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Fieber an Bord: Fregattenkapitan Bolitho in Polynesien - Kent Alexander - Страница 42


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Bolitho beobachtete kalt. Kein Platz zum Halsen, um den Wind voll auszunutzen. Aber sie mu?ten durch und fast auf der Stelle wenden, ohne vom Gegner mehr zu sehen als den Schimpf dieser vier falschen Masten. Er spurte, wie die Wut ihn blendete und ihm die Kehle zusammenpre?te. Es war alles seine Schuld. Er hatte die schwache Stelle erkennen, die Gerissenheit seines Feindes erahnen mussen. Nein, seine Geschicklichkeit!» Zugleich!»

Mehrere Manner lie?en ihre Brasse los, als eine Kanonenkugel vor ihnen das Schanzkleid durchschlug und drei Leute zermalmte.

Bolitho sah das alles, spurte alles. Eben noch trugen zwei Matrosen einen verwundeten Gefahrten zu einer Luke und in Sicherheit, im nachsten Augenblick brullten sie selbst in einem grausig verstummelten Menschenhaufen.

«Ruder Steuerbord, funfzehn Grad!»

Bolitho rannte nach Lee, um eine Spur des Feindes zu entdecken. Doch von verstreuten Branden auf einem

Abhang abgesehen, zweifellos durch Keens Schrapnells verursacht, war alles wie vorher.

Er beobachtete die Manner an den Brassen, ihre grimmigen, vor Schwei? glanzenden Gesichter. Hier und da packte auch ein Deckoffizier mit an, sogar einige Verwundete halfen, die gro?en Rahen herumzuholen, wahrend uber der stolzen Galionsfigur der zerfetzte Kluver mit schier unentwirrbarem Geschirr im Wind schlug.»Ruder hart Steuerbord!»

Der Steuermannsmaat mu?te es wiederholen, da die Geschutze gerade innenbords rollten, wobei eines durch die Uberreste eines Gefallenen eine rote Spur zog.»Halsen und Schoten los!«Borlases Stimme kam wie ein Schrei durch das Sprachrohr.»Hol die Steuerbord-Brassen!«Bolitho wagte kaum zu atmen, wahrend das Land langsam nach Backbord davonglitt, als das Schiff auf Ruder und Segel reagierte.

Ein Knall loste neue Schreckensschreie aus: eine Kanonenkugel hatte ein weiteres Geschutz umgeworfen. Aus dem Gro?topp kamen Teile der Takelage in schwarzen, glitzernden Duchten herunter, und schwere Blocke tanzten auf den straffen Netzen, als waren sie lebendig. Und zwischen allem Keen und seine Leute, in Blutlachen ausgleitend oder mit hievenden Mannern zusammensto?end, die unerbittlich Verstarkung zu der noch nicht eingesetzten Steuerbordbatterie schickten.

Das alles verzeichnete Bolithos Gehirn wie auf Pergament. Keen behielt also klaren Kopf, wu?te, da? sie gleich nach der Wende eine bescheidene Chance hatten, ihre Angreifer zu entdecken und zu treffen, ehe sie wieder offenes Wasser erreichten.

Ein neues Krachen… Lakey schrie:»Die Gro?bramstenge! Wahrschau an Deck!»

Mit dem Donnern einer Lawine kam die ganze Gro?bramstenge mit Rah, Segel und Rigg von oben. Sie schlug an Backbord auf, zerri? die Schutznetze und fegte die Menschen wie Marionetten beiseite. Bolitho spurte, wie das Schiff unter dem Aufschlag bebte, bemerkte, da? die im Wasser schleppenden Wrackteile die Fahrt wie Treibanker hemmten.

Jury brullte:»Axte her! Kappt das Zeug! Schafft die Verwundeten nach unten!»

Seine laute Stimme schien die benommenen Backbordgeschutzbedienungen zum Leben zu erwecken. Weitere Fallen und Webeleinen, gefolgt vom Wimpel, gingen uber Bord und kreisten zwischen treibenden Toten und verzweifelten Schwimmern, als wollten sie alle mit ihrem Sog unter Wasser ziehen.

Irgendwie bemerkte Bolitho in dem Getose und Qualm, da? das Vormarssegel sich fullte, und sah das Land gefahrlich dicht bei, wahrend die Tempest weiter herumschwang. Die Planken unter ihm baumten sich auf, schleuderten Splitter wie scharfe Pfeile empor, als ein Gescho? die Kampanje durchschlug und im Halbdunkel zwischen den Decks eine Schneise der Zerstorung und des Entsetzens hinterlie?.

Dann sah Bolitho staunend Sonne auf ungetrubtem Wasser schimmern, von fern eine grune Insel leuchten. In der Gegenrichtung trieb der Qualm von seinem Schiff ab, mischte sich mit dem Rauch der in Brand gesetzten Hutten. Eine letzte Kugel traf das Schiff mit einem gewaltigen Schlag unmittelbar am Heck, wie um die Niederlage endgultig zu besiegeln.

