Admiral Bolithos Erbe: Ein Handstreich in der Biskaya - Kent Alexander - Страница 72
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Und so segelte Odin mit ihren 64 Kanonen und der Admiralsflagge im Besantopp dem Feind entgegen, wahrend die Pfeifer und Trommler munter aufspielten und dabei auf ihrem teppichgro?en Stuckchen Deck unaufhorlich auf und ab marschierten.
Die Mannschaft, die bisher gespannt den feindlichen Schiffen entgegengestarrt hatte, wandte sich um, sah ihnen zu und begann, mit den Fu?en den Takt zu schlagen.
Im Kielwasser, das Odin und Phalarope durch die Bucht zogen, blieben schwelende Trummer und Treibgut zuruck: Bruchstucke eines zerstobenen Traums von der Invasion Englands.
XVII Stahl auf Stahl
Bolitho arbeitete im Kartenraum von Odin, als Inch eintrat und meldete, da? die Brigg Rapid langsam von Sudwest her aufkreuze.
Bolitho warf den Stechzirkel auf die Seekarte zuruck und schritt auf das sonnenbeschienene Deck hinaus. Trotz seiner Unterlegenheit wollte Kommandant Lapish also sein kleines Schiff dem Geschwader zufuhren, in der Hoffnung, seine Kampfkraft zu verstarken.
«Signal an Rapid, und zwar so schnell wie moglich«, befahl Bo-litho.»Sie soll zu Ganymede sto?en und gemeinsam mit ihr die feindliche Nachhut storen. «Das mochte die franzosische Fregatte — bisher war nur eine einzige in Sicht — daran hindern, die schweren britischen Schiffe auszumanovrieren, bis Duncans Sparrowhawk aus dem nordlichen Sektor zu ihnen gesto?en war.
Inch sah den Signalflaggen nach, die blitzschnell zur Rah aufstiegen.»Warten wir, bis Kommodore Herrick sich uns angeschlossen hat, Sir?«fragte er.
Bolitho schuttelte den Kopf. Das franzosische Geschwader hatte sich zu einer nicht ganz exakten, aber eindrucksvollen Schlachtlinie formiert, und das zweite Schiff in der Reihe fuhr die Flagge eines Konteradmirals. Das mu?te Remond sein.
«Lieber nicht. Ja, wenn wir mehr Zeit hatten… Aber jede Minute, die verstreicht, erlaubt es dem Feind, tiefer in die Bucht vorzudringen und sich die Luvposition zu verschaffen, wahrend unser Geschwader muhsam gegen den Wind anknuppeln mu?.»
Wieder hob er sein Glas und studierte das Fuhrerschiff: ein Zweidecker, der seine Kanonen schon ausgerannt hatte, obwohl ihn noch drei Meilen von den Briten trennten. Ein machtiges Kriegsschiff, wahrscheinlich mit achtzig Kanonen bestuckt und der viel kleineren Odin auf den ersten Blick weit uberlegen.
Aber jetzt mu?ten sich die Monate und Jahre der Blockade mit ihrem harten Patrouillendienst bei jedem Wetter zu ihren Gunsten auswirken. Denn die Franzosen verbrachten mehr Zeit im Hafen als auf See, lie?en es sich gutgehen, statt zu exerzieren. Dies mochte auch der Grund dafur sein, da? Remond nicht sein Flaggschiff an die Spitze der Schlachtlinie plaziert hatte; aus zweiter Position konnte er sein Geschwader besser im Auge behalten.
Plotzlich sagte Bolitho:»Beachten Sie, da? sich das franzosische Flaggschiff etwas in Luv vom ersten Schiff der Reihe halt.»
Inch nickte, aber sein Gesicht verriet, da? er nichts begriff.
«Sir?»
«Wenn wir angreifen, ohne auf unsere anderen Schiffe zu warten, will der franzosische Admiral offenbar die Schlachtlinie teilen und uns von beiden Seiten in die Zange nehmen.»
Inch fuhr sich mit der Zunge uber die Lippen.»Wahrend die drei letzten Schiffe sich zunachst zuruckhalten und auf den Kommodore warten.»
Stirling rief: «Rapid hat bestatigt, Sir.»
Allday stieg auf die Huttendecksleiter und spahte achteraus. Benbow schien noch sehr weit weg zu sein. Taktisch richtig kreuzte Herrick mit langen Schlagen in die Bucht, damit er zuletzt wenden, abfallen und mit gunstigem achterlichem Wind angreifen konnte. Aber das alles brauchte furchtbar viel Zeit.
Ein dumpfer Knall hallte heruber, und mit gut einer Meile Abstand schlug die Kugel ins Wasser. Der Kommandant des ersten Franzosen hatte eine Bugkanone abfeuern lassen, wahrscheinlich nur, um die Spannung des Wartens zu brechen.
