Kanonenfutter - Leutnant Bolithos Handstreich in Rio - Kent Alexander - Страница 52
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Dumaresq bemuhte sich, seine Verbitterung zu unterdrucken, als er antwortete:»Mein Schreiber hatte weitere schriftliche Beweise bei sich, als er auf Madeira ermordet wurde.»
«Daruber bin ich wirklich sehr betrubt, Kapitan. Aber es ware kriminell, einen Mann von der Bedeutung Sir Piers Garricks ohne eindeutige Beweise derart zu verunglimpfen. «Fitzpatrick lachelte selbstgefallig.»Darf ich vorschlagen, da? wir auf Anweisung aus London warten? Wir konnen Ihren Bericht mit dem nachsten Schiff expedieren, das — wahrscheinlich von Barbados aus — nach Hause segelt. Sie konnten dort warten und sofort handeln, wenn die Anweisung eintrifft. In der Zwischenzeit werden auch der Gouverneur und das Geschwader zuruckgekehrt sein, so da? Sie dann hohere Instanzen hatten, die Ihre Ma?nahmen autorisieren konnten.»
Dumaresq erwiderte argerlich:»Das kann Monate dauern. Bis dahin ist der Vogel ausgeflogen.»
«Entschuldigen Sie meinen Mangel an Begeisterung. Wie ich schon Don Carlos gesagt habe, geschah das alles vor drei?g Jahren. Woher auf einmal dieses Interesse?»
«Garrick war ein Schurke und Verrater. Sie klagen uber Piraten, die diese Gewasser verunsichern, Stadte plundern und Schiffe reicher Handelsherren kapern. Aber haben Sie sich noch nie gefragt, woher die Piraten ihre Schiffe bekommen? Schiffe wie die Heloise, die funkelnagelneu aus einer britischen Werft kam und von einer Besatzung uberfuhrt wurde, die nur fur diese eine Fahrt angeheuert worden war.
Also?»
Bolitho horte fasziniert zu. Er hatte erwartet, da? Fitzpatrick aufspringen und den Kommandeur der Garnison rufen lassen wurde, um dann gemeinsam mit Dumaresq zu uberlegen, wie sie Garrick aufspuren und verhaften konnten.
Aber Fitzpatrick spreizte entschuldigend die roten Hande.»Es liegt nicht in meiner Macht, Gegenma?nahmen zu befehlen, Kapitan. Ich habe nur vorubergehende Kommandogewalt und wurde wenig Dank ernten, wenn ich die Lunte ans Pulverpa? legte. Sie mussen selbstverstandlich tun, wozu Sie sich in der Lage fuhlen. Sie sagten, Sie hatten hier einen Flaggoffizier erwartet. Sicherlich, damit er Ihnen die Last der Verantwortung von den Schultern nimmt?«Als Dumaresq schwieg, fuhr er leise fort:»Darum verachten Sie mich nicht, wenn auch ich nicht ohne Ruckendeckung handeln mochte.»
Bolitho wunderte sich. Die Admiralitat in London, eine ganze Reihe hoherer Offiziere der Flotte, sogar die Regierung Konig Georgs hatten sich darum bemuht, die Destiny hierherzuschicken. Dumaresq hatte von dem Augenblick an, als er den Auftrag erhalten hatte, ohne Ruhepause dafur gearbeitet und viele Stunden in der Einsamkeit seiner Kajute uber die Schlu?folgerungen aus der durftigen Beweiskette nachgegrubelt. Und jetzt sollte er, da keine hohere Autoritat der Marine da war, sich gedulden und warten, bis weitere Befehle von irgendwoher einliefen — oder alles auf seine eigene Kappe nehmen. Mit seinen achtundzwanzig Jahren war Dumaresq der dienstalteste Seeoffizier in St.Christopher. Bolitho konnte sich nicht vorstellen, wie er weitermachen sollte, ohne seine Karriere zu gefahrden.
Dumaresq sagte matt:»Erzahlen Sie mir, was Sie von Garrick wissen.»
«Im Grunde nichts. Es stimmt, da? er an der Schiffahrt interessiert ist und mehrere kleine Schiffe im Lauf der letzten Monate erhielt. Er ist sehr reich. Soviel ich wei?, beabsichtigt er, den Handel mit den Franzosen in Martinique auszudehnen.»
Dumaresq stand auf.»Ich mu? zuruck an Bord. «Er sah Bolitho nicht an.»Ich wurde es dankbar begru?en, wenn Sie meinen Dritten Offizier, der verwundet wurde — und zwar, wie es jetzt scheint, vollig umsonst — bei sich aufnehmen wurden.»
Fitzpatrick erhob muhsam seine Fleischmassen.»Daruber wurde ich mich glucklich schatzen. «Er versuchte, seine Erleichterung zu verbergen. Also wollte Dumaresq offenbar den leichteren Weg einschlagen.
Der Kommandant brachte Bolithos unausgesprochenen Protest zum Schweigen.»Ich schicke ein paar Leute zu Ihrer Bedienung. «Er nickte dem Stellvertretenden Gouverneur zu.»Ich komme zuruck, wenn ich mit dem Kommandanten der San Augustin gesprochen habe.»
