. Ich werde zuviel zu tun haben. «Er blickte zum drohenden Himmel empor.»Der Wind nimmt zu, aber ich rechne dennoch mit Besuchern. «Und harter:»Dann wirst du mit den franzosischen Befehlshabern zurechtkommen mussen. Ich mu? mich mit der Andiron der vereinigten Flotte anschlie?en. «Er bemerkte die Wachsamkeit seines Bruders und fuhr gelassen fort:»Ich kann es dir sagen, Richard, weil du nicht in der Lage sein wirst, teilzunehmen. Der franzosische Admiral de Grasse vereinigt sich mit einem spanischen Geschwader. Sie werden Jamaika angreifen, zusammen mit unseren Schiffen. «Mit einer fluchtigen Geste demonstrierte er die Endgultigkeit der Unternehmung.»Ich furchte, Konig Georg wird sich fur seine Eroberungen andere Teile der Erde aussuchen mussen.»
Bolitho hatte zum Posten gesagt:»Ich mochte unter Deck«, und sein Bruder hatte ihm nachgerufen:»Du bist toricht, Richard. Und, was schlimmer ist, du hast unrecht.»
In dem schwankenden Laderaum fand Bolitho viel Zeit, sich mit der Bitternis und dem Gefuhl der Niederlage herumzuschlagen. Plotzlich wurden die Turriegel mit metallischem Kratzen zuruckgezogen, und Belsey knurrte:»Sie sehen wieder nach uns. Der Teufel soll sie holen. «Doch als der Laternenschein in den Raum fiel und sie blendete, konnte Bolitho nur uberrascht ins Licht starren, denn Stockdale stand im Turrahmen, ein schweres Enterbeil in der Hand.
Bolitho kampfte sich auf die Fu?e. Unter der pendelnden Laterne lag der Posten mit eingeschlagenem Schadel.»Tut mir leid, da? es so lange gedauert hat, Sir, aber ich mu?te erst ihr Vertrauen gewinnen. «Stockdale grinste schuchtern.»Selbst jetzt bin ich mir noch nicht klar, ob ich das Richtige getan habe.»
Bolitho konnte kaum sprechen. Er packte Stockdale beim Arm und stie? hervor:»Du hast goldrichtig gehandelt, Stockdale, nur keine Sorge. «Und zu den anderen:»Stehen Sie zu mir?»
«Sie brauchen mir blo? zu sagen, was ich tun soll«, erwiderte Farquhar noch ganz benommen.
«Schnell, Stockdale!«Bolitho trat auf den Gang hinaus und spahte in das Dunkel hinter dem Laternenschein.»Erzahle, wie steht es?»
«Die da oben machen sich langsam Sorgen, Sir«, sagte Stockdale.»Kein Zeichen eines Angriffs, und das Schiff liegt wegen des Windes schlecht. «Er uberlegte einen Augenblick.»Vielleicht konnten wir an Land schwimmen, Sir?«Er nickte aufgeregt, was nicht oft bei ihm vorkam.»Ja, mit etwas Gluck wurden wir es schaffen.»
Bolitho schuttelte den Kopf.»Nicht jetzt. Sie halten bestimmt Ausschau. Wir durfen nicht an uns denken. Wir mussen versuchen, die Phalarope zu retten, ehe es zu spat ist.»
Stockdales Augen wanderten zu dem Leichnam zu seinen Fu?en.»Wachablosung in einer halben Stunde, Sir. Da bleibt nicht viel Zeit.»
«Ach so. «Bolitho bemuhte sich, seine Erregung und den Drang zu handeln zu unterdrucken und klare Gedanken zu fassen.»Mit der ganzen Mannschaft konnen wir nicht fertig werden, aber mit ein bi?chen Gluck konnen wir ihnen doch eine schone Uberraschung bereiten.»
«Ich wurde gern ein paar von den Schuften mitnehmen!«sagte Belsey.
Bolitho zog den Dolch aus der Kniehose, er glanzte im Laternenschein.»Zeig uns den Weg, Stockdale. Wenn es uns gelingt, zur Back zu kommen, haben wir die Moglichkeit, fur ein bi?chen Abwechslung zu sorgen.»
Farquhar griff nach dem Entermesser des toten Wachtpostens und murmelte rauh:»Denken Sie an die Ankerkette, Sir?»
Bolitho warf ihm einen anerkennenden Blick zu.»Das Schiff rei?t bereits hart am Anker. Wenn es uns gelingt, die Kette zu kappen, ware es in ernster Gefahr. Unsere Leute sind irgendwo da drau?en, und sie werden sich klarhalten, sobald sie die Andiron auf das Kap zutreiben sehen.»
