Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander - Страница 63
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Als Ozzard anfing, einige kleinere Gegenstande zu verstauen, unterbrach ihn Bolitho.»Nein, das nicht!«Er nahm Ozzard Catherines Facher aus der Hand und steckte ihn in seine Rocktasche.»Nur eine Kleinigkeit, Val, aber es ist alles, was ich von ihr besitze.»
Allday folgte ihnen beim Verlassen der Kajute. Noch einmal hielt er inne, den alten Degen in der Hand, und blickte zuruck in den Raum, den er so gut kannte. Wurde er ihn wiedersehen? Ihre Chancen standen schlecht, aber das war nichts Neues; wenigstens waren ihre Gegner Spanier. Allday hatte am liebsten ausgespuckt. Sogar die Franzosen kampften besser. Er warf einen letzten Blick in die Runde und beruhrte dabei seine Brust an der Stelle, wo ihn die spanische Klinge verletzt hatte.
Die Kajute war schon leergeraumt. Er drehte sich um, argerlich uber seinen Trubsinn; aber es sah so aus, als wurde sie fur immer leer bleiben.
Drau?en ging Bolitho zur Reling und nahm sich ein Fernglas vom altesten Fahnrich. Dann musterte er ihn und die anderen Offiziere. Alle hatten sie ihre besten Uniformen angezogen. Er nickte ihnen anerkennend zu.
Als er das Fernglas ans Auge fuhrte, hatte er fast sofort die Segel der Tybalt im Okular. Dann schwenkte er es weiter und sah die dunklen Unterbrechungen des sonst glatten Horizonts. Hyperions Wimpel wehte noch immer nach Backbord aus. Der Wind war stetig und nicht zu stark. Sein Vater hatte immer gesagt: ein guter Wind fur ein Gefecht. Aber im Mittelmeer konnte sich das leicht andern, wenn es der Zufall wollte.
Keen stand neben ihm, der Wind zauste sein Haar, wo es unter dem Hut hervorlugte, obwohl es nach moderner Art kurzgeschnitten war. Wie bei Adam. Bolitho packte die Reling mit beiden Handen, fuhlte die Warme des alten Holzes. Viele Hande hatten es vor ihm geglattet. An der Vorkante des Achterdecks stand Major Adams mit seinem Leutnant Veales und zwangte sich stirnrunzelnd in ein frisches Paar wei?er Handschuhe.
Bolitho sagte:»Es wird Zeit.»
Keen hatte verstanden. Die Leutnants schauten einander an und fragten sich wahrscheinlich, wer von ihnen noch da sein wurde, wenn sich der Pulverdampf verzog.
Keen bemerkte:»Der Wind steht durch, Sir Richard. Sie werden bis Mittag auf unserer Hohe sein.»
Penhaligon warf gleichmutig ein:»Schoner Tag fur ein Treffen.»
Bolitho zog Keen beiseite.»Auf ein Wort, Val. Wir machen gleich gefechtsklar, danach werden unsere Aufgaben uns trennen. Aber Sie bedeuten mir nun einmal sehr viel, und das sollten Sie wissen.»
Keen erwiderte leise:»Ich wei?, was Sie sagen wollen, Sir Richard, aber es wird Ihnen nichts geschehen.»
Bolitho packte ihn fester.»Val, wie konnen wir das wissen? Es wird ein harter Kampf werden, vielleicht der schlimmste, den wir je durchzustehen hatten. «Er deutete auf die Schiffe in ihrem Kielwasser.»All diese Manner folgen uns wie hilflose Tiere, vertrauen darauf, da? ihr Admiral sie durchbringt, ungeachtet der Holle, die auf sie wartet.»
«Sie werden auf Sie schauen.»
Bolitho lachelte fluchtig.»Das macht es nicht leichter. Val, was denken Sie, wenn die Dons uns umzingeln? Ohne mich waren Sie jetzt zu Hause bei Ihrer Zenoria.»
Keen sah Allday mit dem Degen erscheinen und entgegnete einfach:»Selbst wenn ich den heutigen Tag nicht uberleben sollte, so habe ich doch wahres Gluck kennengelernt. Nichts kann mir das nehmen.»
Allday hangte Bolithos Degen ein und lockerte ihn probeweise in der Scheide. Er brummte:»Dazu sag' ich Amen, Kapt'n!»
Sie sahen einander an. Keen gru?te Bolitho formell mit der Hand am Hut.»So sei es denn.»
Das laute Rasseln der Trommeln, die aus jeder Luke trampelnden Fu?e machten ihnen weiteres Reden unmoglich. Die Stuckmannschaften sturzten sich auf ihre Kanonen, die Toppgasten schwarmten nach oben aus und riggten Schlingen und Netze auf. Selbst noch im Blutbad einer Breitseite wurden sie die Schaden splei?en. Jenour tauchte auf, den Hut fest in die Stirn gedruckt, den schonen Degen an der Hufte. Er sah ernst und irgendwie gealtert aus.
