Eine letzte Breitseite: Kommodore Bolitho im ostlichen Mittelmeer - Kent Alexander - Страница 18
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Als sie endlich gemerkt hatten, was geschah, war es schon zu spat. Stokes trank und trank, Gesicht und Brust trieften von verschuttetem Wein, aber die Soldaten forderten ihn auf, noch mehr zu trinken; schlie?lich hielten sie ihn aufrecht und gossen ihm Wein in den offenen Mund.
Halbverhungert, ausgedorrt und in Angst vor dem Ungewissen Schicksal, verlor Stokes vollig den Verstand. Er taumelte, brullte, tanzte, erbrach sich und fiel standig hin — ein jammervoller Anblick. Doch sobald er keuchend am Boden lag, rissen sie ihn hoch und zwangen ihm noch mehr Wein auf.
Morgens, als die Gefangenen losgebunden und auf dem rauhen Weg zusammengetrieben wurden, hatte Stokes immer noch dagelegen, wie er zuletzt hingefallen war, in einem gro?en Flecken ausgetrockneten Weines wie in einer Blutlache. Und sein Gesicht war eine Maske von Fliegen.
Als Pascoe zu ihm treten wollte, stie?en sie ihn weg. Keiner der Soldaten kummerte sich darum, ob Stokes noch atmete. Als waren sie ihres Spielzeugs mude geworden und wollten nur noch weiter.
Allday beschattete die Augen und musterte die blaue See jenseits der Hugel. Was fur eine ode Gegend: Berge im Landesinneren, und hier an der Kuste zerkluftetes Gelande mit Felsbrocken und Schotterrinnen. Kein Wunder, da? seine Fu?e so zerfetzt waren.
Ein Peitschenknall, und wieder schlurften sie weiter. Als sie den letzten Hang hinangekeucht waren, stie? Allday atemlos hervor:»Schiffe, bei Gott!»
Pascoe nickte.»Ja — drei Stuck!«Er packte Allday beim Arm.»Sehen Sie doch — all diese Menschen!»
Der Pfad, der zum Strand hinabfuhrte und sich dort mit einem anderen, besser gebauten Weg vereinte, wimmelte von Menschen. Von fern sah es aus, als liefen sie so ziellos herum wie Ameisen, doch beim Naherkommen wurde deutlich, da? es sich um ein Arbeitskommando handelte. Hier und da waren bewaffnete Soldaten und Aufseher in Zivil zu unterscheiden, die wie Felsen in der wimmelnden Menschenflut standen.
«Gefangene«, sagte Pascoe.
«Ich glaube, eher Sklaven.»
Die Wachen hatten Peitschen, und die zerlumpten Arbeiter wichen ihnen angstvoll aus.
Allday sah sich die Schiffe genauer an. Zwei Briggs und ein gro?eres Fahrzeug, wohl ein Transporter. Alle drei ankerten dicht unter Land; zwischen ihnen und an dem neuerbauten Pier fuhren standig Leichter und Ruderboote hin und her. Zelte standen in sauberen Reihen am Fu? der Hugel. Auf der anderen Seite der Bucht, einem niedrigen, mit Gras und Heidekraut bewachsenen Vorland, war anscheinend eine Batterie, uber der die spanische Flagge lebhaft flatterte.
«Die Schiffe mussen schwer geladen haben«, murmelte Pascoe.
Sie verstummten, als der Anfuhrer der Reiter herangetrabt kam. Die Peitsche hing an seinem Bein herab, und die Schnur schleifte am Boden. Er deutete auf die Matrosen und brullte einen Befehl.
Zwei Reiter sa?en ab und wiesen mit gezogenen Sabeln auf die erste Zeltreihe. Mit einem Peitschenschnippen wurden Pascoe und Allday von den Matrosen getrennt und zu einer anderen, kurzeren Reihe von Zelten gewiesen.
Vor einem dieser Zelte sah Allday einen Offizier stehen, der ihnen entgegensah, die Augen mit dem Unterarm beschattend. Der Reiter brachte sie zu ihm. Gott sei Dank, dachte Allday. Der Offizier mochte zwar Spanier sein, war aber immer noch besser als diese Halbwilden.
Der Reiter sa? ab und machte dem Offizier Meldung, der nach kurzem Zogern auf sie zukam. Er war sehr schlank und trug einen wei?en Uniformrock zu roter Kniehose. Als er naher kam, sah Allday, da? die elegante Uniform und die blanken Reitstiefel schon ziemlich abgewetzt waren; auch der Mann selbst sah aus, als habe er an diesem elenden Ort geraume Zeit verbracht.
Ganz langsam ging er um die beiden herum. Sein gebrauntes Gesicht war sehr nachdenklich, doch ohne jede Gemutsbewegung.