«Die Andiron wird Segel setzen mussen«, stie? Belsey aufgeregt hervor.»Selbst dann schafft sie es womoglich nicht mehr rechtzeitig. Bei dem Wind aus dieser Ecke wird sie hart auf Grund laufen.»
«Verzeihung, Sir. «Stockdale sah Bolitho bekummert an.»Aber vorne haben sie bereits eine starke Ankerwache, um gewappnet zu sein.»
Bolitho lachelte kalt.»Was mich nicht uberrascht. «Er winkte den anderen.»Vorwarts, wir haben wenig Zeit. «Wahrend sie durch den Gang schlichen, sagte er:»Erinnern Sie sich an den Neunpfunder auf der Back, Mr. Farquhar?»
Farquhar nickte, seine Augen funkelten.»Ja, Sir, eins der Buggeschutze.»
Bolitho blieb unter einem schmalen Niedergang stehen und sah zur Luke hinauf. Es konnte glucken. Sie konnten alle dabei draufgehen, aber er wu?te, da? sich jeder daruber klar war.»Die Kanone ist dort hingebracht worden, als man nach den Beschadigungen durch die Phalarope die Reling reparierte. Wenn wir sie jetzt bei diesem Sturm losschneiden, rennt sie Amok wie ein verruckt gewordener Bulle.»
Belsey bleckte die Zahne.»Mein Gott, ein Neunpfunder wiegt uber eine Tonne. Ihn wieder unter Kontrolle zu kriegen, erfordert allerlei.»
Bolitho sagte:»Wenn ich die Zurrings durchschneide, Stockdale, kannst du dann. .»
Stockdale griente.»Kein Wort weiter, Kapitan. «Er schwang die Axt.»Ein paar Minuten ist alles, was ich brauche.»
«Mehr als ein paar Minuten hast du auch nicht, mein Junge. «Bolitho schob sich die Leiter hinauf und spahte durch die Luke. Der Decksbereich lag verodet da. Er sah die nachste und letzte Leiter hinauf und sagte dann:»Bleiben Sie zuruck, Belsey. Mit einem Arm konnen Sie nicht kampfen.»
«Aber ich kann ebensowenig hier sitzenbleiben und nichts tun, Sir. «Belsey blickte Bolitho halsstarrig an.»Keine Bange, Sir, irgend etwas kann ich schon tun.»
Das Knarren der Rundholzer und das trommelnde Schlagen der Wanten und Stagen ubertonte jeden ihrer verstohlenen Tritte. Bolitho lie? den Blick kurz uber die ihm zunachst stehenden Kanonen und die schattenhaften Umrisse ihrer Mannschaften gleiten. Die meisten Manner lagen auf dem Deck oder sa?en am Schanzkleid, nur ein paar standen noch herum. Und die blickten au?enbords. Ihre Augen hoben sich gerade uber die Netze. Bolitho erblickte den einsamen Neunpfunder, dessen langer Umri? zum Hauptdeck vorsprang. Er horte, wie die Kanone leise knarrte, als ware sie verargert uber die Zurring, die sie neben dem Gangspill in Fesseln hielt.
Bolitho wischte sich den Schwei? aus den Augen und verfluchte sein qualendes Herzklopfen. Jetzt oder nie! Sie konnten jeden Augenblick erkannt werden, und dann war alles umsonst. Wahrend die Blicke der anderen fasziniert auf ihm hafteten, richtete er sich auf und schlenderte offen auf die Kanone zu. Er lie? sich gerauschvoll neben ihr nieder und kreuzte die Arme uber der Brust, als wolle er versuchen zu schlafen.
Farquhar quetschte zwischen den Zahnen hervor:»Gott, seht euch das an! Merkt denn wirklich keiner, wer er ist?»
Doch da Bolitho sich vollig frei bewegt hatte, wurde keinerlei Mi?trauen wach, und wahrend die Andiron von einem Wellenkamm zum anderen rollte, storte niemand die Ruhe auf der Back.
Belsey drehte sich um und krachzte:»Da kommt ein Offizier.»
Sie beobachteten stumm, wie sich die blauwei?e Gestalt eines Leutnants vom Hauptdeck langsam auf den Niedergang zur Back zubewegte. Mitten auf dem Niedergang mu?te er stehenbleiben, weil eine heftige Bo das Schiff traf und einen Schwall Gischt uber das Deck trieb, so da? der Vormast wie ein junger Baum erzitterte. Da sagte Stockdale plotzlich:»Er hat's geschafft. «Und wahrend sich der Bug der Fregatte hob und an der Ankerkette zerrte, begann der Neunpfunder zu rollen. Anfanglich war es kaum bemerkbar, doch dann donnerte er auf seinen kreischenden kleinen Rollen die ganze Lange des Vorschiffs hinunter und prallte mit aller Kraft gegen den Fu? des Vormastes.
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