Es mu?te ihn nervos machen, den Admiral so im Nacken zu haben, uberlegte Allday; jeder Zug, den er wagte, wurde mit kritischen Augen beobachtet.
Dann wandte Allday sich ab und lie? den Blick uber das mit Menschen vollgepackte Deck der Odin schweifen. Von denen da unten wurde kaum einer auf den Beinen bleiben, wenn die Falle der Franzosen hinter ihnen zuklappte und sie von jeder Hilfe abschnitt. Oder war genau das Bolithos Absicht? Sich zu opfern, den Feind dabei aber so zu schwachen, da? Herrick nur einen ihm gleichwertigen Rest vorfinden wurde, sobald er erst heran war?
«Allmachtiger Gott!«entfuhr es ihm.
Ein Sergeant der Seesoldaten, der mit seinen Scharfschutzen in der Nahe wartete, wandte sich grinsend nach Allday um.»Nervos, Kamerad?«fragte er.
Allday zog eine Grimasse.»Nicht die Spur. Ich finde nur kein ruhiges Platzchen fur meinen Mittagsschlaf.»
Aber dann fuhr er doch zusammen, als er Inch zum Master sagen horte:»Mr. M'Ewan, sobald wir auf eine halbe Kabellange heran sind, will der Konteradmiral anluven. Danach wenden wir und greifen das zweite Schiff in der franzosischen Schlachtlinie an.»
Der Master nickte so krampfhaft, als wurde sein Kopf von Marionettenfaden gezogen.
«Was soll das nun wieder bedeuten?«zischte der Sergeant.
Aber Allday antwortete ihm nicht. Er verschrankte die Arme und bemuhte sich, das Gehorte zu verdauen. Odin wurde also anluven und dann praktisch vor dem Bugspriet des Gegners in den Wind drehen. Dann hoffte sie zu wenden und zwischen den beiden ersten Linienschiffen durchzusto?en. Wenn alles gutging. Es war ein riskantes Manover, bei dem Odin binnen weniger Minuten zu einem hilflosen Trummerhaufen zusammengeschossen werden konnte. Aber alles war besser, als gleichzeitig von beiden Seiten unter Nahbeschu? zu geraten.
Schlie?lich bequemte er sich doch zu einer Antwort.»Es bedeutet, mein scharfsinniger Freund, da? du mit deinen Leuten bald eine Menge zu tun kriegst.»
Bolitho lie? die ansegelnde Schlachtlinie nicht aus den Augen, lauerte auf jedes Anzeichen, auf ein blitzschnelles Flaggensignal, mit dem Remond seinen plotzlich erwachten Verdacht verraten konnte. Sicherlich mu?te er doch auf eine Uberraschung gefa?t sein? Weshalb sonst wurde sich ein leichtes Linienschiff mit nur 64 Kanonen funf machtigen Kriegsschiffen stellen?
Er erinnerte sich an Remonds dunkles, ledernes Gesicht, seine intelligenten Augen.
Dann befahl er:»Kapitan Inch, lassen Sie die untere Batterie mit Doppelkugeln laden. Und die Achtzehnpfunder des Oberdecks bitte mit Kettenkugeln. «Er hielt Inchs Blick fest.»Wenn wir anluven, mu? das erste Schiff entmastet sein.»
Dann blickte er zum Gro?maststander auf. Der Wind blieb stetig in Richtung und Starke. Gut. Fast hatte er sich umgedreht und achteraus gespaht, bremste sich aber gerade noch rechtzeitig. Die Offiziere und Mannschaften seiner Umgebung hatten dies als Unsicherheit mi?verstanden, als blicke ihr Oberbefehlshaber sich hilfesuchend um. Am besten strich er Herrick ganz aus seinen Gedanken. Der tat bestimmt sein Bestes.
Graham, der Erste Offizier, baute sich gru?end vor Inch auf.»Durfen die Trommler und Pfeifer wegtreten, Sir?»
Bolitho warf einen schnellen Blick auf die rot uniformierten Musikanten. Er hatte sich so konzentriert, da? kein Ton ihrer Instrumente an sein Ohr gedrungen war.
Dankbar hastete der Musikzug unter Deck, von einem Chor hohnischer Stimmen begleitet.
Wieder eine Detonation auf dem Fuhrungsschiff, und dann warf die Kugel etwa drei Kabellangen querab eine Gischtfontane auf.
Der franzosische Kommandant mu?te wirklich nervos sein. Vielleicht beobachtete er ihn gerade jetzt mit seinem Teleskop. Bo-litho trat von den Besanbetings weg, damit das Sonnenlicht von seinen hellen Goldepauletten besser reflektierte. Sollte er seinen Feind doch sehen, dachte er grimmig.
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