Als der Larm der Vorbereitungen verhallte und sich wieder Stille uber das Schiff senkte, schritt Parris nach achtern zum Kommandanten. Er trug ein Paar feine Stiefel.
«Schiff ist klar zum Gefecht, Sir!«meldete er.»Feuer im Kombusenherd geloscht, Pumpen bemannt.»
Keen zog seine Uhr nicht hervor, sondern sagte nur:»Neun Minuten, Mr. Parris, die beste Zeit bisher.»
Bolitho horte es mit. Ob die Zeit stimmte oder nicht, spielte keine Rolle. Diejenigen, welche die Bemerkung aufgefangen hatten, wurden Keens Lob in allen Decks verbreiten. Das war wenig genug, aber es half mit.
Keen trat zum Vizeadmiral.»Alles klar, Sir Richard.»
Bolitho sah sein Zogern.»Ist noch was, Val?»
«Ich uberlege gerade, Sir Richard: Konnen wir nicht die Musikanten aufspielen lassen? Wie damals auf der Tempest.»
Wieder einmal verband sie eine gemeinsame Erinnerung. Bolitho war einverstanden.»Gut, machen wir das.»
Und so, wahrend sich die alte Hyperion auf Backbordbug leicht schrag legte und der scharfe Horizont sich in Segel und Masten aufloste, bliesen die Pfeifer der Royal Marines einen anfeuernden Marsch. Begleitet von den Trommeln auf der Poop und dem Stampfen der Seeleute auf den mit Sand bestreuten Decks, marschierten sie hin und her, als ob sie vor ihrer Kaserne paradierten.
Bolitho fing Keens Blick auf und nickte; es war sogar die gleiche Melodie wie damals: Portsmouth Lass, Madel aus Portsmouth.
Bolitho griff wieder zum Fernrohr und studierte die spanische Aufmarschlinie von einem Ende zum andern. Die beiden letzten Schiffe standen ziemlich weit vom Verband entfernt. Bolitho vermutete, da? sich das allerletzte Schiff absichtlich abseits hielt und das andere deckte, damit dieses Reparaturen ausfuhren konnte.
Er fa?te die einzige Fregatte ins Auge. Es war leicht zu verstehen, da? der Kommandant der Mouette sich hatte tauschen lassen, denn es bedurfte schon mehr als nur einer fremden Flagge, um eine in England gebaute Fregatte zu tarnen. Bolitho wu?te, da? die Consort am Medway vom Stapel gelaufen war, in der Nahe von Herricks Heim. Ob der jetzt wohl auch daran dachte?
Zwolf Linienschiffe. Das Flaggschiff an der Spitze war schon von Parris identifiziert worden, der es von fruher kannte. Es war die mit neunzig Kanonen bestuckte San Mateo, Flaggschiff von Admiral Don Alberto Casares, der die spanischen Geschwader in
Havanna befehligte. Casares mu?te die Rolle der Hyperion beim Handstreich auf Puerto Cabello kennen. Und einige seiner Schiffe hatten wahrscheinlich auch die Schatzschiffe nach Spanien geleiten sollen.
Bolitho beobachtete die Intrepido, vormals Consort. Die beiden Gegner hatten wenigstens etwas gemeinsam: jeder besa? nur eine Fregatte.
Er horte Parris zu den Signalfahnrichen sagen:»Es wird noch eine Weile dauern.»
Bolitho schaute die beiden Junglinge an, die ihre Augen vom Feind kaum loszurei?en vermochten. Es war schlimm fur jemanden, der noch nie eine Schlachtlinie zu Gesicht bekommen hatte. Erst nach Stunden wurden sie einander nahergekommen sein. Bei den Saintes hatte es den ganzen Tag gedauert. Erst lugten nur die Mastspitzen uber den Horizont, dann wuchsen sie immer hoher und zogen die Schiffsrumpfe nach sich, bis die Flotte schlie?lich die gesamte Wasserflache zu bedecken schien. Ein Leutnant, der von jenem Gefecht nach Hause berichtete, beschrieb die franzosische Flotte als»uber den Horizont steigend wie die gepanzerten Ritter von Agincourt. «Das hatte die Situation genau getroffen.
Bolitho ging zur Vorkante und uberblickte das Batteriedeck. Die Manner waren bereit. Die Stuckfuhrer hatten die besten Kugeln und Kartatschen ausgesucht; sie waren fur die erste, doppelt geladene Breitseite bestimmt. Diesmal wurden beide Schiffsseiten gleichzeitig zu feuern haben, denn sie wollten die feindliche Linie durchbrechen. Danach war jedes Schiff auf sich selbst gestellt.
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