Bolitho lauschte auf Stimmen, die Ruhe und Ordnung herzustellen suchten, auf die Schreie der Verwundeten, die jetzt schwacher wurden, da manche starben und andere zum Orlopdeck hinuntergebracht wurden, wo Gwyther und seine Helfer sich ihrer annahmen, so gut sie eben konnten. Die von oben gekommene Bramstenge trieb mit ihren Spieren noch hinter dem Heck, und Bolitho sah einen Mann auf der Saling reiten und dem Schiff nachstarren, zu benommen, um zu begreifen, was sich ereignete. Borlase taumelte auf ihn zu.»Wir sind au?er Schu?weite, Sir. «Anscheinend drangte es ihn zu sprechen, obwohl seine

Stimme belegt und schwankend klang. Midshipman Swift kniete neben einem seiner Leute.»Nur Mut, Fisher.»

Er blickte sich verzweifelt nach Hilfe um, das von Pulverqualm geschwarzte Gesicht von Schwei?spuren gestreift. Oder waren es Tranen? dachte Bolitho. Der verletzte Matrose war einer der alteren Leute und als Signalgast eingeteilt worden, weil er nicht mehr aufentern konnte wie fruher. Zwei bose Sturze hatten ihn beinahe zum Kruppel gemacht; von Rechts wegen hatte er an Land sein mussen, bei seiner Familie, falls er eine hatte. Jetzt lag er da, starrte mit aschgrauem Gesicht in die zerfetzte Takelage hinauf, wahrend er Swifts Hand wie im Gebet umklammert hielt.

Er fragte mit seltsam kraftiger Stimme:»Hat's mich erwischt, Sir?»

Ohne etwas zu sehen, starrte Swift zu Bolitho auf. Dann schien er eigene Kraftreserven zu finden, zog eine Signalflagge naher und bedeckte damit die Huften des Verwundeten. Eine Kanonenkugel, die ein umgesturztes Geschutz getroffen hatte und dabei in zwei Halften zersplittert war, hatte eines seiner Beine nahezu vom Korper getrennt und einen tiefen Schnitt wie mit einem Hackbeil in seiner Leiste hinterlassen.

Swift sagte behutsam:»Es wird schon wieder werden, Fisher. Nur Geduld.»

Fisher versuchte zu grinsen.»Aber mir ist gar nicht gut. «Und damit starb er.

Swift erhob sich und ubergab sich auf das Deck.

Bolitho sah Allday an.»Kummern Sie sich um ihn. Heute war er so viel wert wie sechs andere.»

«Aye, Sir. «Allday schob sein Entermesser in die Scheide und trat neben den Midshipman.

Swift sah ihn nicht an.»Alle diese Toten — wir hatten uberhaupt keine Chance.»

«Denken Sie an Fisher, Mr. Swift. «Alldays Stimme war leise, aber fest.»Es hatte jeden von uns treffen konnen. «Er wartete, bis der junge Mann ihn ansah.»Oder uns alle. Er hat sein Bestes gegeben, aber da sind noch ein paar arme

Kerle, die Hilfe brauchen. «Er wandte sich ab, als der Midshipman schnell zur Achterdeckreling ging. Dann sagte er:»Er wird sich fangen, Captain. Geben Sie ihm nur etwas, in das er sich verbei?en kann.»

Er blickte Bolitho ins Gesicht und bemerkte, da? die

Anspannung es wie Schmerz verzerrte. Er hatte nicht eines seiner Worte aufgenommen.

Lakey fragte:»Was befehlen Sie, Sir?»

Bolitho sah an Allday vorbei zur Insel zuruck, uber der

Rauch wie ein Leichentuch hing.»Wir konnten wieder und wieder in diese Bucht einlaufen, ohne am Resultat etwas zu

andern. Bis…«Er legte die Hande auf den Rucken und pre?te die Finger zusammen, bis der Schmerz ihm die

Fassung wiedergab.»… Bis die Schaden unreparabel waren.

Dann wurden wir auflaufen oder sinken, mu?ten uns ergeben oder alle umgebracht werden.»

Er zwang sich, zu den Matrosen aufzusehen, die in den

Wanten bereits zu der Lucke auf enterten, die die verlorene

Stenge hinterlassen hatte. Sie bewegten sich langsam, hatten

Selbstvertrauen und Willenskraft verloren.

Fast zu sich selbst sagte er:»Der Feind hat die Oberhand.»

In seinem Hirn wiederholte eine Stimme hartnackig: >Du bist geschlagen… geschlagen…<, bis er glaubte, sein Kopf wurde bersten.

«Wir kehren zu dem Schoner zuruck und ankern, Mr. Lakey. «Er wandte sich an Borlase.»Ich wunsche eine Liste der Toten und Verletzten. So schnell wie moglich. «Alle sahen ihn an. Beschuldigend, mitfuhlend, ha?erfullt? Er wu?te es nicht mehr.

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