Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander - Страница 32
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Bolitho nahm ihn am Arm.»Gehen Sie herum, Thomas. Wenn wir die feindliche Linie durchbrechen, werden uns ihre Scharfschutzen in den Maststanden aufs Korn nehmen.»
Irgendwo im Qualm schrie ein Mann entsetzlich auf. Blut lief in einem endlosen Rinnsal in den Backbord-Wassergang.
Bolitho prufte noch einmal die Entfernung. Es war Zeit. Etwas spater, und die Franzosen konnten sie lahmschie?en oder versuchen, sie voneinander zu trennen.
«Setzen Sie das Signal, Mr. Browne!»
Die einzelne Flagge stieg hoch und wehte an der Rah aus, so da? sie von allen erkannt werden konnte.
Browne wischte sich den Mund mit dem Handrucken. Sein Hut sa? schief, und auf seinen wei?en Kniehosen waren Blutflecken.
«Nahe dran, Sir!»
Bolitho schaute auf die Manner, die an den Brassen, Schoten und Halsen bereitstanden, und auf die Leute am doppelten Steuerrad, die schon in die Speichen gegriffen hatten und versuchten, sich trotz des Krachens und Donnerns der Kanonen auf Grubb zu konzentrieren.
Ein Seesoldat sturzte vom Gro?mast, fiel auf das Schutznetz und rollte von dort uber die Bordwand ins Wasser. Ein Munitionstrager, der zu den Backbordgeschutzen lief, drehte sich plotzlich wie ein Tanzer auf Zehenspitzen und fiel zuckend aufs Deck. Bevor Bolitho wegschaute, sah er noch, da? ihm die Augen aus dem Kopf geschossen worden waren.
«Jetzt!»
Wie straff gespannte Bogen schwangen die Rahen gleichzeitig herum, und als das Ruder in Hartlage gelegt wurde, sah Bolitho die franzosischen Schiffe plotzlich an Backbord uber dem Vorsteven erscheinen. Dann, als die Rahen der Benbow fast in Langsrichtung des Schiffes angeholt waren, standen sie direkt vor dem Bug.
Mit Segeln, die aus Protest wild schlugen, hielt die Benbow ihren neuen Kurs. Ihr Kluverbaum zeigte direkt auf die vergoldete Galerie des franzosischen Flaggschiffs. Er konnte das plotzliche Erschrecken auf Hutte und Achterdeck des Gegners sehen. Hektisch gesetzte Flaggensignale erschienen uber den Rauchschwaden und riefen offenbar nach Unterstutzung.
«Setzen Sie das andere Signal fur die Relentless.»
Bolitho verfolgte genau, wie sich das Deck unter den dichtgeholten Segeln nach Steuerbord neigte. Wurden sie es schaffen, knapp hinter dem Heck des Flaggschiffs durchzubrechen und seine Hutte mit einer vollen Breitseite zu zerschmettern? Oder wurde die Benbow sie mit ihrem Bugspriet wie mit einer Lanze aufspie?en?
Von irgendwoher aus dem Pulverqualm horte er weitere Hurrarufe, die das Stohnen und Schreien der Verwundeten ubertonten. Die Indo-mitable folgte achtern dichtauf, und ein ganzes Stuck weiter weg machte die Nicator, mit der kleineren Odin von Kapitan Inch im Kielwasser, Anstalten, ebenfalls die feindliche Linie zu durchbrechen. Mit etwas Gluck wurde Kapitan Keen zwischen dem vierten und dem letzten Schiff des franzosischen Geschwaders durchsto?en. Wenn er das Schlu?schiff abschneiden und ausschalten konnte, war ihm der gro?e Transporter ausgeliefert.
«Offnet die Pforten! Rennt die Steuerbordbatterie aus!
Quietschend rumpelten alle Kanonen gleichzeitig an die Stuckpforten, als konnten sie es nicht erwarten, ihre bisherige Zuschauerrolle aufzugeben.
Herrick sagte durch die Zahne:»Vorsicht, Mr. Grubb. Sie konnen jetzt einen Strich abfallen. «Er schlug sich mit einer Faust in die andere Handflache und rief:»Wir haben sie!»
Sie waren so nahe am feindlichen Flaggschiff, da? der Kluverbaum und die zerfetzten Vorsegel schwache Schatten auf dessen Heckfenster warfen.
Bolitho horte Speke kommandieren:»Ziel auffassen! Fertig!»
Vorn auf der Back sah Bolitho die beiden Karronaden ihre ha?lichen Mauler vorstrecken. Die Karronade an der Steuerbordseite konnte kaum, vorbeischie?en.
