G?tz von Berlichingen - фон Гёте Иоганн Вольфганг - Страница 10
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Selbitz . Das macht, sein Gewissen war schlechter als dein Stand.
Georg .»Du bist Bambergisch?«sagt' er. — »Ich bring einen Gru? vom Ritter Berlichingen«, sagt ich,»und soll fragen — «—»Komm morgen fruh«, sagt' er,»an mein Zimmer, wir wollen weiterreden.»
Gotz . Kamst du?
Georg . Wohl kam ich, und mu?t im Vorsaal stehn, lang, lang. Und die seidnen Buben beguckten mich von vorn und hinten. Ich dachte, guckt ihr — Endlich fuhrte man mich hinein, er schien bose, mir war's einerlei. Ich trat zu ihm und legte meine Kommission ab. Er tat feindlich bose, wie einer, der kein Herz hat und 's nit will merken lassen. Er verwunderte sich, da? Ihr ihn durch einen Reitersjungen zur Rede setzen lie?t. Das verdro? mich. Ich sagte, es gabe nur zweierlei Leut, brave und Schurken, und ich diente Gotzen von Berlichingen. Nun fing er an, schwatzte allerlei verkehrtes Zeug, das darauf hinausging: Ihr hattet ihn ubereilt, er sei Euch keine Pflicht schuldig und wolle nichts mit Euch zu tun haben.
Gotz . Hast du das aus seinem Munde?
Georg . Das und noch mehr — Er drohte mir —
Gotz . Es ist genug! Der ware nun auch verloren! Treu und Glaube, du hast mich wieder betrogen. Arme Marie! Wie werd ich dir's beibringen!
Selbitz . Ich wollte lieber mein ander Bein dazu verlieren, als so ein Hundsfott sein. (Ab.)
Bamberg
Adelheid. Weislingen.
Adelheid . Die Zeit fangt mir an unertraglich lang zu werden; reden mag ich nicht, und ich schame mich, mit Euch zu spielen. Langeweile, du bist arger als ein kaltes Fieber.
Weislingen . Seid Ihr mich schon mude?
Adelheid . Euch nicht sowohl als Euern Umgang. Ich wollte, Ihr wart, wo Ihr hinwolltet, und wir hatten Euch nicht gehalten.
Weislingen . Das ist Weibergunst! Erst brutet sie, mit Mutterwarme, unsere liebsten Hoffnungen an; dann, gleich einer unbestandigen Henne, verla?t sie das Nest und ubergibt ihre schon keimende Nachkommenschaft dem Tode und der Verwesung.
Adelheid . Scheltet die Weiber! Der unbesonnene Spieler zerbei?t und zerstampft die Karten, die ihn unschuldigerweise verlieren machten. Aber la?t mich Euch was von Mannsleuten erzahlen. Was seid denn ihr, um von Wankelmut zu sprechen? Ihr, die ihr selten seid, was ihr sein wollt, niemals, was ihr sein solltet. Konige im Festtagsornat, vom Pobel beneidet. Was gab eine Schneidersfrau drum, eine Schnur Perlen um ihren Hals zu haben, von dem Saum eures Kleids, den eure Absatze verachtlich zurucksto?en!
Weislingen . Ihr seid bitter.
Adelheid . Es ist die Antistrophe von Eurem Gesang. Eh ich Euch kannte, Weislingen, ging mir's wie der Schneidersfrau. Der Ruf, hundertzungig, ohne Metapher gesprochen, hatte Euch so zahnarztma?ig herausgestrichen, da? ich mich uberreden lie? zu wunschen: mochtest du doch diese Quintessenz des mannlichen Geschlechts, den Phonix Weislingen zu Gesicht kriegen! Ich ward meines Wunsches gewahrt.
Weislingen . Und der Phonix prasentierte sich als ein ordinarer Haushahn.
Adelheid . Nein, Weislingen, ich nahm Anteil an Euch.
