Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander - Страница 20
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Stohnend offnete Bolitho die Augen. Alles tat ihm weh, er fuhlte sich am ganzen Korper wie zerschlagen. Dann begriff er, da? er auf Neales Stuhl eingeschlafen war.
Doch wurde er sofort hellwach, als er sah, da? Allday sich uber ihn beugte.
«Was gibt's?»
Vorsichtig stellte Allday einen Topf Kaffee auf den Tisch.»Der Wind frischt auf, Sir, und in einer halben Stunde wird es hell. «Er trat einen Schritt zuruck, den Kopf unter den niedrigen Decksbalken etwas eingezogen, und musterte Bolitho kritisch.»Dachte, Sie wollten vielleicht rasiert werden, ehe es tagt.»
Bolitho streckte die Beine aus und schlurfte Kaffee. Allday dachte wirklich an alles.
Wahrend das Deck unter seinen Fu?en im Seegang arbeitete, schien es ihm fast unglaublich, da? sie erst vor wenigen Stunden mit der Brigg Rapid Kontakt aufgenommen hatten, die kurz danach wieder eilig davongesegelt war, um Verbindung mit Phalarope herzustellen.
Der Rest war dann viel einfacher gewesen als erwartet. Beide Fregatten waren wieder uber Stag gegangen und hatten SudostKurs gesteuert, wobei sie den Wind voll ausnutzen konnten, wahrend Rapid sich auf die Suche nach Duncans Sparrowhawk machte.
Besonders eindrucksvoll war seine Streitmacht nicht, mu?te Bo-litho sich eingestehen, aber was ihr an Starke fehlte, machte sie durch Beweglichkeit und Feuerkraft wieder wett. Auf Styx hatte er sie gerade erlebt, diese an Wahnsinn grenzende Wildheit, mit der die Leute auf das Donnern der Kanonen reagierten. Wenn sie die Landungsflotte noch einmal aufspuren und versprengen konnten, dann mu?te sich Panik ausbreiten wie ein Steppenbrand.
Danach konnte er der Admiralitat berichten, da? Beauchamps Auftrag ausgefuhrt war.
Es klopfte, und herein trat Neale, das runde Gesicht von Wind und Gischt gerotet.
«Phalarope kommt achteraus allmahlich in Sicht, Sir. Der Himmel wird schon hell, aber der Wind hat auf Nord zu West gedreht. Ich habe die Leute bereits fruhstucken geschickt, denn mir schwant, da? uns heute allerhand bevorsteht. Falls die Franzosen ausgelaufen sind, meine ich.»
Bolitho nickte.»Und falls nicht, gehen wir genauso vor wie gestern, nur haben wir diesmal Phalaropes Karronaden zur Unterstutzung. «Er spurte, da? Allday bei der Nennung dieses Namens mitten in der Bewegung erstarrte, das Rasiermesser einen Moment innehielt. Neale lauschte auf laute Stimmen oben an Deck und entschuldigte sich mit dringenden Aufgaben; Alldays Besturzung war ihm entgangen.
Bolitho lehnte sich im Stuhl zuruck und sagte leise:»Auf See gibt es keinen Spuk, Allday. Wir werden heute diese Landungsboote vernichten, was auch kommt. Und danach…»
Allday fuhr schweigend mit dem Rasieren fort.
Trotzdem, seltsam war es schon, da? Phalarope irgendwo achteraus im Dammerlicht segelte, wo sie bisher nur von dem scharfaugigen Ausguck im Masttopp gesehen werden konnte. Was erregte ihn mehr, die Aussicht auf Vernichtung der Invasionsflotte oder die Moglichkeit, dieses ganz besondere Schiff wieder unter seinem Kommando zu haben? Er seufzte und dachte statt dessen an
Belinda. Was mochte sie wohl gerade tun? Lag sie im Bett und lauschte auf das verschlafene Zwitschern der ersten Vogel? Dachte sie an ihn und ihre gemeinsame Zukunft? Ihr verstorbener Mann hatte den Kriegsdienst geha?t und seinen Abschied eingereicht, um statt dessen fur die Ostindische Handelskompanie zu fahren. Wurde ihr das Leben an der Seite eines Marineoffiziers genauso verha?t werden? Er konnte von heute auf morgen auf die andere Seite der Welt abkommandiert werden.
Abermals klopfte es, und Bolitho war fast dankbar fur die Unterbrechung. Browne trat ein, wieder vollig gesund und so untadelig gekleidet, als trete er vor das House of Lords.
«Ist es soweit?»
Browne nickte.»Der Morgen dammert, Sir.»
Bolitho sah Allday resigniert die Schultern zucken. Solche Mutlosigkeit war seinem Bootsfuhrer sonst fremd.