Im Dunkeln, au?erhalb des Gebaudes, gab Dumaresq seinen wahren Gefuhlen Ausdruck:»Dieser verdammte Hund steckt selber bis zum Hals mit drin! Und denkt, ich bleibe hier wie ein braver Junge vor Anker liegen. Gott strafe sein pockennarbiges Gesicht, bevor er in die
Holle fahrt!»
«Mu? ich wirklich bleiben, Sir?»
«Einstweilen. Ich werde ein paar kraftige Leute abstellen, scheinbar als Ihre Burschen. Ich traue diesem Fitzpatrick nicht. Er ist ortsansassiger Grundbesitzer und wahrscheinlich gut Freund mit allen Schmugglern und Sklavenhandlern der Karibik. Wollte mir den Unschuldsengel vorspielen! Bei Gott, er wei? bestimmt, wie viele neue Schiffe hier versammelt sind, um Garricks Befehle zu erwarten.»
Bolitho fragte:»Ist Garrick denn immer noch ein Pirat, Sir?»
Dumaresq grinste in der Dunkelheit.»Schlimmeres. Ich glaube, da? er bei den Waffenlieferungen in die amerikanischen Kolonien mitmischt — Waffen, die dort gegen uns eingesetzt werden.»
«Von den Rebellen, Sir?»
«Ja, und noch von anderen, wenn es nach diesem verdammten Renegaten ginge. Glauben Sie, da? die Franzosen ruhen werden? Wir haben sie immerhin aus Kanada und aus ihren karibischen Besitzungen hinausgeworfen. Glauben Sie, da? sie die Worte >vergeben und vergessen< an die Spitze ihrer politischen Vorhaben setzen?»
Bolitho hatte oft von Unruhen in den amerikanischen Kolonien nach dem Siebenjahrigen Krieg gehort. Es hatte mehrere ernste Zwischenfalle gegeben, aber die Moglichkeit eines offenen Aufstands war selbst von der einflu?reichsten Zeitung als Ubertreibung beurteilt worden.
«In all diesen Jahren hat Garrick ungestort gewirkt und Plane geschmiedet und dabei die gestohlene Beute zu seinem Vorteil verwendet. Er sieht sich selber als Fuhrer in einem kommenden Aufstand, und diejenigen, die jetzt an der Spitze sind und das nicht wahrhaben wollen, belugen sich nur selber. Ich habe viel Zeit gehabt, uber Garrick und das grausame Unrecht nachzudenken, das ihn reich und machtig machte — und meinen Vater zu einem verarmten Kruppel.»
Bolitho beobachtete, wie die Gig, von der zunachst nur die wei?en Ruderblatter zu sehen waren, in der Dunkelheit naher kam. Dumaresq hatte sich also entschieden. Das hatte er sich denken konnen nach allem, was er von dem Mann gesehen und erlebt hatte.
Dumaresq sagte plotzlich:»Auch Egmont und seine Frau werden in Kurze ausgeschifft werden. Sie stehen offiziell unter Fitzpatricks Schutz, aber stellen Sie zu Ihrer eigenen Beruhigung einen Posten auf. Ich mochte Fitzpatrick begreiflich machen, da? er in die Angelegenheit direkt verwickelt ist, wenn es zu irgendeiner Verraterei kommen sollte.»
«Sie glauben, da? Egmont noch in Gefahr ist, Sir?»
Dumaresq machte eine Handbewegung zu der kleinen Residenz.»Hier ist er an sicherem Ort. Ich mochte aber nicht, da? er wieder davonrennt. Es gibt zu viele Leute, die ihn lieber tot wu?ten. Sobald ich mit Garrick abgerechnet habe, kann er tun und lassen, was ihm gefallt. Je eher, desto besser.»
«Ich verstehe, Sir.»
Duaresq gab seinem Bootssteurer ein Zeichen und kicherte dann.»Das bezweifle ich. Aber halten Sie Augen und Ohren offen. Ich nehme an, da? die Dinge sehr bald in Flu? kommen werden.»
Bolitho sah zu, wie Dumaresq in die Gig kletterte, und lenkte seine Schritte dann zuruck zur Residenz.
Machte sich Dumaresq uberhaupt Sorgen, was aus Egmont und seiner Frau wurde? Oder benutzte er sie nur als Lockvogel fur seine
Falle?
Abseits der Residenz gab es zwei oder drei kleine Bungalows, die normalerweise hoheren Beamten oder Offizieren, die zur Inspektion herkamen, zur Verfugung standen.
Bolitho nahm an, da? solche Besucher selten waren; wenn sie kamen, brachten sie sicher alles zu ihrer Bequemlichkeit Erforderliche selbst mit. Das Haus, das ihm zugewiesen worden war, bestand praktisch nur aus einem Raum. Die Moskitofenster waren voller Locher, die eine nie ermudende Armee von Insekten gebohrt hatte. Palmenwedel streiften Dach und Wande, und er vermutete, da? bei einem heftigen Gewitter das Wasser wie durch ein Sieb eindringen wurde.
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