Weislingen . Es schien so —
Adelheid . Und war. Denn wirklich, ihr ubertraft Euern Ruf. Die Menge schatzt nur den Widerschein des Verdienstes. Wie mir's denn nun geht, da? ich uber die Leute nicht denken mag, denen ich wohlwill; so lebten wir eine Zeitlang nebeneinander, es fehlte mir was, und ich wu?te nicht, was ich an Euch vermi?te. Endlich gingen mir die Augen auf. Ich sah statt des aktiven Mannes, der die Geschafte eines Furstentums belebte, der sich und seinen Ruhm dabei nicht verga?, der auf hundert gro?en Unternehmungen, wie auf ubereinander gewalzten Bergen, zu den Wolken hinaufgestiegen war: den sah ich auf einmal, jammernd wie einen kranken Poeten, melancholisch wie ein gesundes Madchen und mu?iger als einen alten Junggesellen. Anfangs schrieb ich's Euerm Unfall zu, der Euch noch neu auf dem Herzen lag, und entschuldigte Euch, so gut ich konnte. Jetzt, da es von Tag zu Tage schlimmer mit Euch zu werden scheint, mu?t Ihr mir verzeihen, wenn ich Euch meine Gunst entrei?e. Ihr besitzt sie ohne Recht, ich schenkte sie einem andern auf Lebenslang, der sie Euch nicht ubertragen konnte.
Weislingen . So la?t mich los.
Adelheid . Nicht, bis alle Hoffnung verloren ist. Die Einsamkeit ist in diesen Umstanden gefahrlich. — Armer Mensch! Ihr seid so mi?mutig, wie einer, dem sein erstes Madchen untreu wird, und eben darum geb ich Euch nicht auf. Gebt mir die Hand, verzeiht mir, was ich aus Liebe gesagt habe.
Weislingen . Konntest du mich lieben, konntest du meiner hei?en Leidenschaft einen Tropfen Linderung gewahren! Adelheid! deine Vorwurfe sind hochst ungerecht. Konntest du den hundertsten Teil ahnen von dem, was die Zeit her in mir arbeitet, du wurdest mich nicht mit Gefalligkeit, Gleichgultigkeit und Verachtung so unbarmherzig hin und her zerrissen haben — Du lachelst! — Nach dem ubereilten Schritt wieder mit mir selbst einig zu werden, kostete mehr als einen Tag. Wider den Menschen zu arbeiten, dessen Andenken so lebhaft neu in Liebe bei mir ist.
Adelheid . Wunderlicher Mann, der du den lieben kannst, den du beneidest! Das ist, als wenn ich meinem Feinde Proviant zufuhrte.
Weislingen . Ich fuhl's wohl, es gilt hier, kein Saumen. Er ist berichtet, da? ich wieder Weislingen bin, und er wird sich seines Vorteils uber uns ersehen. Auch, Adelheid, sind wir nicht so trag, als du meinst. Unsere Reiter sind verstarkt und wachsam, unsere Unterhandlungen gehen fort, und der Reichstag zu Augsburg soll hoffentlich unsere Projekte zur Reife bringen.
Adelheid . Ihr geht hin?
Weislingen . Wenn ich eine Hoffnung mitnehmen konnte! (Ku?t ihre Hand.)
Adelheid . O ihr Unglaubigen! Immer Zeichen und Wunder! Geh, Weislingen, und vollende das Werk. Der Vorteil des Bischofs, der deinige, der meinige, sie sind so verwebt, da?, ware es auch nur der Politik wegen —
Weislingen . Du kannst scherzen.
Adelheid . Ich scherze nicht. Meine Guter hat der stolze Herzog inne, die deinigen wird Gotz nicht lange ungeneckt lassen; und wenn wir nicht zusammenhalten wie unsere Feinde und den Kaiser auf unsere Seite lenken, sind wir verloren.
Weislingen . Mir ist's nicht bange. Der gro?te Teil der Fursten ist unserer Gesinnung. Der Kaiser verlangt Hulfe gegen die Turken, und dafur ist's billig, da? er uns wieder beisteht. Welche Wollust wird mir's sein, deine Guter von ubermutigen Feinden zu befreien, die unruhigen Kopfe in Schwaben aufs Kissen zu bringen, die Ruhe des Bistums, unser aller herzustellen. Und dann — ?
Adelheid . Ein Tag bringt den andern, und beim Schicksal steht das Zukunftige.
Weislingen . Aber wir mussen wollen.
Adelheid . Wir wollen ja.
Weislingen . Gewi??