Musketenschusse peitschten durch das Getose, und Bolitho sah, da? die Hangematten in den Finknetzen hochgeschleudert wurden, als die franzosischen Scharfschutzen sich einschossen. Die Seesoldaten in den Masten der Benbow feuerten zuruck und zeigten sich gegenseitig Scharfschutzen oder sonstige lohnende Ziele.
Der ungeheure Larm des Geschutzfeuers der verstreut kampfenden Schiffe steigerte sich zu einem schrecklichen Crescendo. Bolitho sah die Steuerbordkarronade feuern, aber das Ergebnis der todbringenden Kartatschenladung war im Gischt und Pulverqualm nicht zu erkennen. Trotzdem jubelten und schrien die Manner der Benbow wie die Verruckten. Ihre Korper waren vom Rauch geschwarzt, doch Augapfel und Zahne leuchteten, als sie sich wieder an ihre Kanonen warfen oder an die Brassen rannten, um die Rahen nach Wolfes Kommandos, die er vom Achterdeck durchs Sprachrohr brullte, zu trimmen.
Bolitho wischte sich die brennenden Augen und spahte nach dem Heck des Franzosen, das nun Steuerbord voraus sichtbar wurde. Nur undeutlich konnte er den Namen erkennen: La Loire. Die schonen Goldbuchstaben waren von den Kartatschenkugeln zersplittert, die Heckfenster daruber ein einziger Trummerhaufen.
Da horte er, da? Browne ihm etwas zuschrie und wild gestikulierend auf die andere Seite zeigte.
Das dritte Schiff der franzosischen Linie, das Bolitho eigentlich von der Loire trennen wollte, hatte plotzlich eine Admiralsflagge im Vortopp gesetzt, und im selben Augenblick, als die Flagge auswehte, hatte es gedreht und war der Bewegung der Benbow gefolgt, als waren beide Schiffe miteinander verbunden.
Browne schrie, als konne er es selber nicht glauben:»Die Loire hat die Admiralsflagge runtergeholt!»
Bolitho drangte sich an ihm vorbei und fuhlte, wie sich plotzlich Hoffnungslosigkeit als Dampfer uber die wilden Schlachtszenen legte. Der franzosische Admiral hatte vorzuglich geplant. Durch die List mit der falschen Flagge hatte er erreicht, da? nun das britische Geschwader und nicht sein eigenes versprengt war.
Herrick schwang seinen Sabel.»Auf sie, Jungs! Schie?en Sie wieder nach Backbord, Mr. Speke!»
Die unerwartete Kursanderung des Feindes hatte die Nicator und die Odin derart verwirrt, da? sie einen Augenblick fast bewegungslos mit killenden Segeln dalagen, bevor sie sich bemuhten, wieder eine Linie zu formieren.
Ropars' Schiff kam machtig bei der Benbow auf, seine vorderen Geschutze feuerten in schneller Folge uber einen immer kleineren Streifen Wasser. Fur die verstorten Seeleute um Bolitho herum hatte es den Anschein, als fande jede Kugel ihr Ziel.
Niemand jubelte, als der Fockmast des falschen franzosischen Flaggschiffs in einer gro?en Wuling aus zerfetzter Leinwand, gebrochenen Spieren und losem Tauwerk uber Bord fiel. La Loire war schwer mitgenommen, aber es sah ganz danach aus, als hatte ihr Opfer dazu gedient, die Schlacht in eine totale Niederlage fur Bolithos Geschwader zu wenden.
Bei schlechter werdender Sicht, die durch Rauchschwaden zusatzlich beeintrachtigt wurde, torkelten die Schiffe wie trunken gegeneinander, wahrend ihre Kanonen auf nachste Entfernung mitleidlos aufeinander einhammerten. Ringsum ein Wald von Masten und flatternden Fahnen — es war ein Bild wie in der Holle.
Herrick schien uberall zu sein, anfeuernd, befehlend, Mut zusprechend und immer wieder neue Anstrengungen fordernd.
Der junge Sechste Offizier, Courtenay — jener, den Allday aus seinem Boot verdrangt hatte — , lag ausgestreckt auf dem Bauch, und seine Fu?e schlugen auf das Deck, als ein Seesoldat ihn zum Niedergang zog. Er war von einem franzosischen Scharfschutzen getroffen worden, sein ganzer Unterkiefer war weggeschossen.
Browne rief: «Relentless greift den Transporter an, Sir!«Er senkte sein Glas.»Die beiden franzosischen Fregatten sind hinter ihr her.
Lookout bittet um Erlaubnis zum Eingreifen.»
«Abgelehnt!«Bolitho wischte sich uber das Gesicht.»Wir konnen sie hier noch brauchen.»
Wozu? Um Uberlebende aufzufischen? Oder um die Nachricht von einer vernichtenden Niederlage nach England zu bringen?
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