Als er wieder vor ihnen stand, sagte er in sorgfaltigem Englisch:»Ich bin Capitan Don Camilo San Martin, vom Gardedragonerregiment Seiner Allerkatholischsten Majestat, des Konigs von Spanien. «Er hatte ein sensibles Gesicht, zu dem der schmale, fast grausame Mund wenig pa?te.»Ich ware Ihnen verbunden, wenn Sie mir die Ehre erweisen wurden, mir Ihren Namen und Ihren, ah, Rang zu nennen. «Er hob die Hand.»Doch ehe Sie beginnen — ich warne Sie vor Lugen. Dieser Dummkopf da hat mir berichtet, wie sein Spahtrupp auf Sie gesto?en ist. Da? er Sie nach hartem Kampf uberwaltigen und herschaffen konnte. «Er richtete sich selbstbewu?t auf.»Ich bin zur Zeit Befehlshaber dieses, ah, Unternehmens hier.»
Langsam atmete Allday aus, als Pascoe antwortete:»Ich bin Leutnant Adam Pascoe von der Marine seiner Britannischen Majestat.»
Die melancholischen Augen des Spaniers ruhten jetzt auf Allday.»Und dieser? Ich nehme an, er ist ebenfalls Offizier?«Er verzog leicht den Mund.»Von etwas niedrigerem Rang vielleicht?»
«Ja. «Pascoe schwankte, doch seine Stimme blieb fest.»Deckoffizier.»
Allday staunte uber Pascoes Geistesge genwart, nach allem, was er durchgemacht hatte. Der Spanier schien die Luge zu glauben. Wenn sie jetzt getrennt worden waren, hatte das jede Aussicht auf Flucht zunichte gemacht, wenn es uberhaupt eine gab.
«Gut«, lachelte Capitan San Martin.»Sie sind sehr jung, Tenien-te. Ich gehe daher wohl nicht fehl in der Annahme, da? Sie nicht auf eigene Faust handelten. Da? Sie von einem englischen Schiff kommen?«Mit der gleichen muden Bewegung wie eben hob er die Hand.»Ich wei?, Sie sind Offizier und an Ihren Eid gebunden. Das respektiere ich. Aber es mu? ja einen Grund dafur geben, da? Sie hier sind.»
Heiser sagte Pascoe:»Meine Leute, Capitan — konnen Sie anordnen, da? sie verpflegt werden?»
Der Spanier schien zu uberlegen.»Alles zu seiner Zeit. Im Augenblick haben Sie und ich einiges zu besprechen. «Er deutete auf das Zelt.»Dort drin. Die Sonne brennt heute verflucht hei?.»
Im Zelt war es kuhl, und als sich Alldays Augen an das Dammerlicht gewohnt hatten, sah er, da? er auf einem dicken Teppich stand. Nach dem rauhen Weg war das Balsam fur seine wunden, blasenbedeckten Fu?e.
«Ich sehe an Ihrem Rucken«, bemerkte San Martin,»da? Sie unterwegs etwas rauh behandelt wurden. «Er zuckte die Achseln.»Es sind unwissende Wilde, aber gute Kampfer. Mein Gro?vater pflegte noch Jagd auf sie zu machen, rein aus Sport. «Der Gedanke schien ihn zu amusieren.»Aber die Zeiten andern sich.»
Eine Ordonnanz brachte Becher und schenkte Wein ein. San Martin nickte ihnen zu.»Setzen Sie sich doch, wenn Sie wollen. Sie sind jetzt Kriegsgefangene. Ich schlage vor, Sie genie?en meine Gastfreundschaft, so gut Sie konnen. «Wieder lachelte er.»Ich war selbst Gefangener der Englander und wurde vor einem Jahr ausgetauscht. Dabei lernte ich Ihr Volk verstehen, und auch die Sprache wurde mir gelaufig.»
«Ich mu? darauf bestehen, Sir…«fing Pascoe an.
Weiter kam er nicht. San Martin, mit einem Blick zum Zeltdach, schrie ihn an:»Bei mir haben Sie auf gar nichts zu bestehen, Te-niente!«Bei diesem Ausbruch rann ihm der Schwei? ubers Gesicht.»Es kostet mich nur ein Wort, und Sie sind tot! Wie wurde Ihnen das passen, eh? Diese Tiere da, die Sie drau?en an der Stra?e und den Anlagen arbeiten sehen, sind Verbrecher; ware die Arbeit hier nicht so wichtig, wurden wir sie an die Ruderbanke der Galeeren ketten, wo sie hingehoren, oder am Galgen verfaulen lassen. Zu denen konnte ich Sie stecken, Teniente. Wie wurde es Ihnen gefallen, an einen gro?en Besen gekettet zu arbeiten, Stunde um Stunde nach Trommelwirbel und Peitschenhieb zu leben — eh?«Er war immer noch au?er sich.»Da hatten Sie wenig Zeit, auf etwas zu bestehen, das kann ich Ihnen sagen!»
Allday sah, da? der Soldat mit der Weinflasche heftig zitterte. Er kannte und furchtete anscheinend die Wutanfalle seines Vorgesetzten.
Etwas ruhiger fuhr dieser fort:»Ihr Schiff — oder vielleicht sogar Ihre Schiffe — sind in diesen Gewassern, um uns Schaden zuzufugen. «Wieder lachelte er gelassen.»Ihren Kommandanten — ob ich den wohl kenne?»
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