Adelheid . Nun ja. Geht.
Weislingen . Zauberin!
Herberge
Bauernhochzeit. Musik und Tanz drau?en
Der Brautvater, Gotz, Selbitz am Tische. Brautigam tritt zu ihnen.
Gotz . Das Gescheitste war, da? ihr euern Zwist so glucklich und frohlich durch eine Heirat endigt.
Brautvater . Besser, als ich mir's hatte traumen lassen. In Ruh und Fried mit meinem Nachbar, und eine Tochter wohl versorgt dazu!
Brautigam . Und ich im Besitz des strittigen Stucks, und druber den hubschten Backfisch im ganzen Dorf. Wollte Gott, Ihr hattet Euch eher drein geben.
Selbitz . Wie lange habt ihr prozessiert?
Brautvater . An die acht Jahre. Ich wollte lieber noch einmal so lang das Frieren haben, als von vorn anfangen. Das ist ein Gezerre, Ihr glaubt's nicht, bis man den Perucken ein Urteil vom Herzen rei?t; und was hat man darnach? Der Teufel hol den Assessor Sapupi! 's is ein verfluchter schwarzer Italiener.
Brautigam . Ja, das ist ein toller Kerl. Zweimal war ich dort.
Brautvater . Und ich dreimal. Und seht, ihr Herrn: kriegen wir ein Urteil endlich, wo ich so viel Recht hab als er, und er so viel als ich, und wir eben stunden wie die Maulaffen, bis mir unser Herrgott eingab, ihm meine Tochter zu geben und das Zeug dazu.
Gotz (trinkt). Gut Vernehmen kunftig.
Brautvater . Geb's Gott! Geh aber, wie's will, prozessieren tu ich mein Tag nit mehr. Was das ein Geldspiel kost! Jeden Reverenz, den euch ein Prokurator macht, mu?t ihr bezahlen.
Selbitz . Sind ja jahrlich Kaiserliche Visitationen da.
Brautvater . Hab nichts davon gehort. Ist mir mancher schone Taler nebenaus gangen. Das unerhorte Blechen!
Gotz . Wie meint Ihr?
Brautvater . Ach, da macht alles hohle Pfotchen. Der Assessor allein, Gott verzeih's ihm, hat mir achtzehn Goldgulden abgenommen.
Brautigam . Wer?
Brautvater . Wer anders als der Sapupi?
Gotz . Das ist schandlich.
Brautvater . Wohl, ich mu?t ihm zwanzig erlegen. Und da ich sie ihm hingezahlt hatte, in seinem Gartenhaus, das prachtig ist, im gro?en Saal, wollt mir vor Wehmut fast das Herz brechen. Denn seht, eines Haus und Hof steht gut, aber wo soll bar Geld herkommen? Ich stund da, Gott wei?, wie mir's war. Ich hatte keinen roten Heller Reisegeld im Sack. Endlich nahm ich mir 's Herz und stellt's ihm vor. Nun er sah, da? mir 's Wasser an die Seele ging, da warf er mir zwei davon zuruck und schickt' mich fort.
Brautigam . Es ist nicht moglich! Der Sapupi?
Brautvater . Wie stellst du dich! Freilich! Kein andrer!
Brautigam . Den soll der Teufel holen, er hat mir auch funfzehn Goldgulden abgenommen.
Brautvater . Verflucht!
Selbitz . Gotz! Wir sind Rauber!
Brautvater . Drum fiel das Urteil so scheel aus. Du Hund!
Gotz . Das mu?t ihr nicht ungerugt lassen.
Brautvater . Was sollen wir tun?
Gotz . Macht euch auf nach Speier, es ist eben Visitationszeit, zeigt's an, sie mussen's untersuchen und euch zu dem Eurigen helfen.
Brautigam . Denkt Ihr, wir treiben's durch?
Gotz . Wenn ich ihm uber die Ohren durfte, wollt ich's euch versprechen.
Selbitz . Die Summe ist wohl einen Versuch wert.
Gotz . Bin ich wohl eher um des vierten Teils willen ausgeritten.
Brautvater . Wie meinst du?
Brautigam . Wir wollen, geh's wie's geh.
(Georg kommt.)
Georg . Die Nurnberger sind im Anzug.
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