Beim Aufstehen spurte Bolitho starker die abrupten Schiffsbewegungen. Der Wind hatte also noch weiter gedreht. Sie mu?ten hollisch auf der Hut sein, wenn sie bei dieser Windrichtung nicht an einer Leekuste stranden wollten. Er lachelte grimmig. Aber das galt auch fur die Franzosen.
Er schlupfte in seinen Rock.»Fertig. «Und zu Allday:»Ein Morgen wie jeder andere.»
Allday ri? sich zusammen.»Aye, Sir. Und ich hoffe, wenn es das nachstemal tagt, haben wir Frankreich das Heck zugekehrt.
Ich hasse diesen verfluchten Golf, der uns schon so viel Ungluck gebracht hat.»
Bolitho lie? es dabei bewenden. Wenn Allday eine seiner seltenen Anwandlungen von Trubsinn hatte, lie? man ihn am besten in Ruhe. Heute standen andere Dinge auf dem Spiel.
Nach der stickigen Warme in der Kajute war es auf dem Achterdeck eiskalt. Bolitho erwiderte Neales Gru? und nickte den anderen Wachoffizieren zu. Das Schiff war schon gefechtsklar oder wurde es doch sein, sobald erst die letzte Wand zwischen der Kommandantenkajute und dem Batteriedeck abgeschlagen war.
Aber noch rakelten sich die Geschutzmannschaften unter den Seitendecks herum; die schlagenden Segel und das dunkle Rigg verbargen noch die Scharfschutzen oben in den Marsen.
Bolitho trat nach achtern ans Heckgelander, vorbei an den Seesoldaten, die ihre Musketen an die prall gestopften Hangemattsnetze gelehnt hatten, wahrend sie sich selbst daneben ausstreckten. Im fahlen Licht der Morgendammerung leuchteten ihre wei?en Brustriemen gespenstisch, wahrend die roten Uniformrocke jetzt schwarz wirkten.
Dann erblickte er zum erstenmal die alte Fregatte in Styx' Kielwasser und erstarrte.
Bramrahen und Stander fingen schon einen ersten Lichtschimmer ein, wahrend die unteren Segel und der Rumpf selbst noch vollig im Dunkeln lagen: wirklich ein gespenstischer Anblick.
Er schuttelte sich und dachte statt dessen an den Rest seines Geschwaders. Rapid mochte Duncan inzwischen aufgespurt haben. Andere Schiffe konnten zu ihrer Unterstutzung eintreffen, wie Beauchamp das ursprunglich verfugt hatte. Aber wie Browne hegte auch er einige Zweifel daran.
Neale trat an die Reling neben ihn, und gemeinsam sahen sie zu, wie das Licht von Land her auf sie zukroch: eine feurige Morgenrote. Bolitho mu?te lacheln, weil ihm einfiel, was seine Mutter immer gesagt hatte:»Morgenrot — Schlechtwetterbot'. «Ihn frostelte plotzlich, und er drehte sich nach Allday um. Aber dann argerte er sich selbst uber seinen Aberglauben.
«Nehmen Sie so bald wie moglich Kontakt mit Phalarope auf«, wies er Browne an.»Signalisieren Sie, da? sie in Luv bleiben soll.»
Browne eilte zu seinen Signalflaggen, und Bolitho fuhr, an Neale gewandt, fort:»Wenn Phalarope bestatigt hat, gehen wir dichter unter Land.»
Neale hatte Bedenken.»Dann wird man uns sofort entdecken,
Sir.»
Bolitho hob die Schultern.»Bis dahin ist es ohnehin zu spat. «Plotzlich vermi?te er Herrick. Standhaft wie ein Fels in der
Brandung, aber jederzeit bereit, auf seine dickkopfige Art zu widersprechen. Neale wurde seinem Admiral blindlings und ohne Zogern in die Holle folgen, ganz im Gegensatz zu Herrick. Aber wenn der Plan einen Fehler enthielt, konnte man sicher sein, da? Herrick ihn fand.
Bolitho blickte zum Stander im Masttopp auf: steif wie ein Brett. Der Wind legte immer noch zu.
Gedankenverloren spielten seine Finger mit dem Griff seines alten Sabels, wahrend er sich sagte, da? er Neale und Allday gegenuber unfair war. Und auch gegenuber Herrick.
Da oben im Besantopp wehte seine Flagge, und die Verantwortung lag bei ihm, bei niemandem sonst.
Uberraschenderweise fuhlte er sich danach ruhiger. Als er seinen gewohnten Fu?marsch begann, immer hin und her auf der Luvseite des Achterdecks, verriet nichts mehr an seinem Benehmen, da? er eben noch gefurchtet hatte, das Vertrauen in sich selbst zu verlieren.
Der Erste Offizier ging quer ubers Deck zum Kompa? und las ihn ab, ehe er aufblickte und den Stand jedes einzelnen Segels uberprufte.
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